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Brustkrebsmedikament bleibt ohne Zusatznutzen

Das Krebsmedikament Palbociclib war mit viel Vorschusslorbeeren gestartet. Doch nun kommt der nächste Dämpfer. Der Gemeinsame Bundesausschuss entschied nach gründlicher Auswertung einer zweiten Studie endgültig, dass es keinen zusätzlichen Nutzen gibt.

Zur Erinnerung: Mit drei Studien versucht(e) der Hersteller die Vorteile von Palbociclib[1] zu belegen: Mit Paloma 1 und 2 für Frauen mit Brustkrebs in der Erstlinientherapie[2] und mit Paloma 3 für Frauen nach Vortherapien.[3] Bei der Zulassung war keine der drei Studien abgeschlossen und Vorteile für das Überleben waren noch nicht belegt.[4] Die erste Nutzenbewertung vom Mai 2017 durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) [5] verlief für alle Patientinnengruppen negativ, das Urteil lautete „kein Zusatznutzen“ für Palbociclib. Da zum Zeitpunkt der Beschlussfassung alle Studien noch liefen bzw. keine endgültigen Ergebnisse vorlagen, war der Beschluss befristet.[6]

Bereits direkt nach diesem Beschluss wurden die Endergebnisse von Paloma 1 bekannt: Kein Überlebensvorteil für die betroffenen Frauen – aber mehr Nebenwirkungen.[4] Im Sommer 2018 wurden die Endergebnisse von Paloma 3 für die Behandlung von Frauen, die bereits Vortherapien erhalten hatten, bekannt: In dieser Studie sicherte Palbociclib ebenfalls kein längeres Überleben. Obwohl der Hersteller versuchte, die Resultate schönzurechnen,[7] blieb der G-BA jetzt in einer neuen Bewertung bei seinem ursprünglichen Urteil, dass für diese Patientinnen kein Zusatznutzen durch den neuen Wirkstoff belegt ist.[8]

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hatte dafür die Daten des Herstellers genau unter die Lupe genommen und der G-BA sich in der anschließenden Diskussion große Mühe gegeben. Der G-BA hob mehrere Kritikpunkte hervor. So wurden nachträglich mehr Frauen in die Studie aufgenommen als ursprünglich geplant – und das, wo für den Hersteller nicht so erfreuliche Zwischenergebnisse schon bekannt waren. Das riecht nach Manipulation. Mindestens ebenso wichtig: Ungewöhnlich viele Frauen waren während der Paloma 3-Studie „verlorengegangen“, für sie lagen keine Daten zum Überleben vor. Dass die für diese Patientinnengruppe gewählte Vergleichstherapie Fulvestrant als alles andere als optimal gilt, ist ein weiterer Schwachpunkt.

Nachdem nun für drei von vier Patientinnengruppen das Urteil „kein Zusatznutzen“ feststeht, bleibt als letzter Rettungsanker für den Hersteller für die Erstlinientherapie bei Frauen nach der Menopause nur noch die Paloma 2-Studie. Bisherige Zwischenergebnisse zeigen aber (noch) keinen Überlebensvorteil. Und die Dauer der Studie wurde schon zweimal verlängert, um doch noch positive Ergebnisse zu erzielen. Die erste Frist zur Vorlegung der Daten beim G-BA lief bis zum 1.3.2019, aber der Hersteller signalisierte schon letztes Jahr, dass er sie nicht einhalten kann. Jetzt müssen die Daten bis zum 2.1.2021 vorgelegt werden.

Man rufe sich in Erinnerung: Ende 2016 wurde Palbociclib aufgrund wenig tragfähiger Daten zugelassen. Erst vier Jahre danach kann eine aussagekräftige Bewertung des Nutzens für eine nicht unwesentliche Gruppe von PatientInnen begonnen werden. Klarheit, ob wenigstens eine Patientinnengruppe von dem Medikament profitiert, gibt es also erst Mitte 2021 nach Abschluss der Bewertung durch den G-BA.

Wem nützt es?

Der Wirkstoff kostet über 66.000 € pro Patientin und wird zusätzlich zur bisherigen Medikation gegeben. Für den Hersteller ein gutes Geschäft.

Für Frauen, die von Brustkrebs betroffen sind, sind die Ergebnisse der unabhängigen Bewertung von Palbociclib enttäuschend. Denn sie hoffen zu Recht auf bessere Behandlungsmöglichkeiten. Allerdings darf man dabei nicht aus den Augen verlieren, dass der Hersteller den Hype um das Medikament kräftig geschürt hat. Leider machen leere Versprechen niemand gesund.  (JS)

 

Artikel aus dem Pharma-Brief 2/2019, S. 6 

[1] Palbociclib ist zugelassen für Hormonrezeptor (HR)-positiven, humanen epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor-2(HER2)-negativen lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Brustkrebs

[2] Zur Erstlinientherapie in Kombination mit einem Aromatasehemmer

[3] In Kombination mit Fulvestrant bei Frauen, die zuvor eine endokrine Therapie erhielten

[4] Pharma-Brief (2017) Viel Lärm um nichts? Nr. 4, S. 4

[5] G-BA Beschluss vom 18.5.2017 www.g-ba.de/bewertungsverfahren/nutzenbewertung/269/#tab/beschluesse

[6] Ausnahme: Erstlinientherapie bei Frauen vor der Menopause. Dazu hatte der Hersteller keine Studie durchgeführt. Für diese Patientinnengruppe war der Beschluss vom 18.5.2017 endgültig.

[7] Pharma-Brief (2018) Brustkrebs: Leere Versprechen. Nr. 6, S. 4

[8] G-BA (201) Beschluss vom 22.3.2019 www.g-ba.de/bewertungsverfahren/nutzenbewertung/394/#tab/beschluesse