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2022-artikel

Solide Finanzierung des globalen Fonds ist dringend nötig

Covid-19 hat die Kontrolle von HIV und Tuberkulose (TB) um Jahre zurückgeworfen, schätzt die WHO.[1] Zwei AktivistInnen aus Indonesien und Kenia schildern, was das für die Betroffenen bedeutet. Um das verlorene Terrain wieder wettzumachen, müssten die Anstrengungen jetzt deutlich vergrößert werden. Dazu braucht es unter anderem eine solide Finanzierung des Globalen Fonds.[2] Im Herbst steht die nächste Wiederauffüllungskonferenz an. 

Wo liegen die Herausforderungen in Indonesien, Frau Sari?

Ani Herna Sari: Indonesien ist aus meiner Sicht immer noch mit verschiedenen komplexen Herausforderungen und Hindernissen konfrontiert: Umfang und Qualität der Behandlungsprogramme müssen verbessert werden, aber auch Präventionsmaßnahmen sind nicht ausreichend. So gibt es immer noch viele HIV-Infizierte und Tuberkulosekranke, die nicht behandelt werden können, und die Finanzierung der einzelnen Programme hängt immer noch von der internationalen finanziellen Unterstützung durch den Globalen Fonds ab.  Eines der Hauptprobleme ist die Ermittlung von Kontaktpersonen, weil sich die Betroffenen schämen. Stigmatisierung und Diskriminierung sind in Indonesien immer noch sehr groß. Die PatientInnen ziehen dann weg, in einen anderen Bezirk, was die Kontrolle von Tuberkulose und HIV erschwert.

Wie wirkte sich Covid-19 auf Ihre Arbeit aus?

Covid verbreitete sich sehr schnell. Die Menschen hatten Angst, in die Gesundheitseinrichtung zu kommen, sie hatten Angst vor Covid. Und wir wissen, dass die Zahl der gemeldeten Tuberkulose- und HIV-Fälle zurückgegangen ist, weil die Aufklärungsarbeit zurückgefahren wurde. Wir konnten uns nicht frei bewegen und mussten alle Aktivitäten einschränken. Alle gerieten plötzlich in Panik, weil sich Covid in ganz Indonesien ausbreitete.

Ihr Wunsch an die deutsche Regierung?

Ich kann mir nicht aussuchen, wo ich geboren werde und aufwachsen möchte. Und ich kann mir auch nicht aussuchen, ob ich in einer reichen oder in einer armen Familie lebe. Aber ich glaube, dass jeder Mensch das gleiche Recht hat, frei von behandelbaren Krankheiten zu sein und gesund zu leben.

Wo liegen in Kenia die Hauptprobleme, Frau Wanjiru, und was tut der Globale Fonds?

Naomi Wanjiru: Ich bin im Gesundheitswesen tätig und bekomme jeden Monat ein Gehalt. Was ist mit den Menschen, die nicht einmal für ihr Essen sorgen können? Können Sie diesen Leuten sagen, geh und kauf dir Medikamente? Ich bin sehr dankbar, dass es den Globalen Fonds gibt, der Medikamente, psychosoziale Beratung und Gesundheitsdienste auf Gemeindeebene finanziert. Dort können die Betroffenen hingehen, wenn sie über ihre Probleme sprechen wollen und man kann Lösungen finden.

Ich habe Patienten gesehen, die kamen, als es ihnen sehr schlecht ging, aber jetzt meistern sie ihr Leben und versorgen sogar ihre Familien - sowohl mit HIV als auch mit Malaria und TB. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich selbst war an Knochen-Tuberkulose erkrankt und war ein Jahr lang ans Bett gefesselt. Ich konnte nicht laufen. Ich konnte nichts tun. Glücklicherweise gab es einen freiwilligen Helfer, der mir Medikamente brachte.

Was sind für Sie die wichtigsten Prinzipien des Globalen Fonds?

Wenn die Finanzierung gesichert ist, kann man tun, was nötig ist. Aber das Wichtigste ist die Rechenschaftspflicht. (…) Das Geld, das zur Verfügung gestellt wird, muss die Gemeinschaft erreichen. Es muss bei den Menschen ankommen. Und die sind nicht im Festsaal und nicht in den Büros, sie sind in der Gemeinde! Vielleicht kommt ein Patient in die Klinik, nimmt das Medikament und wird geheilt. Aber was ist mit denen, die arm sind? Es geht darum, dass wir unsere Kapazitäten erweitern und die Menschen zu Hause aufsuchen. Wenn wir an der Basis ansetzen, werden die Gelder, die der Globale Fonds zur Verfügung stellt, ihre volle Wirkung entfalten.

Wie hat Covid-19 Ihr Arbeitsumfeld verändert?

Ich würde sagen, dass wegen Covid alles zum Stillstand gekommen ist. Es drehte sich alles um Covid. Es betraf uns im Arbeitsbereich, in der Wirtschaft, alle waren betroffen. Durch die Lockdowns haben die Menschen keinen Zugang zu den HIV-Medikamenten und den TB-Medikamenten gehabt. Man hat uns untersagt, die Medikamente in die Gemeinden zu bringen.  Jetzt liegt es in unserer Verantwortung, proaktiv zu handeln, auf alles vorbereitet zu sein. Wir wissen, dass Covid noch nicht vorbei ist. Vielleicht werden wir schon morgen oder vielleicht im nächsten Jahr oder in der nächsten Woche von einer weiteren Pandemie hören. Darauf müssen wir vorbereitet sein. Was haben wir aus Covid gelernt? Welche Mittel müssen bereitgestellt werden, falls es eine weitere Pandemie gibt? Und danach sollten wir auch andere Krankheiten nicht vergessen. Denn auch die sind immer noch da. Es darf nicht sein, dass eine Pandemie wie Covid kommt und wir vergessen HIV, wir vergessen TB. Man kann an TB sterben und man kann vielleicht Covid überleben. Beide Krankheiten sollten also gleichzeitig behandelt werden. Und es liegt an uns, die Mittel bereitzustellen, um HIV, TB, Malaria und Covid-19 zu kontrollieren.

Was ist Ihr Wunsch an die deutsche Regierung?

Stellt Geld für den Globalen Fonds zur Verfügung und sorgt dafür, dass er die Gesundheitsdienste auf Gemeindeebene stärkt, (…) unser Gesundheitssystem stärkt. Wenn unser Gesundheitssystem stark ist, lassen sich auch alle anderen Probleme bewältigen. Ich denke, dass nur wer in der Lage ist, sich um sich selbst zu kümmern, für sich selbst zu sorgen, auch gesund wird.

Das Aktionsbündnis gegen Aids hat die beiden (hier stark gekürzt abgedruckten) Interviews anlässlich des Welttuberkulosetags 2022 veröffentlicht. In voller Länge können Sie die Gespräche mit Ani Herna Sari und Naomi Wanjiru hier anschauen: https://www.aids-kampagne.de/aktuelles/2022-03-18-welt-tuberkulose-tag-2022. Der Kontakt wurde über das Global Funds Advocates Network hergestellt.

Artikel aus dem Pharma-Brief 3/2022, S. 3
Bild Dialog © Ani Herna Sari

[1] WHO (2021) Global Tuberculosis report. www.who.int/publications/i/item/9789240037021 [Zugriff 31.3.22]

[2] Der Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria (GFATM) spielt eine wichtige Rolle bei der TB-Bekämpfung. Die öffentlich-private Partnerschaftsinitiative stellt 77 % der internationalen Gelder, die für Tuberkulose Programme ausgegeben werden. www.theglobalfund.org/en


Wechselwirkungen und mangelnde Kontrolle

HIV-Infizierte haben ein um 30% höheres Risiko, schwer an Corona zu erkranken oder daran zu sterben.[1] Das gilt besonders für Menschen, die keinen Zugang zu HIV-Medikamenten haben und deren Immunsystem stark geschwächt ist. Trotzdem gehen beim Zugang zu Impfstoffen gerade HIV-Schlüsselgruppen häufig leer aus. Wechselwirkungen zwischen beiden Pandemien sind offensichtlich und sollten mehr Aufmerksamkeit bekommen.

Die COVID-19 Pandemie hat den Zugang zu HIV-Testung und Behandlung, aber auch zu Präventionsangeboten deutlich erschwert. Bereits im vergangenen Jahr warnte der UNAIDS-Report vor wachsender Ungleichheit infolge von SARS-Cov-2 und dass bei der Pandemiekontrolle niemand zurückgelassen werden dürfe.[2] So sind rund 800.000 Kinder weltweit HIV-positiv und werden nicht mit den für sie lebenswichtigen antiretroviralen Medikamenten behandelt. Doch auch bei der Corona-Impfung gehen Kinder und Jugendliche zumeist leer aus, weil die Impfstrategien vieler Länder diese Altersgruppe noch gar nicht erfassen.[3] Südafrika zählt zu den wenigen Ländern des afrikanischen Kontinents, die den Biontech-Impfstoff für die Altersgruppe der 12-17jährigen zugelassen haben.

34 Länder meldeten der WHO auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie im Sommer 2020 Unterbrechungen bei ihren Versorgungsangeboten im Bereich sexuell übertragbarer Krankheiten.

Corona verschärft Ungleichheiten und Zugangsprobleme

Eine effektive Pandemie-Kontrolle wäre bei HIV und COVID gleichermaßen entscheidend für die globale Gesundheit. Denn es gibt Wechselwirkungen zwischen beiden Krankheiten. Vieles spricht etwa dafür, dass die sich derzeit ausbreitende Omikron-Variante während einer längeren Erkrankung bei einer Person mit einem geschwächten Immunsystem entstanden ist. Weil die stark mutierte Variante erstmalig im südlichen Afrika auftrat, ist es nicht unwahrscheinlich, dass sie der HIV-Pandemie zu verdanken ist, schrieb unlängst das British Medical Journal.[4] HIV ist in der Region eine häufige Ursache für Immundefekte, etwa acht Millionen der 60 Millionen EinwohnerInnen Südafrikas leben mit HIV.

Bei vielen der in Südafrika neu diagnostizierten Fälle ist die HIV-Infektion bereits weit fortgeschritten und das Immunsystem ist extrem anfällig. Viele dieser Menschen haben schon einmal eine Therapie begonnen, sind aber nicht in ständiger Behandlung oder haben die Behandlung abgebrochen. Gründe dafür sind zum einen Armut und Stigmatisierung der Betroffenen, aber auch unbezahlbare Kosten der Behandlung oder ein schlechter Zugang zu psychischen Diensten. COVID-19 hat diese bestehenden Herausforderungen noch verschärft und den Zugang zu HIV-Tests und zur Routineversorgung HIV/Aids-Infizierter weiter verschlechtert.

Viele immungeschwächte Personen haben sich deshalb mit dem Corona-Virus angesteckt – also Menschen, die einerseits ein höheres Risiko für langwierige Infektionen haben und andererseits eher Träger von Mutationen sind. Umso wichtiger wäre es, weltweit den Zugang zu allen Aspekten der Gesundheitsversorgung zu verbessern und somit beide Pandemien effektiv zu bekämpfen, betonen die AutorInnen des BMJ. „Der nächsten besorgniserregenden Variante sollte man durch eine Erhöhung der Impfquoten in Bevölkerungsgruppen mit niedrigem Immunitätsniveau und hoher Immunschwäche vorbeugen, anstatt sie erst dann zu bekämpfen, wenn sie in einem wohlhabenden Land auftritt.“[3]

HIV-Aktivismus bietet reichen Erfahrungsschatz für die Covid-Bekämpfung

Zugleich müsse man die sozialen Determinanten von Gesundheit – einschließlich Diskriminierung und Stigmatisierung – stärker in den Blick nehmen. Davon würde die Bekämpfung von HIV ebenso profitieren wie die von SARS-Cov-2. Schließlich biete gerade das Erbe des erfolgreichen südafrikanischen HIV/Aids-Aktivismus einen großen Erfahrungsschatz, was menschenrechtsbasierte Handlungsansätze und ein starkes zivilgesellschaftliches Engagement auf Gemeindeebene angeht. Die Stärkung und Integration solcher Akteure sei beim Zugang zu Impfung, Diagnostik und Behandlung in armen Ländern von großer Bedeutung.

 Die Treatment Action Campaign hat mit ihren Aktionen entscheidend dazu beigetragen, dass Südafrika heute das weltweit größte HIV-Behandlungsprogramm hat.

Eine aktuelle Untersuchung zu den Effekten von COVID-19 auf die HIV-Kontrolle bei Sexarbeiterinnen in Indonesien stützt diese These.[5] Das nationale HIV-Programm verzeichnete von Februar bis Mai 2020 bedingt durch Corona massive Engpässe. HIV-Tests und damit auch die Anzahl neu begonnener Behandlungen gingen bei SexarbeiterInnen laut offizieller Angaben um 83-94% zurück. Vielfach wurden jedoch auf lokaler Ebene zusätzliche Testangebote geschaffen und bereits im Juli lag die Zahl der durch Basisgesundheitsdienste auf Gemeindeebene erreichten KlientInnen wieder auf Vor-Corona-Niveau oder sogar darüber. „Es scheint, dass die Effekte der Pandemie auf das nationale HIV/Aids-Programm durch die kontinuierliche Arbeit von Organisationen der Zivilgesellschaft auf kommunaler Ebene abgefedert wurden.“, schlussfolgern die AutorInnen.

Integrierter Ansatz ist nötig

Die Wechselwirkungen zwischen HIV und COVID-19 weiterhin im Blick zu behalten, ist dringend geboten. Es gilt, die globale HIV-Bekämpfung zu stärken und zu verbessern und zugleich die anhaltende Covid-19-Pandemie einzudämmen – durch gezielte Testung und Impfung von Menschen mit HIV und anderen immungeschwächten Personen. Dazu ist u.a. eine Neuausrichtung bei Test- und Präventionsstrategien unerlässlich und auch ein integrierter Ansatz, um auf beide Erkrankungen angemessen reagieren zu können. (CJ)

 

Artikel aus dem Pharma-Brief 2/2022, S.2
Abbildung Countries reporting on ARV disruptions due to Covid-19 © WHO
Bild Treatment Action Campaign Aktion © TAC

[1]WHO (2021) WHO warns that HIV infection increases risk of severe and critical COVID-19. www.who.int/news/item/15-07-2021-who-warns-that-hiv-infection-increases-risk-of-severe-and-critical-covid-19 [Zugriff 10.3.2022]

[2] UNAIDS (2021) Confronting inequalities. Global Aids Update.  www.unaids.org/en/resources/documents/2021/2021-global-aids-update [Zugriff 10.3.2022]

[3] K. Govender, P. Nyamaruze, N. McKerrow (2022) COVID-19 vaccines for children and adolescents in Africa: aligning our priorities to situational realities. BMJ Global Health
2022;7:e007839. doi:10.1136/bmjgh-2021-007839

[4] J. Freer, V. Mudaly (2022) HIV and covid-19 in South Africa. The two pandemics must be confronted collectively and globally. BMJ 2022;376:e069807
http://dx.doi.org/10.1136/bmj-2021-069807, published: 27 January

[5] R. J. Magnani, D. N. Wirawan, A. Agung et al. (2022) The short term effects of COVID-19 on HIV and AIDS control efforts among female sex workers in Indonesia. BMC Women’s Health 22:21 https://doi.org/10.1186/s12905-021-01583-z


Interview mit Susanne Schröder von den Driving Doctors

Im Rahmen des Bildungsprojektes „Großbaustelle Arzneimittelversorgung“ konnten im letzten Jahr mehrere Interviews mit Akteuren im Globalen Süden geführt werden. Thema war der Zugang zu Gesundheitsleistungen wie Medikamenten oder gesundheitsbezogenem Wissen. Susanne Schröder lässt uns an ihren Erfahrungen teilhaben und berichtet von der Situation im westafrikanischen Sierra Leone.

Susanne Schröder ist biologisch technische Assistentin, Betriebswirtin und hat einen Bachelorabschluss in International Business Communication. Als Betriebswirtin war Susanne Schröder in verschiedenen NGOs in Sierra Leone als Country Director tätig. 2006 hat sie zusammen mit dem die Driving Doctors Sierra Leone gegründet. Das fahrende Team aus einheimischen Hebammen und KrankenpflegerInnen will mit ihrem mobilen Angebot die Mutter-Kind-Gesundheit in ländlichen Regionen stärken. Mehr Infos unter: www.driving-ymca-doctor.org

Woran denkst Du, wenn Du „Großbaustelle Arzneimittelversorgung“ hörst?

Da fällt mir unter anderem ein, dass ein ganz großer Teil der Arzneimittel, die auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der WHO in Sierra Leone überhaupt nicht zur Verfügung stehen. Zum einen, weil die finanziellen Mittel nicht gegeben sind. Zum anderen existieren Lagerprobleme, oder aber es hapert an der Ausbildung des Personals vor Ort. Es sind ja über 400 Medikamente auf dieser Liste. Es ist nicht , jede kleine Gesundheitsstation mit diesen 400 Medikamenten auszustatten. Aber es wäre schon hilfreich, wenn diese wenigstens in den Krankenhäusern zur Verfügung ständen.

Die Driving Doctors sind in Regionen unterwegs, in denen kaum stationäre Gesundheitszentren existieren. Wie erfahren die DorfbewohnerInnen, dass ihr unterwegs seid?

Ganz regelmäßig versuchen wir einmal im Monat in die mittlerweile mehr als 50 Dörfer zu fahren. Das klappt nicht immer, weil wegen der Regenzeit die Straßen oftmals nicht passierbar sind. Wir haben die Dörfer mit Handys ausgestattet. Wenn die Fahrten anstehen, telefoniert die Projektkoordinatorin mit den Chiefs, den Dorfvorstehern, und informiert sie. Und dann sind die Frauen mit ihren Kindern auch da. Wir machen klassische Vorsorgeuntersuchungen bei Schwangeren, klären über die Wichtigkeit des Stillens auf und sprechen über Familienplanung, Hygiene oder Malaria.

Das heißt ganz konkret?

Ein Dorf sollte sauber gehalten und die Pfützen vor allem in der Regenzeit zugeschüttet werden, da hier sonst die Mücken brüten könnten, die Malaria übertragen. In manchen Dörfern haben wir Hütten oder Lehmhäuser mit einem guten Dach, in denen wir unsere PatientInnen behandeln und mit ihnen ins Gespräch kommen. In einer Gegend treffen wir uns aber auch unter einem großen Baum. Es wird viel gesungen und getanzt. Wenn das dann ein paar Mal gemacht wird, bleiben die Informationen über Krankheiten und Familienplanung besser hängen.

Wie organsiert ihr Eure Medikamente?

In vielen afrikanischen Ländern besteht die Möglichkeit, Medikamente auf Märkten zu kaufen. Da ist dann meist kein Beipackzettel dabei, noch weiß man die genauen Inhaltsstoffe. Wir kaufen nur in Großapotheken in Freetown ein. Im Verein haben wir einen Apotheker, der in der Apothekenkammer sitzt und regelmäßig Updates über gefälschte Medikamente bekommt.

Seid ihr manchmal in Kontakt zu traditioneller Medizin?

Mal abgesehen von Eurem Engagement: Was unternimmt die Regierung in Sierra Leone, um die gesundheitliche Situation der Bevölkerung zu verbessern?

Viel passiert mittlerweile über das Internet oder über das Radio. Es gibt auch Informationskampagnen in Schulen. Oder es werden Poster in der Stadt aufgehängt. Ja, da sind sie schon auf einem ganz guten Weg. Im Nachbarland Guinea war im Februar 2021 wieder Ebola ausgebrochen. Daraufhin hat Sierra Leone Risikogruppen festgelegt, die eine sogenannte Ringimpfung[1] erhalten sollen. Ebenso Menschen, die in Grenzregionen leben wie die Traditional Healers, aber auch Motorrad-Taxifahrer sollten geimpft werden. Diese vulnerablen Gruppen wurden im Mai das erste Mal geimpft und jetzt im August haben diese Menschen die zweite Impfdosis bekommen.

Und bei Covid-19?

Zusammen mit der WHO und der Seuchenbekämpfungsbehörde sind nach dem Ebola-Ausbruch Notfallpläne aufgestellt worden. Diese sind bei Covid-19 wieder rausgeholt worden. Es gibt immer noch Isolierstationen, die sofort wieder aktiviert werden können. Also da haben sie wirklich aus Ebola gelernt. Vielleicht kann man sogar sagen, mehr als wir in Deutschland gerade. Es wurde dieses Mal direkt gesagt, dass alle Kontakte verfolgt werden und die positiv Getesteten in Quarantäne gehen. Der Flughafen wurde auch für drei Monate geschlossen.

Im Sommer 2021 lag die Impfquote in Sierra Leone bei 1%. In Deutschland hingegen schon bei 50%.

Das geht eigentlich nicht, wenn man eine weltweite Pandemie bekämpfen will. Dies liegt jedoch nicht in der Hand der einzelnen Länder, sondern mehr in der Hand der europäischen und amerikanischen Länder, wie sehr die Länder im Globalen Süden mit den Impfstoffen versorgt werden. Hier sind wir bei der „Großbaustelle Arzneimittelversorgung“. Es ist die Covax-Initiative gegründet worden, bei der sich die Industrienationen verpflichtet haben, Impfstoffe abzugeben, aber das klappt hinten und vorne nicht.

Hast Du abschließend noch etwas auf dem Herzen?

Wir reden immer über so viel Negatives in den Ländern, aber es sind auch unglaublich schöne Länder mit ganz vielen positiven Eigenschaften und tollen Menschen. Das sollte man nicht vergessen.

Das hier gekürzte Interview führte Corinna Krämer
Artikel aus dem Pharma-Brief 1/2022, S.4
Bild © Driving Doctors

[1] Weitere Informationen: https://www.der-arzneimittelbrief.de/de/Artikel.aspx?SN=7774 und  https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Ebola/Ebola.html [Zugriff 21.1.2022] 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Bericht zum Jubiläumsjahr 2021 der Pharma-Kampagne

Vor 40 Jahren ist die BUKO Pharma-Kampagne angetreten, um sich für eine bessere globale Gesundheit, eine gute Arzneimittelversorgung für alle Menschen und für gerechte Strukturen einzusetzen. Bis heute ist das unser Arbeitsauftrag. Und noch immer bleibt viel zu viel zu tun. Ganz gleich, ob es um weltweite Pandemien, vernachlässigte Krankheiten, fehlenden Schutz von PatientInnen oder große Lücken in der weltweiten Versorgung geht. Wir packen die Dinge an und haben 2021 viel bewegt.

Unseren runden Geburtstag konnten wir zwar nicht wie geplant mit einem großen Fest feiern, aber doch mit einem eindrucksvollen und spannenden digitalen Ereignis: Die zweitägige Fachkonferenz “One World – One Health. Antibiotikaresistenzen als globales Gesundheitsproblem” brachte vom 30. April bis 1. Mai knapp 200 ExpertInnen und NGO-VertreterInnen aus 11 Ländern zusammen. Die Teilnehmenden diskutierten die zunehmende Verbreitung resistenter Erreger bei Mensch und Tier und in der Umwelt, zeigten Wechselwirkungen auf, beleuchteten regionale Unterschiede und entwickelten globale und nationale Lösungsansätze. Entstanden ist auch ein Positionspapier zum Kampf gegen ABR. Bereits zum Weltantibiotikatag im Dezember bot es eine gute Grundlage für die gemeinsame Advocacy-Arbeit, bzw. für einen gemeinsamen Appell human- und veterinärmedizinischer Organisationen. Haben Sie unsere Konferenz verpasst? Kein Problem! Spannendes Material zum Nachhören und Nachlesen bietet unsere ansprechend gestaltete Konferenz-Website.

ABR-Ausstellung ging auf die Reise

Einen Besuch wert ist zudem unsere virtuelle Ausstellung zu Antibiotika-Resistenzen weltweit. Über 700 NutzerInnen verzeichnete die Ausstellungs-Website im vergangenen Jahr. In der zweiten Jahreshälfte 2021 konnte dann endlich auch unsere Wanderausstellung „Nicht zu stoppen?“ auf die Reise gehen. Die multimedialen Exponate wurden bei diversen Fach- und Verbrauchermessen, an zwei Universitäten, in der Bielefelder Stadtbibliothek sowie in der Volkshochschule Krefeld gezeigt. Insgesamt 1.600 BesucherInnen sahen sich die Ausstellung an.

Großbaustelle Arzneimittelversorgung

Im Mai startete ein neues ambitioniertes Bildungsprojekt, das die „Großbaustelle Arzneimittelversorgung“ genauer unter die Lupe nimmt. Geplant sind Online-Kurse für MitarbeiterInnen entwicklungspolitischer Organisationen. Die Fortbildungsreihe soll die unterschiedlichen Facetten und Herausforderungen rund um die globale Arzneimittelversorgung abbilden und dabei auch viele Beispiele aus der praktischen Arbeit bieten. Bestandteil der Kursreihe sind u.a. etliche spannende Podcasts, die wir 2021 produziert haben. Stimmen aus Mexiko, Sierra Leone und Malawi sowie anderen afrikanischen Ländern kommen darin zu Wort. Hören Sie doch mal rein!

Zugang mangelhaft

Auch COVID-19 hat uns weiterhin stark beschäftigt. Der global gerechten Verteilung von Impfstoffen widmete sich ein großer Teil unserer Pressearbeit, aber auch der Advocacy-Aktivitäten. Allein zu COVID-Impfstoffen und einer möglichen Patentfreigabe veröffentlichte die Pharma-Kampagne zwölf Aufrufe gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen.

Zudem nahmen wir in unserem Projekt „Unbezahlbar krank?“ hochpreisige Krebsmedikamente ins Visier. Im Frühjahr publizierten wir eine 28-seitige Fachbroschüre, die die unterschiedlichen Hürden beim Zugang zu Krebsmitteln anhand von fünf anschaulichen Länderbeispielen aus Afrika, Asien und Lateinamerika deutlich macht. Bundesweit veranstalteten wir zur Thematik sechs Seminare in Kooperation mit anderen entwicklungs- und gesundheitspolitischen Akteuren und erreichten damit eine breite Öffentlichkeit.

Folgen der Pandemie

Seit Mitte 2021 beleuchten wir die Folgen von SARS-CoV-2 für die weltweite Gesundheitsversorgung. Gemeinsam mit Partnerorganisationen in Ghana, Südafrika und Peru führen wir Fallstudien durch, um Daten und Informationen zu gewinnen und stehen dazu auch mit vielen deutschen Akteuren im Austausch. Im Fokus stehen vor allem die Auswirkungen der Corona-Pandemie und der Infektionsschutz-Maßnahmen auf die Kontrolle von HIV, Tuberkulose und Malaria, aber auch die Mutter-Kind-Gesundheit sowie die Versorgung von PatientInnen mit Krebs oder Diabetes. Die gewonnenen Informationen präsentieren wir demnächst in einem Pharma-Brief Spezial, außerdem sind Schulmaterialien, eine 10-tägige Theatertournee in NRW und zahlreiche Informationsveranstaltungen geplant.

Unsere Arbeit wirkt!

Zu all diesen Themen und Arbeitsbereichen leisteten wir eine intensive Öffentlichkeitsarbeit und gaben nicht zuletzt unserer Homepage und dem Pharma-Brief ein moderneres Gesicht. MitarbeiterInnen der BUKO Pharma-Kampagne waren bei 68 Veranstaltungen vertreten, leiteten Workshops, hielten Vorträge oder nahmen an Gesprächen mit Abgeordneten oder Ministerien teil. 71 JournalistInnen gaben wir Auskunft, lieferten umfassende Hintergrundinformationen, vermittelten Kontakte oder gaben Interviews. Die Resonanz: Stattliche 133 Rundfunk- und Presseberichte thematisierten unsere Arbeit. Wir kamen im Fernsehen in der „Story im Ersten“ zum Thema Krebsmedikamente und bei einer  ARD Doku und Panorama zu Corona zu Wort. Besonders gefreut haben wir uns darüber, dass wir für die ZDF-Sendung „Die Anstalt“ (Sendetermin 2.2.2021) umfassende Hintergrundinformationen in Sachen Forschung, Produktion, Verfügbarkeit und Verteilung von COVID-19 Impfstoffen zur Verfügung stellen konnten und daraus sehr gelungenes politisches Kabarett entstanden ist. All das macht deutlich: Unser Engagement wird öffentlich wahrgenommen und es zeigt Wirkung.

Die kleinen und großen Erfolge aus 40 Jahren Kampagnenarbeit haben wir im Jubiläumsjahr noch einmal Revue passieren lassen – etwa im Pharma-Brief Spezial 2/2021 oder in einem 17-minütigen Jubiläumsfilm, der auf unserer Website zu finden ist . Immer wieder haben unsere Projekte und Aktionen in den vergangenen vier Jahrzehnten dafür gesorgt, dass riskante Medikamente vom Markt genommen und skandalöse Versorgungsengpässe breit thematisiert wurden. Wir haben politische Debatten zu Arzneimittelpatenten angezettelt, Lösungsansätze für eine bedarfsgerechte Forschung entwickelt und auch dazu beigetragen, zivilgesellschaftliches Engagement in Deutschland und weltweit besser zu vernetzen. All das wäre aber nicht möglich gewesen ohne die vielen Organisationen, Gruppen und Einzelpersonen im In- und Ausland, die die Pharma-Kampagne seit Jahren begleiten, tragen und fördern. Ihnen allen gilt unser besonderes Dankeschön!  (CJ)

Artikel aus dem Pharma-Brief 1/2022, S.6
Bild Jubiläumsjahr © Jörg Schaaber
Bild Wanderausstellung © Solveig Bruchhof


Public Eye kritisiert Margen von bis zu 90 %

Über zwei Milliarden Menschen haben keinen gesicherten Zugang zu Medikamenten. Mitverantwortlich sind oft die Preise, die von der Pharmaindustrie künstlich in die Höhe getrieben werden. Doch von Transparenz bei den wahren Kosten fehlt jede Spur.

Die Schweizer Nichtregierungsorganisation Public Eye veröffentlichte im September diesen Jahres einen Bericht, in dem sechs Krebsbehandlungen großer Pharmaunternehmen verglichen wurden.[1] Public Eye versuchte die tatsächlich für die Forschung und Entwicklung angefallenen Kosten (F&E-Kosten) auf Basis öffentlich zugänglicher Informationen abzuschätzen. Der Bericht bestätigt die Ergebnisse mehrerer wissenschaftlicher Untersuchungen:[2] Die errechneten Profitmargen erreichen für die untersuchten Krebsmedikamente mindestens 40 %, teilweise sogar bis zu 90 % der investierten Kosten. Ein Riesengeschäft für die Industrie.

Public Eye greift mit ihrem Bericht ein Thema auf, das seit einiger Zeit mehr und mehr diskutiert wird: Die Rolle von F&E-Kosten in der Preisgestaltung neuer Medikamente. Die Pharmaindustrie nutzt diesen Kostenpunkt gerne dazu, um vor allem die Mondpreise neuer Krebsmedikamente zu rechtfertigen. Argumentiert wird dabei mit den angeblich enormen Forschungskosten. Die Einnahmen aus den im Handel befindlichen Produkten sollen auch fehlgeschlagene Forschungsprojekte ausgleichen. Nur so könne es, laut der Industrie, weiteren Fortschritt geben. Die genauen F&E-Kosten gibt die Pharmaindustrie nicht preis. Aus gutem Grund, wie sich herausstellt. So behält sie bei Preisverhandlungen die Oberhand. Zudem spielt sie Länder gegeneinander aus, indem sie die jeweils ausgehandelten Erstattungsbeträge geheim hält. Der Patentschutz für neu zugelassene Medikamente erlaubt es den Unternehmen, diese Preise lange zu sichern.

Exorbitante Gewinnspannen – über Jahre

Trotz der von Public Eye großzügig angesetzten Forschungskosten erzielten die untersuchten Krebsmedikamente schon kurz nach der Zulassung Gewinnmargen, von denen andere Branchen nur träumen können. Wohlgemerkt, Misserfolge bereits eingerechnet. Das Argument teurer Fehlschläge erweist sich damit als Nebelkerze. Dazu fällt auf, dass die Gewinne im Verlauf der Jahre noch deutlich ansteigen. Gerade bei Krebsmedikamenten können nach der Erstzulassung mit nur wenig Aufwand Zulassungen für weitere Indikationen erreicht werden.[1]

Ein Problem für das Gesundheitssystem

Für das deutsche Gesundheitssystem sind die steigenden Arzneimittelausgaben problematisch. Schon jetzt machen diese einen bedeutenden Teil der Gesamtausgaben aus, Tendenz steigend.[3] Bei den gesetzlichen Krankenkassen herrscht schon länger eine angespannte finanzielle Situation. Zuletzt hatte das Bundesgesundheitsministerium deswegen eine Erhöhung der Beiträge angekündigt.[4] Mit Einsparungen bei den vollkommen überzogenen Medikamentenpreisen könnten also wichtige Ressourcen für andere, vernachlässigte Bereiche der Gesundheitsversorgung freigemacht werden.

Was nützt ein Medikament, das niemand bezahlen kann?

Noch viel problematischer sind die Auswirkungen der hohen Arzneimittelkosten im Globalen Süden. Die durch den Patentschutz hochgetriebenen Preise verhindern in vielen Teilen der Welt den Zugang zu notwendigen Medikamenten.[5], [6], [7] Nicht nur bedeutet das, dass sich beispielsweise krebskranke PatientInnen die lebenswichtige Behandlung nicht leisten können, vielmehr müssen in der Folge der Nichtbehandlung entstehende soziale Kosten von der Allgemeinheit getragen werden.[5] Ein fataler Rückschlag für die nachhaltige Entwicklung in Ländern des Globalen Südens.

Für die Lösung des Problems ist vor allem eines von großer Bedeutung: Mehr Transparenz bei der Entwicklung von Medikamenten. Die WHO fordert dies schon seit 2019.[8], [9] Dabei hat sich Deutschland unrühmlich als Blockierer der WHO-Resolution hervorgetan.[10] (DG)

Artikel aus dem Pharma-Brief 9/2022, S. 6
Cover von Profit gefährdet die Gesundheit © PublicEye

[1] Hertig G (2022) Gefährdet die Gesundheit: Pharma erzielt Profitmargen von 40 bis 90% auf Krebsmedikamente. Zürich: Public Eye Report www.publiceye.ch/fileadmin/doc/Medikamente/2022_PublicEye_GefaehrdetDieGesundheit_Report.pdf [Zugriff 26.09.2022]

[2] Ludwig WD, Vokinger KN (2021) Hochpreisigkeit bei Onkologika. In: Schröder H et al. (Hrsg.) Arzneimittelkompass 2021. Berlin: Springer, S. 79-92

[3] Destatis (2022) Gesundheitsausgaben nach Leistungsarten. www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Gesundheitsausgaben/Tabellen/leistungsarten.html [Zugriff 26.09.2022]

[4] Tagesschau.de (2022) Zusatzbeitrag soll 2023 deutlich steigen. www.tagesschau.de/inland/krankenkassen-krankenversicherung-zusatzbeitrag-101.html [Zugriff 26.09.2022]

[5] Westphal F, Alves M (2021) Die Ärmsten der Armen im Fokus – Die Forschung und Entwicklung von Medikamenten als Werkzeug humanitärer Hilfe. In: Heuser M, Adelalem T (Hrsg.) Internationale Herausforderungen humanitärer NGOs. Berlin: Springer, S. 63-75

[6] Schaaber J (2021) Internationale Sicht. Gut sind nur Medikamente, die auch verfügbar sind. In: Schröder H et al. (Hrsg.) Arzneimittelkompass 2021. Berlin: Springer, S. 225-238

[7] Pharma-Brief (2021) Unbezahlbar krank. Krebstherapie im globalen Süden. Spezial Nr. 1

[8] WHO (2019) Improving the transparency of markets for medicines, vaccines, and other health products. World Health Assembly. WHA72.8.

[9] Silverman E (2021) For the first time, WHO committee recommends action on high-priced essential medicines. www.statnews.com/pharmalot/2021/10/01/who-medicines-prices-cancer-diabetes-insulin  [Zugriff 26.09.2022]

[10] Pharma-Brief (2019) WHA: Deutschland auf Distanz zu Transparenz-Beschluss. Nr. 3, S. 1


Fortschrittliche Politik oder nur schöne Worte?

Am 30. November stellte die EU-Kommission eine neue globale Gesundheitsstrategie vor.[1] Sie reicht weit über bisherige Pläne zur besseren Bekämpfung von Pandemien hinaus. Aber Licht und Schatten liegen dicht nebeneinander. Ein erster Einblick.

In den Mittelpunkt der Überlegungen werden die nachhaltigen Entwicklungsziele gestellt, die nach gegenwärtigem Stand bis 2030 nicht erreicht werden. Im Gegenteil, so die Kommission, durch die Pandemie hat es in vielen Ländern Rückschritte gegeben.[2]

Neben „traditionellen Ursachen“ für schlechte Gesundheit wie Armut und soziale Ungleichheit, werden Klimawandel, Umweltzerstörung, humanitäre Krisen, Nahrungsknappheit und Krieg als zu adressierende Probleme benannt.

Die Priorität für politische Interventionen und Unterstützung der EU soll in drei miteinander verbundenen Bereichen liegen:

  • Bessere Gesundheit und Wohlbefinden,
  • Stärkung von Gesundheitssystemen und globale Absicherung im Krankheitsfall (Global Health Coverage),
  • Gesundheitlichen Bedrohungen vorbeugen und sie bekämpfen.

Auch der „One Health Ansatz“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO) findet Erwähnung, der auf die engen Zusammenhänge zwischen der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt verweist und die Inklusion aller in der Gesellschaft Betroffenen einfordert.[3]

 „Eine neue globale Gesundheitsordnung entsteht – und die EU muss dazu beitragen, sie durch ein strategischeres und wirksameres Engagement zu gestalten.“, heißt es in dem EU-Papier. Sie will also die Gesundheitsdiplomatie verstärken. Die zentrale Rolle einer nachhaltig finanzierten WHO wird hervorgehoben. Ein Hebel sei auch die die EU als wichtiger Geldgeber.

Dass die EU mehr Verantwortung für die globale Gesundheit übernehmen will, ist zu begrüßen. Aber stimmen die Worte auch mit den Taten überein? Und sind die Pläne zukunftsfähig?

Vergangene Leistungen

Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat das Vorhaben eines neuen Strategieplans befeuert. Als Referenz für den guten Willen dienen die bisherigen Erfolge von „Team Europe“, also die koordinierte Zusammenarbeit der Kommission mit den Mitgliedsstaaten während der Pandemie. Hervorgehoben wird die am 21.5.2021 von den G20-Staaten beschlossene „Erklärung von Rom“ zur Pandemie, bei der die EU eine tragende Rolle gespielt habe.[4] In dieser Erklärung heißt es: „Wir betonen unsere Unterstützung für die weltweite gemeinsame Nutzung sicherer, wirksamer, hochwertiger und erschwinglicher Impfstoffdosen, einschließlich der Zusammenarbeit mit der Impfstoff-Säule des ACT-A (Covax), wenn die Situation im Innern dies zulässt.“ Die Einschränkung im letzten Halbsatz spiegelt die traurige Realität wider: Die reichen Länder kauften die meisten Impfdosen auf und für Afrika nur blieben mir die Krumen. Zwar hat die EU dann mit Milliardensummen Covax unterstützt, aber bis zuletzt haben ärmere Länder trotzdem zu spät und zu wenig Impfstoff erhalten. Gefüllt haben die EU-Milliarden die Taschen der Hersteller, die mit den Impfstoffen exorbitante Gewinne erzielten.

In der Rom-Erklärung findet sich auch die folgende Aussage: „In Anerkennung der Rolle einer umfassenden COVID-19-Immunisierung als globales öffentliches Gut bekräftigen wir unsere Unterstützung für alle diesbezüglichen gemeinsamen Maßnahmen, vor allem für den COVID-19 Tools Accelerator (ACT-A).“ Genau da liegt aber das Problem. Die EU hat entgegen diesen Aussagen den WHO-Patentpool für Impfstoffe und Medikamente sabotiert, und statt auf Solidarität auf enge Zusammenarbeit mit der Industrie und auf Wohltätigkeit gesetzt.[5] Auch der Patent-Waiver bei der Welthandelsorganisation wurde abgelehnt.[6] Eine gewichtige Stimme im „Team Europe“ der EU hatte und hat Deutschland. Wie die alte und die neue Bundesregierung von der Industrie in Sachen Patentschutz für Impfstoffe auf Linie gebracht wurde, zeigt eine Recherche von Abgeordnetenwatch.[7]

Die Industrie im Ohr

Auch das neue EU-Papier hebt die öffentlich-private Kooperation hervor: „Die EU sollte den wesentlichen Prozess vorantreiben, um die bestehenden Lücken in der globalen Governance zu schließen, Doppelarbeit zu vermeiden und die Kohärenz der Maßnahmen sicherzustellen. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit mit dem Privatsektor, philanthropischen Organisationen, der Zivilgesellschaft und anderen Interessenträgern, um die Ziele dieser Strategie zu unterstützen.“ Ein Kuschelkurs mit der Industrie und Stiftungen, die Zivilgesellschaft als Feigenblatt? Genau das, was Probleme in der Vergangenheit ausgelöst hat, soll also fortgesetzt werden: Industrie und Stiftungen wird privilegiert Gehör geschenkt. Die Zivilgesellschaft muss aufpassen, nicht als Feigenblatt für dieses im Kern undemokratische Vorgehen zu dienen.

Richtige Ziele

Elf Prinzipen sollen die neue EU Politik leiten. Darin steht viel Richtiges und Wichtiges. Neben Armutsbekämpfung und sozialer Gerechtigkeit werden die negativen Folgen von Diskriminierung angesprochen und eine menschenrechtsbasierte Politik eingefordert.

Gesundheitsversorgung für alle ist ein Leitmotiv. Neben dem Kampf gegen übertragbare Erkrankungen werden auch die Verhinderung und bessere Behandlung von nichtübertragbaren Krankheiten in den Blick gerückt. Die Stärkung des Zugangs zu einer allgemeinen ausreichenden Versorgung ist zweifellos wichtig.

Bedenklich bleibt aber das unreflektierte Setzen auf „globale Gesundheitsinitiativen“, sprich öffentlich-private Kooperationen wie die Impfstoffinitiative Gavi und den Globalen Fonds gegen Aids, Tuberkulose und Malaria. Sie können bestenfalls Übergangslösungen sein. Denn in Wirklichkeit kommt es auf eine umfassende integrierte Versorgung an und nicht auf selektive Interventionen. Das ist ein bisschen wie nur auf die Feuerwehr zu setzen und sich nicht um den Brandschutz zu kümmern.

Aus dem EU-Papier schimmert immer wieder eine Schwerpunktsetzung auf die Pandemiebekämpfung durch. Es bleibt fraglich, ob die Balance zwischen der bitter notwendigen Verbesserung der sozialen Determinanten für Gesundheit und einer adäquaten Versorgung und der Katastrophenmedizin gelingt.

Zwar wird die Abuja-Erklärung der afrikanischen Staaten erwähnt, mit der sie sich 2001, mindestens 15% des Staatsbudgets für Gesundheit einzusetzen (ein Ziel das vielerorts verfehlt wird). Doch die EU verliert kein Wort darüber, dass zur Finanzierung der Versorgung zusätzlich ein Geldtransfer von reichen zu armen Ländern erforderlich ist.

Bessere Forschung

Im Abschnitt „die globale Gesundheitsforschung stärken“ finden sich ebenfalls bemerkenswerte Aussagen: „Die internationale Zusammenarbeit im Bereich Forschung und Innovation auszubauen, Forschungsdaten so offen, standardisiert und interoperabel wie möglich zu gestalten und die Verbreitung und Nutzung der Ergebnisse als Gemeingut zu fördern.“ Das wäre wirklich ein Kulturwandel. Konkret wird die Forschungspartnerschaft zwischen Afrika und der EU genannt.

Auch über die Umsetzung von gesundheitsrelevanter Forschung hat man sich Gedanken gemacht: „Die durchgängige Unterstützung der Forschung mit der Schaffung eines förderlichen Forschungsumfelds, das die gesamte Wertschöpfungskette von grundlegender bis hin zu präklinischer und klinischer Forschung stärkt, um die Lücke zwischen der Generierung und Umsetzung von Wissen und Evidenz zu schließen“, gilt als Priorität. Im Klartext würde das auch eine öffentliche Förderung von Zulassungsstudien für Medikamente bedeuten – die dann auch direkte Auswirkungen auf den Preis und den Zugang hat.

Bei der Forschungsförderung muss man sich allerdings vor untauglichen Mitteln hüten wie dem jüngst von der EU vorgeschlagenen übertragbaren Voucher für Antibiotikaforschung (siehe S. 8).

Ein lobenswertes Ziel ist außerdem die Förderung lokaler Produktion in ärmeren Ländern zur Reduzierung der Abhängigkeit.

Die Chancen der Digitalisierung werden im Strategiepapier übermäßig hervorgehoben. So klopft sich die EU für das von ihr entwickelte digitale Impfzertifikat selbst auf die Schulter; 49 Länder außerhalb der EU, darunter sieben afrikanische, nutzen es bereits. Keine schlechte Sache – aber sicher nicht der entscheidende Durchbruch in der Pandemie. Auch die angepriesene Telemedizin wird die Probleme der Unterversorgung in vielen Ländern nicht lösen.

Health in all Policies?

So wichtig es ist, die gesundheitlichen Auswirkungen von Entscheidungen in allen Politikbereichen zu berücksichtigen, es bleiben Zweifel, ob das angesichts der aktuellen Politik der EU und ihrer Mitgliedsstaaten auch gelingt.

Solange der Schutz der einheimischen Pharmaindustrie wichtiger bleibt als der Zugang zu Medikamenten, Landgrabbing die Ernährungslage verschlechtert, giftiger Müll und Pestizide exportiert werden, der von den wohlhabenden Ländern hauptsächlich verursachte Klimawandel nicht entschieden bekämpft wird, Gesundheit als Geschäftsmodell und nicht als Menschenrecht betrachtet wird, müssen die hehren Ziele der EU scheitern.  (JS)

Artikel aus dem Pharma-Brief 10/2022, S. 1        

 

[1] European Commission (2022) EU Global Health Strategy Better Health for All in a Changing World. COM(2022) 675 final, 30 Nov. https://health.ec.europa.eu/publications/eu-global-health-strategy-better-health-all-changingworld_en [Zugriff 1.12.2022]

[2] Siehe in diesem Zusammenhang auch unsere Berichte und Interviews zu dem Auswirkungen von Covid-19 auf die Gesundheitsversorgung im Globalen Süden im Pharma-Brief.

[3] WHO (2021) Tripartite and UNEP support OHHLEP‘s definition of “One Health” www.who.int/news/item/01-12-2021-tripartite-and-unep-support-ohhlep-s-definition-of-one-health [Zugriff 5.12.2022]

[4] https://global-health-summit.europa.eu/rome-declaration_en [Zugriff 5.12.2022]

[5] Pharma-Brief (2021) Covid-19: Globales Versagen. Nr. 10, S. 1

[6] Pharma-Brief (2022) WTO Patent-Waiver: Außer Spesen nichts gewesen. Nr. 5-6, S. 1

[7] Röttger T. (2022) Impfpatente: Wie die Pharmalobby die Bundesregierung auf Linie brachte. Abgeordnetenwatch 2. Sept. www.abgeordnetenwatch.de/recherchen/lobbyismus/impfpatente-wie-die-pharmalobby-die-bundesregierung-auf-linie-brachte [Zugriff 6.12.2022]


Im Mai 2020 hatte Kanzlerin Merkel die (zu entwickelnde) Corona-Impfung noch als globales öffentliches Gut bezeichnet, das allen auf der Welt zur Verfügung stehen müsse. Doch diese Aussage blieb ein leeres Versprechen. Kaum waren die Impfstoffe auf dem Markt, war davon nicht mehr die Rede. Abgeordnetenwatch hat mittels des Informationsfreiheitsgesetzes Unterlagen aus Ministerien und Kanzlerinnenamt erstritten, die auf den Sinneswandel ein neues Licht werfen.[1] Sie zeigen: Spätestens seit dem Vorstoß von Indien und Südafrika für einen Patent-Waiver bei der WTO vom Oktober 2020 reagierte Big Pharma mit massiver Lobbyarbeit.

Im Februar 2021 schrieb Pfizer an den damaligen Wirtschaftsminister Altmaier, dass geistiges Eigentum „ein entscheidender Bestandteil für das Entstehen von Innovationen“ sei. Im Mai wandte sich der Verband forschender Arzneimittelhersteller (Vfa) an Kanzlerin Merkel und Justizministerin Christine Lambrecht. Die MinisterInnen positionierten sich anschließend öffentlich gegen den Waiver.

Am 6. Mai 2021 telefonierten Angela Merkel und Biontech-Gründer Uğur Şahin. Noch am selben Nachmittag erhielt die Kanzlerin eine E-Mail von dem Pharma-Chef aus Mainz. „Liebe Frau Merkel”, schreibt Şahin, „haben Sie herzlichen Dank für Ihre Unterstützung. Anbei der Text, den wir derzeit in unserer Kommunikation verwenden, mit den Argumenten, warum eine Freigabe von Patenten nicht sinnvoll ist.“ Am 24. Juni 2021 konstatierte Merkel im Bundestag: „Eine politisch erwirkte Freigabe der Patente halte ich für den falschen Weg.“ Stattdessen führt sie klassische Argumente der Pharmalobby an. Die künftige Entwicklung von Impfstoffen sei nur dann gewährleistet, „wenn der Schutz des geistigen Eigentums nicht außer Kraft gesetzt wird.“

Vor der im November 2021 geplanten Konferenz der WTO über eine Patentfreigabe (die dann wegen Corona in den Juni 2022 verschoben wurde), flutete die Industrie die Bundesregierung geradezu mit dringlichen Bitten, wie Abgeordnetenwatch herausfand.

Insofern hat die 180-Grad-Wende von Wirtschaftsminister Habeck, der in der Opposition noch im Juni 2021 einen Patent-Waiver befürwortete,[2] durchaus Vorläufer. Habeck hatte an seinem ersten Amtstag (8.12.2021) ein Gespräch mit „der obersten Leitungsebene“ von Biontech geführt. Über den Inhalt gäbe es keine Aufzeichnungen oder Notizen, ließ das Ministerium Abgeordnetenwatch wissen.  (JS)

Artikel aus dem Pharma-Brief 7-8/2022, S.3
Bild © David Benbennick

[1] Röttger T (2022) Impfpatente: Wie die Pharmalobby die Bundesregierung auf Linie brachte. Abgeordnetenwatch 2. Sept. www.abgeordnetenwatch.de/recherchen/lobbyismus/impfpatente-wie-die-pharmalobby-die-bundesregierung-auf-linie-brachte  [Zugriff 5.9.2022]

[2] Pharma-Brief (2022) Zähes Ringen um Impfstoff-Patente. Nr. 2, S. 4


USA geben Covid-Patente an C-TAP

Die USA geben elf Technologien frei, die für die Bekämpfung von Covid-19 wichtig sind. Patentinhaber sind die staatlichen National Institutes of Health (NIH).[1] Damit erhält der COVID-19 Technology Access Pool (C-TAP) der Weltgesundheitsorganisation erstmals Zugang zu Impfstoffen – zuvor hatten die meisten Industrieländer die Zusammenarbeit verweigert.[2]

Am 12. Mai 2022 verkündete US-Präsident Biden die Weitergabe der Rechte an den Medicines Patent Pool (MPP), der die Lizenzen für C-TAP verwalten wird. Zu den Technologien gehören wichtige Schlüsselelemente wie die Spikeproteine, die für die mRNA-Impfstoffe benötigt werden. Moderna und Biontech/Pfizer nutzen diese für ihre Impfstoffe und zahlen deshalb Lizenzgebühren an die NIH. Drei neue Impfstoffkandidaten befinden sich ebenfalls im Korb der USA sowie Forschungswerkzeuge und Diagnostika.

Im Oktober 2021 hatte MSD eine Lizenz für Molnupiravir[3] zur Behandlung von Covid-19 an den MPP gegeben. Im November gab Pfizer für Nirmatrelvir/Ritonavir die Rechte an den Pool und der staatliche spanische Forschungsrat für einen Antikörpertest für Covid-19, der zwischen einer Infektion und der Antikörperbildung durch Impfung unterscheiden kann.[4]  (JS)

Artikel aus dem Pharma-Brief 4/2022, S.3

[1] WHO (2022) WHO and MPP announce agreement with NIH for COVID-19 health technologies. Press release 12 May www.who.int/news/item/12-05-2022-who-and-mpp-announce-agreement-with-nih-for-covid-19-health-technologies [Zugriff 29.5.2022]

[2] Pharma-Brief (2021) Covid-19: Solidarität dringend gesucht. Nr. 1, S: 1

[3] Pharma-Brief (2021) Molnupiravir: Öffentlich entdeckt – privat kassiert? Nr. 8-9, S. 4

[4] https://medicinespatentpool.org/licence-post/elisa-antibody-technology [Zugriff 29.5.2022]


Am 20.10.2022 verabschiedete der Bundestag das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz.[1] Darin sind auch mehrere Regeln enthalten, die die Nutzenbewertung von Medikamenten schärfen.

Bei der Freistellung von Arzneimitteln für seltene Leiden (Orphan Drugs) von einer Nutzenbewertung wurde die Umsatzschwelle von 50 auf 30 Mio. € gesenkt. Dadurch müssen sich aktuell zusätzlich 20 Medikamente, die bislang per Gesetz einen „fiktiven Zusatznutzen“ zuerkannt bekamen, einer echten Bewertung unterziehen. KritikerInnen hatten gefordert, dass es gar keine Freibriefe für Orphan Drugs mehr geben sollte. Denn eine Analyse zeigte, dass sich der „fiktive Zusatznutzen“ nach Überschreiten der Umsatzschwelle in über der Hälfte der Fälle in Luft auflöste.[2]

Der Erstattungsbetrag für neue Arzneimittel gilt jetzt rückwirkend bereits nach sechs Monaten, statt wie bisher nach einem Jahr. Dadurch erhofft sich die Bundesregierung eine Ersparnis von 5 Mio. € im Jahr. Vielfach wurde gefordert, den Erstattungsbetrag ab dem ersten Tag der Vermarktung gelten zu lassen.

Für Arzneimittel, bei denen kein oder nur ein geringer Zusatznutzen gegenüber der Vergleichstherapie festgestellt wurde, wurden die Regeln nachgeschärft.[3] Für die Aushandlung der Erstattungsbeträge zwischen GKV-Spitzenverband und Herstellern, muss bei fehlendem Zusatznutzen der Preis 10% unter dem einer patentgeschützten Vergleichstherapie liegen.[4] Dient ein Generikum dem Vergleich, darf das neue Medikament nicht teurer sein als das Generikum.

Bei geringem oder nicht quantifizierbarem Zusatznutzen darf die neue Therapie nicht teuer sein als die Vergleichstherapie. Wenn mehrere mögliche Vergleichstherapien festgelegt wurden, muss sich der Preis nun am günstigsten Medikament orientieren.

Völlig neu ist der sogenannte Kombinationsabschlag in Höhe von 20%: Er greift, wenn zwei patentgeschützte Arzneimittel gleichzeitig eingesetzt werden.[5] Vor allem in der Krebsbehandlung verursacht das hohe Kosten und nützt den PatientInnen längst nicht immer. Gegenüber dem Gesetzentwurf wurde die Regelung allerdings verwässert. Hersteller können nun beim Gemeinsamen Bundesausschuss eine Ausnahme beantragen, wenn die Kombination zweier Wirkstoffe mindestens einen beträchtlichen Zusatznutzen verspricht. Die Bewertung führt das IQWiG durch. Der vom Hersteller zu tragende Abschlag wird entgegen dem Entwurf nun nicht mehr aus dem Erstattungsbetrag berechnet, sondern aus dem niedrigeren Herstellerabgabepreis.

Zwar wurden nicht alle in der Öffentlichkeit zirkulierenden Vorschläge zur Schärfung der Nutzenbewertung in das Gesetz übernommen, insgesamt stellen die Neuregelungen aber eine substanzielle Verbesserung dar.  (JS)

Artikel aus dem Pharma-Brief 9/2022, S. 7
Bild Berlin Reichstag © Jörg Schaaber

[1] Alle Dokumente zum Gesetz finden sich hier: www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw42-de-gkv-finanzierungsstabilisierungsgesetz-916742

[2] Pharma-Brief (2022) Waisenmedikamente: Geschenkter Nutzen. Nr. 1, S. 1

[3] Diese neuen Regeln gelten nicht, wenn sich das neue Arzneimittel in eine Festbetragsgruppe einordnen lässt (und der niedrige Festbetragspreis gilt). Das ist aber selten der Fall.

[4] Falls für die patentgeschützte Vergleichstherapie keine Nutzenbewertung durchgeführt wurde, gilt ein Abschlag von 15%.

[5] Gemeint ist hier die freie Kombination zweier Arzneimittel. Fixkombinationen wurden auch schon in der Vergangenheit einer Nutzenbewertung unterzogen.


Abwerbung von Pflegekräften aus dem globalen Süden

Die Corona-Pandemie hat den Pflegenotstand im deutschen Gesundheitssektor noch verschärft und die Abwerbung von Fachkräften aus dem weit entfernten Ausland forciert. Doch gerade in armen Ländern fehlt es häufig an Pflegepersonal. Die größten Lücken gibt es auf dem afrikanischen Kontinent, in Südostasien und in einigen Ländern Lateinamerikas.[1]

Um dem Pflegenotstand entgegenzuwirken, wirbt Deutschland seit Jahren gut ausgebildete Fachkräfte aus dem Ausland ab. Das Phänomen ist nicht neu.[2] Doch die „Gewinnung von Pflegefachkräften in weit entfernten Drittstaaten“ wurde 2021 massiv ausgeweitet und vom Bundesgesundheitsministerium gefördert.[3] Schon im Dezember 2019 hatte der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn die Deutsche Fachkräfteagentur für Gesundheits- und Pflegeberufe (DeFa) vorgestellt, die die Vermittlung beschleunigen sollte.[4] Mittlerweile gibt es etliche gut finanzierte Abwerbeprogramme, die sich auf zehn Länder konzentrieren: Bosnien-Herzegowina, Brasilien, die Dominikanische Republik, Indien, Indonesien, Kolumbien, Mexiko, Philippinen, Tunesien und Vietnam. Die Zahl ausländischer Pflegekräfte in Deutschland hat sich in wenigen Jahren verdoppelt. 2021 kam jede achte Pflegekraft aus dem Ausland. Das trägt nicht nur dazu bei, die Personalkosten niedrig zu halten, sondern hat auch verheerende Folgen für die Gesundheitssysteme in den Herkunftsländern, so eine Analyse der Rosa Luxemburg Stiftung zur „Internationalen Abwerbung von Pflegekräften durch die Bundesregierung“.[5]

Die WHO hat 2020 eine Liste von 47 Ländern veröffentlicht, aus denen wegen eklatanter Engpässe bei der Gesundheitsversorgung keine Pflegefachkräfte rekrutiert werden sollten. Auch Deutschland orientiert sich bei seiner Abwerbungspraxis an dieser sogenannten „Health Workforce and Safeguard List“. Doch die Liste lässt jeglichen Bezug zu den nachhaltigen Entwicklungszielen vermissen. Fünf der zehn Länder, aus denen Deutschland aktiv Personal abwirbt, können nicht einmal eine elementare Gesundheitsversorgung gewährleisten. Weniger als 4 ÄrztInnen, Pflegekräfte und Hebammen kommen hier auf 1.000 EinwohnerInnen (in Deutschland sind es 15). Die Rosa Luxemburg Stiftung fordert deshalb, alle Abwerbeaktivitäten aus der Dominikanischen Republik, Indien, Indonesien, Tunesien und Vietnam unverzüglich einzustellen.[5]

Stattdessen brauche es eine Strategie zur langfristigen Personalentwicklung im deutschen Gesundheitswesen. Auch die besonders zu schützenden Herkunftsländer sollten neu definiert werden. Außerdem gelte es, angeworbene Fachkräfte besser vor Knebelverträgen zu schützen, denn 90% der ausländischen Pflegekräfte werden privat vermittelt, nicht selten mithilfe dubioser Methoden.[5] (ES)

Artikel aus dem Pharma-Brief 3/2022, S. 2
Bild © Alberto Giuliani

[1] WHO (2020) State of the world’s nursing 2020: investing in education, jobs and leadership. Geneva www.who.int/publications/i/item/9789240003279

[2] dpgg (2016) Brain-Drain durch grenzüberschreitende Abwerbung von Gesundheitsfachkräften. www.plattformglobalegesundheit.de/wp-content/uploads/2016/10/dpgg_brain-drain.pdf  [Zugriff 4.4.2022]

[3] PTI (2021) Faire Anwerbung Pflege Deutschland eine Initiative des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) www.ptj.de/projektfoerderung/faire-anwerbung-pflege-deutschland  [Zugriff 4.4.2022]

[4] Deutscher Bundestag (2019) Drucksache 19/22067 https://dserver.bundestag.de/btd/19/220/1922067.pdf

[5] Rosa Luxemburg Stiftung (2022) Mehr als nur Brain Drain – The Great Brain Robbery. Genf


Nutzen von Antidepressiva überschätzt, weil Publikationen fehlen

Seit über zehn Jahren ist es bekannt: Anbieter lassen bei Medikamenten gegen Depressionen unvorteilhafte Studienergebnisse gern unter den Tisch fallen. Dadurch entsteht ein zu positives Bild der Wirksamkeit. Hat sich die Lage inzwischen gebessert?

Vernünftige Entscheidungen über die beste individuelle Therapie sind ohne vollständigen Einblick in die Fakten schwierig. Erfahren ÄrztInnen wirklich alle relevanten Fakten über Medikamente? Der Psychiater Erick Turner und seine KollegInnen machten sich 2008 auf die Spurensuche und nahmen zwölf Antidepressiva unter die Lupe, die in den Jahren davor in den USA auf den Markt gekommen waren. Sie verglichen die Bewertung des Nutzens durch die Zulassungsbehörde Food and Drug Administration (FDA) mit den Aussagen über dieselben Studien in Fachzeitschriften, aus denen praktisch tätige MedizinerInnen ihr Wissen über neue Medikamente beziehen. Turner & Co. stießen auf eine große Informations­lücke.

Während die FDA nur rund die Hälfte der 74 eingereichten klinischen Studien als Wirksamkeitsbelege wertete, entstand in der Fachpresse der Eindruck, dass 94 Prozent der Studien positiv ausgegangen seien.[1]

Wie konnte eine so große Differenz in der Wahrnehmung entstehen? Bei der Hälfte der Studien hatte das Medikament nicht besser als ein Placebo abgeschnitten, aber nur bei elf Prozent wurde über dieses Ergebnis korrekt berichtet. Die meisten Studien kamen gar nicht ans Licht der Öffentlichkeit, bei anderen wurden die Ergebnisse einfach uminterpretiert.

Antidepressiva: Wissen wir jetzt mehr?

Jetzt kommt vom selben AutorInnenteam ein Update.[2] Es hat sich dafür die Dokumentationen von vier neueren Antidepressiva angeschaut, für die der FDA 30 Studien vorlagen. Wesentliche Ergebnisse blieben gleich: Wieder schnitten in Kenntnis aller Daten bei der Hälfte der Studien die Wirkstoffe nicht besser als ein Placebo ab. Und Berichte über alle positiven Studien fanden sich in der Fachpresse.[3] Immerhin wurden jetzt 47 Prozent der negativen Studien korrekt veröffentlicht, gegenüber nur elf Prozent in der Analyse von 2008.

Dabei gab es aber deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Wirkstoffen: In der neuen Analyse wurden für zwei der vier Präparate sämtliche Studien veröffentlicht, egal ob positive oder negative Ergebnisse vorlagen.

Bei den beiden anderen Medikamenten hingegen fehlten für acht von 15 negativen Studien korrekte Veröffentlichungen: Für sechs gab es gar keinen Artikel, und die Ergebnisse zu zwei Studien wurden in einer zusammenfassenden Veröffentlichung falsch dargestellt. Sie waren dort nur gemeinsam ausgewertet worden, um ein besseres Ergebnis vorzutäuschen. Da auch mit diesem Trick die Wirksamkeit immer noch nicht eindeutig belegt werden konnte, wurde auch noch die Analysemethode nachträglich gezielt geändert, um Vorteile vorzutäuschen.

Während 2008 noch elf Studien mit negativem Ausgang in den Veröffentlichungen zu positiven Ergebnissen umgeschrieben wurden, sind verzerrende Darstellungen laut Update mit nur noch zwei falsch berichteten Studien seltener geworden.

Was sich geändert hat

Diese Verbesserungen geschahen aber nicht freiwillig, sondern sind vermutlich das Ergebnis von regulatorischen Eingriffen, die für mehr Transparenz sorgen sollen. Den Anfang machte die Schaffung eines öffentlichen Registers für klinische Studien in den USA, die im Jahr 2000 unter dem Namen

ClinicalTrials.gov online ging. Sie machte es schwerer, die Existenz von Studien zu verschweigen. 2004 verkündeten die HerausgeberInnen der größten medizinischen Fachzeitschriften, keine Artikel über Studien mehr zu publizieren, wenn diese nicht registriert sind. 2007 wurde durch ein Gesetz in den USA die Eintragung von Studien in das Register verpflichtend. Auch der öffentliche Druck, der durch mehrere Publikationen zum Thema „Unterschlagen von unvorteilhaften Ergebnissen“ entstanden ist, hat sicher geholfen.

Turner & Co. warnten trotz der Fortschritte vor übertriebener Euphorie. Das Glas sei mit Verschweigen der Hälfte der negativen Studien immer noch halbleer, in der Gesundheitsversorgung sei nur die ganze Wahrheit akzeptabel. Wenn der Nutzen von Anti­depressiva überschätzt wird, unterbleiben womöglich andere wirksame, medikamentenfreie Behandlungen wie zum Beispiel Psychotherapien.  (JS)

 

Eine Vorfassung dieses Artikels erschien in „Gute Pillen – Schlechte Pillen“ 4-2022.
Artikel aus dem Pharma-Brief 5-6/2022, S. 4

 

Die Grafik zeigt den Publikationsbias anhand der Signifikanzschwelle, dem P-Wert von 0,05 = .05 (durchgezogene Linien). Links die älteren Ergebnisse von 2008 (12 Antidepressiva, 101 Untersuchungsarme*) und rechts die neueren Ergebnisse von 2022 (4 Antidepressiva, 48 Untersuchungsarme).

Jeder Kreis stellt eine Studie dar, die Größe ist proportional zur TeilnehmerInnenzahl. Wenn es keinen Unterschied zwischen der Einschätzung der FDA (waagerechte Achse) und der Studienveröffentlichung (senkrechte Achse) gibt, befindet sich der Kreis auf der gestrichelten diagonalen Linie.

Im grauen Bereich unter der vergleichenden Grafik sind die unpublizierten Studien dargestellt, hier gibt es logischerweise keinen Vergleich mit der Veröffentlichung.

Gelb markiert sind die Studien, wo sich die Einschätzung der FDA so weit von der Studienveröffentlichung abweicht, dass die Signifikanz verloren geht und alle unveröffentlichten Studien. Alle gelben Kreise stehen also für eine für Außenstehende nicht erkennbare Verzerrung der Wahrnehmung zugunsten der Medikamente.

Quelle: Turner 2022 https://doi.org/10.1371/journal.pmed.1003886.g001

*             Die Studien machten teilweise mehr als einen Vergleich, also nicht nur Wirkstoff gegen Placebo, sondern auch noch gegen einen anderen Wirkstoff oder gegen unterschiedliche Dosen desselben Wirkstoffs. das erklärt, warum es mehr Studienarme als Studien gibt.

 

[1] Turner EH et al. (2008) Selective Publication of Antidepressant Trials and Its Influence on Apparent Efficacy. N Engl J Med; 358, p 252 https://doi.org/10.1056/NEJMsa065779

[2] Turner EH et al. (2022) Selective publication of antidepressant trials and its influence on apparent efficacy. PLoS Med; 19, p e1003886 https://doi.org/10.1371/journal.pmed.1003886

[3] In der ersten Untersuchung von 2008 waren von 37 positiven Studien alle bis auf eine veröffentlicht worden.


Fehlende Transparenz und Koordination schadet

Die Covid-19 Pandemie hat eine Forschungswelle ausgelöst. Doch nicht alle Untersuchungen waren gleichermaßen sinnvoll. Manche Studien hätten gar nicht erst durchgeführt werden sollen, in anderen Bereichen gibt es nach wie vor große Wissenslücken.

Klinische Studien (siehe Kasten) sind ein Grundpfeiler der Medizin. Sie geben die Erkenntnisse, ob eine Behandlung wirkt oder nicht. Health Action International (HAI) und TranspariMED ziehen in einer aktuellen Publikation eine gemischte Bilanz zu den Forschungsanstrengungen zu Covid-19.[1] Denn nicht nur die Qualität der Untersuchungen war variabel, viele Studien wurden auch nicht publiziert und haben somit nichts zum Erkenntnisfortschritt beigetragen.

Impfstoffstudien waren – soweit man das beurteilen kann – akzeptabel konzipiert.[2] Für zahlreiche Studien waren allerdings keine Studienprotokolle verfügbar.[3] Es gab auch Kritik, dass nicht untersucht wurde, ob die Impfung auch die Weitergabe des Virus verhindern kann[4] und keine direkten Vergleiche zwischen verschiedenen Impfstoffen gemacht wurden.[1]

Die Zulassungsbehörden hatten klare Mindestanforderungen an die Wirksamkeit vorgegeben. Nach Zulassung der Impfstoffe veröffentlichte die EMA auch die Clinical Study Reports zu den in der EU erlaubten Impfungen, die die vollständigen Ergebnisse enthalten.[5]

Testen auf Teufel komm raus

Ganz anders sieht das mit den Studien zu vorhandenen Medikamenten aus, die als Mittel zur Prävention oder Behandlung von Covid-19 getestet wurden. Hier gab es erheblichen Wildwuchs. In den ersten hundert Tagen der Pandemie (bis zum 9.4.2020) wurden 516 Studien gestartet, davon alleine 84 zu Hydroxychloroquin. Lange bevor diese meist kleinen Untersuchungen abgeschlossen waren, zeigten zwei hochwertige große Studien, dass der Wirkstoff gegen Covid nutzlos ist. Insgesamt sah es mit den 516 – meist kleinen – Studien nicht gut aus: Bis Oktober 2020 hatte ein Drittel noch keinen einzigen Patienten rekrutiert. Oft waren unerfahrene Teams am Werk, was die Glaubwürdigkeit der Daten nicht erhöht. Dass es auch besser geht, zeigen das Recovery Trial in Großbritannien, das bereits im April 2020 39.000 PatientInnen rekrutiert hatte und fünf Medikamente verglich. Vier davon erwiesen sich als unwirksam, aber es zeigte sich, dass das fünfte, Dexamethason, eine deutliche Senkung der Sterblichkeit bewirkte.

Die unkoordinierten und teils schlecht gemachten Studien behinderten die schnelle Erkenntnisfindung, schadeten PatientInnen und verschwendeten knappe Ressourcen. Allein in den USA wurden 2020 trotz schwacher Evidenz eine halbe Million Erkrankte mit Plasma von Rekonvaleszenten behandelt. Im April 2022 war immer noch unklar, ob diese teure Behandlung hilft.

Nichtmedikamentöse Maßnahmen vernachlässigt

So zahlreich die Studien zu Medikamenten und Impfstoffen waren, so rar waren Untersuchungen zu anderen Schutzmaßnahmen. Nach zwei Jahren Pandemie waren gerade einmal 57 randomisierte Studien angemeldet (von insgesamt über 4.000 Covid-19 Studien). Wahrscheinlich werden wir auch bei der nächsten Pandemie noch nicht genau wissen, welche Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln am effektivsten schützen und welche eher verzichtbar sind.

HAI und TranspariMED leiten aus dieser Analyse eine Reihe von Forderungen ab: Eine bessere internationale Koordination der Forschung ist dringend erforderlich, um unnötige Duplizierungen von Studien zu vermeiden. Die für die Genehmigung zuständigen Institutionen müssen genauer hinschauen, ob eine Studie überhaupt sinnvoll konzipiert ist und falls nicht, die Genehmigung verweigern. Die Wirksamkeit öffentlicher Maßnahmen zum Gesundheitsschutz muss hingegen viel besser untersucht werden. Bei der Transparenz, der Registrierung und der (zeitnahen) Veröffentlichung von Ergebnissen gibt es – trotz Fortschritten – noch viel Luft nach oben.  (JS)

Klinische Studien

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert eine klinische Studie als „jede Forschungsstudie, bei der menschliche Teilnehmer oder Gruppen von Menschen prospektiv einer oder mehreren gesundheitsbezogenen Interventionen zugewiesen werden, um deren Auswirkungen auf die Gesundheit zu bewerten.“ [6]

Artikel aus dem Pharma-Brief 4/2022, S.2
Bild: TranspariMED and HAI (2022) COVID-19 Clinical Trial Integrity Cover

[1] TranspariMED and HAI (2022) Covid-19 clinical trial integrity. https://haiweb.org/publication/clinical-trial-integrity-and-covid-19 [Zugriff 26.5.2022]

[2] Moderna, Biontech/Pfizer und AstraZeneca hatten die vollständigen Studienprotokolle freiwillig veröffentlicht.

[3] Transparency International (2021) For Whose Benefit? Transparency in the development and procurement of Covid-19 vaccines. https://ti-health.org/wp-content/uploads/2021/05/For-Whose-Benefit-Transparency-International.pdf [Zugriff 26.5.2022]

[4] Pharma-Brief (2020) Covid-19 Impfungen. Nr. 10, S. 1

[5] Moderna, Biontech/Pfizer und AstraZeneca Impfstoffe

[6] WHO (2020) Clinical trials. www.who.int/news-room/questions-and-answers/item/clinical-trials [Zugriff 26.5.2022]


Die niederländische Pharmaceutical Accountability Foundation[1] hat ein Ranking für 26 Hersteller von Covid-19-Impfstoffen und -Medikamenten veröffentlicht.[2] Die 30 von diesen Firmen angebotenen Mittel wurden nach Menschrechtsprinzipien beurteilt und mit einem ­Ampelsystem bewertet.


Eine Milliarde Dosen für ärmere Länder sind nicht genug

Mit einigem Stolz verkündete die Initiative Covax am 15. Januar 2022, dass sie eine Milliarde Dosen Impfstoff ausgeliefert hat.[1] Das klingt erst einmal nach viel, ist aber viel zu wenig. Denn wie Covax selbst einräumt, lag am 13. Januar 2022 die Impfquote in 36 Mitgliedsstaaten der WHO (insgesamt 194 Länder) unter 10% und in 88 Staaten unter 40%. Zum Vergleich: in Deutschland waren am gleichen Tag 72,3% vollständig geimpft.[2]


Deutschland wirbt Pflegepersonal aus Indien an

Der Mangel an qualifiziertem Pflegepersonal in Deutschland forciert das Anwerben ausländischer Fachkräfte. Die Bundesrepublik hält sich nach eigenen Angaben zwar an die globalen Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation zur internationalen Gewinnung von Gesundheitspersonal. Doch Abwerbeabkommen mit Drittstaaten bekämpfen weder die Ursachen des deutschen Pflegenotstandes, noch tragen sie zu einem weltweit nachhaltigen Pflegesektor bei. Das Gegenteil ist der Fall, wie das Beispiel aus Kerala ­(Indien) zeigt.

Der prognostizierte Bedarf an Pflegefachkräften in Deutschland ist enorm. Dem zukünftigen Zuwachs an pflegebedürftigen Menschen wird ein dramatischer Personalmangel gegenüberstehen. Fehlten im Jahr 2015 ungefähr 343.000 Pfleger­Innen, so wächst die Zahl bis 2035 voraussichtlich auf knapp 493.000 an.[1] Um diesem Trend entgegenzuwirken, setzt Deutschland seit Jahren auf das Anwerben von qualifizierten ausländischen Pflegekräften.[2] Doch dass das Anwerben aus Drittstaaten Grenzen hat, liegt auf der Hand. Das Bundesministerium für Gesundheit erwartet, dass das Potenzial in den Westbalkanstaaten bald ausgeschöpft ist. Bei Fortsetzung der Abwerbung drohe auch diesen Herkunftsländern ein Pflegefachkräftemangel.[3] Statt für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Bezahlung in Deutschland zu sorgen, um den Beruf attraktiver zu machen, werden neue Anwerbeprogramme im Ausland initiiert. Doch dieses Vorgehen ändert nichts an den eigentlichen Ursachen des Fachkräftemangels und Deutschland schiebt damit die eigenen Probleme auf andere Länder ab.

Das Triple-Win-Programm

Im Dezember 2021 schlossen die Bundesagentur für Arbeit und die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit ein Abkommen mit dem indischen Bundesstaat Kerala.[4] Erste Rekrutierungen sind für das Jahr 2022 geplant. Ab 2023 sollen die Einreisen beginnen und keralische Pflegefachkräfte in Deutschland arbeiten können.[5] Das sogenannte Triple-Win-Programm soll Vorteile für alle beteiligten Parteien bringen: ausgebildetes Personal für Deutschland, eine professionelle und persönliche Zukunft für die ausgewandernten Pflegekräfte und eine entspanntere Lage des Arbeitsmarktes im Herkunftsland.[4] Soweit die Theorie. Jedoch werden von deutscher Seite die Folgen der Personalanwerbung auf den Pflege- und Gesundheitssektor der Herkunftsländer nicht weiter untersucht.[6] Dabei zeigt das Beispiel Keralas, warum dies dringend nötig wäre.

Viele VerliererInnen

Im indischen Bundesstaat Kerala hat Arbeitsmigration eine lange Tradition: Insbesondere die Ausbildung von Pflegepersonal für Amerika und Europa ist seit Jahrzehnten ein Wirtschaftszweig Keralas.[4] Jedoch hat der durch Abwanderung generierte Geldfluss aus dem Ausland auch negative Folgen für die Region. Beispielsweise stiegen dadurch die lokalen Bodenpreise an. Wer keine im Ausland lebenden Verwandten hat, schaut in die Röhre.

Der durch das Überangebot von Pflegekräften entstandene Wettbewerb um Jobs hat zudem verheerende Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen. Oftmals wird der gesetzliche Mindestlohn unterschritten. Unter erhöhtem Druck leiden insbesondere schwangere Pflegerinnen, welche entlassen oder gar zur Abtreibung gedrängt werden. Um ihre hohen Ausbildungskosten zu refinanzieren, sind viele der neu ausgebildeten PflegerInnen gezwungen, ihre Heimat Kerala zu verlassen. Sie müssen in anderen Bundesstaaten oder im Ausland ihr Glück suchen und landen in prekären Arbeitsverhältnissen in Europa, verschulden sich bei Vermittlungsagenturen oder arbeiten unter schlechten Menschenrechtsbedingungen in den Golfstaaten.[4]

Ursachenbekämpfung gefragt

Die Strategie der grenzüberschreitenden Anwerbung verbessert weder die Situation der Pflege in Deutschland noch in den Herkunftsländern. Ganz im Gegenteil: Sie schafft Anreize, der Abwerbung einheimischen Pflegepersonals zuzustimmen, obwohl das eigene Gesundheitssystem darunter leidet.[7] Deutschland müsse vielmehr dazu beitragen, Gesundheitssysteme und -personal in armen Ländern zu stärken. Deutschland braucht zwar auch Einwanderung, um gegen den steigenden Personalmangel an Pflegekräften gewappnet zu sein. Zugleich ist aber mehr Respekt, Wertschätzung und eine höhere, geschlechterunabhängige Bezahlung bei besseren Arbeitsbedingungen für die PflegerInnen in allen Bundesländern und für alle Träger nötig. Dass dies ein echter Gewinn sein könnte, zeigt eine Studie aus Bremen, wonach 60% der ehemaligen PflegerInnen sich unter besseren Bedingungen eine Berufsrückkehr vorstellen könnten.[7] (CL)

Artikel aus dem Pharma-Brief 10/2022, S. 5
Bild: Bananenverkäufer in Trivandrum © Adam Jones  

[1] IW Köln (2018) Prognostizierter Bedarf an stationären und ambulanten Pflegekräften in Deutschland bis zum Jahr 2035.

[2] Pharma-Brief (2022) Deutschland forciert Brain-Drain. Nr. 3, S.2

[3] Bundesministerium für Gesundheit (2021) Richtlinie zur Förderung von Vorhaben zur ethisch hochwertigen Gewinnung von Pflegefachkräften in weit entfernte Drittstaaten im Rahme des Programms „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“. Bonn 23. Juni.

[4] Kulamadayil L (2022) Helfende Hände. ipg-journal 12. Jan. [Zugriff 2.11.2022]

[5] Ärzteblatt (2021) Deutschland wirbt Pflegekräfte aus Indiens Süden an. 2. Dez. [Zugriff 3.11.2022]

[6] Deutscher Bundestag (2022) Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Cornelia Möhring u.a. DIE LINKE. Drucksache 20/2237 [Zugriff 2.11.2022]

[7] Möhring C (2022) Kleine Anfrage: Grenzüberschreitende Abwerbung von Pflegekräften. [Zugriff 2.11.2022]


US-Dokumentarfilmer in Italien angeklagt

Der US-Filmemacher Kelly Duda hatte aufgedeckt, dass mit Viren belastetes Blut von Gefängnisinsassen in Arkansas in die ganze Welt verkauft worden war. Die Blutprodukte gingen auch nach Italien. Dort steckten sich in den 1980 und 1990er Jahren 2.605 Menschen, denen Gerinnungsfaktoren fehlen und die deshalb auf Ersatz angewiesen sind, mit HIV und Hepatitis an. Duda war 2017 in Neapel Zeuge im Prozess gegen zehn VertreterInnen der Firma, die die Blutprodukte vertrieben hatte sowie gegen Duilio Poggiolini, Chef der zuständigen Abteilung des Gesundheitsministeriums zur Zeit des Blutskandals.[1]

Während der Anhörung versuchte Staatsanwalt Lucio Giugliano, die Aussage von Duda zu unterbrechen und unglaubwürdig zu machen, obwohl der Filmemacher Zeuge der Anklage war. Duda war empört und sagte nach der Anhörung zu Giugliano, dass ein solches Verhalten in den USA als „schändlich“ bezeichnet würde. Dieser Vorwurf an ihn sei ein Verbrechen, konterte der Staatsanwalt und ließ Duda vorübergehend verhaften. Die Angeklagten wurden 2019 freigesprochen.

Doch damit war die Geschichte nicht zu Ende. Denn jetzt steht Duda vor Gericht. Und zwar auf der Grundlage eines Gesetzes aus der Mussolini-Zeit, das die Beleidigung der Ehre und des Prestiges eines Staatsanwalts unter Strafe stellt. Im Januar 2022 gab es eine erste Anhörung. Der Europarat hat eine Warnung auf seiner Plattform zum Schutz des Journalismus veröffentlicht. Eine Antwort Italiens steht noch aus.  (JS)

 Artikel aus dem Pharma-Brief 1/2022, S.5

[1] Giuffrida A (2022) US film-maker tried in Italy on fascist-era charge over tainted blood testimony. Guardian 20 Jan. www.theguardian.com/world/2022/jan/20/kelly-duda-trial-us-film-maker-italy-tainted-blood-scandal


Schwangere und Mütter sind aggressiver Werbung ausgesetzt

Über die Hälfte aller Schwangeren und Mütter werden von den Herstellern von Muttermilchersatzprodukten massiv umgarnt. Zu diesem Fazit kommt ein Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des Kinderhilfswerks UNICEF, der die Marketingpraktiken der 55 Milliarden US$ schweren Nahrungsmittelindustrie beleuchtet. Bewusst verzerren die Firmen wissenschaftliche Fakten, um Frauen vom Stillen abzuhalten und den Verbrauch von Ersatzprodukten anzukurbeln.[1]

Bereits 1981 hatte die Weltgesundheitsversammlung ein bahnbrechendes Abkommen verabschiedet, um Mütter vor den Marketingpraktiken der Babynahrungsindustrie zu schützen: Mit einem internationalen Kodex wurden Standards gesetzt und klare Empfehlungen zur Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten, Flaschen und Saugern gemacht.[2] Der Kodex sollte die aggressive Werbung für Baby-Milchpulver stoppen und eine angemessene Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern fördern. Jahrelange Kampagnen gesundheitspolitischer Organisationen (darunter der BUKO Pharma-Kampagne) und Boykotte gegen den Nahrungsmittelkonzern Nestlé waren dem vorausgegangen. Die Schweizer Firma stand damals bereits seit Jahren als „Baby-Mörder“ am Pranger, weil sie mit aggressiver Werbung viele Mütter in armen Ländern dazu verleitet hatte, künstliches Baby-Milchpulver statt Muttermilch zu verwenden. Über die Risiken von mangelnder Hygiene und verschmutztem Wasser wurden die Frauen jedoch nicht aufgeklärt. Die Folge: Tausende Babys starben an Durchfall und anderen Krankheiten.[3]

Kodex gegen unethische Werbepraktiken

Muttermilchersatzprodukte sollen zur Verfügung stehen, wenn sie nötig sind, aber nicht öffentlich beworben werden – so fordert es der Kodex. Werbeanzeigen sind demnach ebenso untersagt wie die Abgabe von Produktproben. Auch Produktinformationen dürfen nur in Fachkreisen verbreitet werden. Zwar haben sich alle UN-Mitgliedstaaten bereits vor 40 Jahren dazu verpflichtet, diese Regeln zu implementieren. Doch noch immer liegt beim Thema Säuglingsnahrung vieles im Argen. Der WHO/UNICEF-Report führt das einmal mehr vor Augen, sein Titel: „Wie die Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten unsere Entscheidungen über die Ernährung von Säuglingen beeinflusst“.[4]

Der Bericht deckt systematische und unethische Marketingstrategien auf und stützt sich dabei auf Interviews mit Eltern, schwangeren Frauen und Gesundheitspersonal in Bangladesch, China, Mexiko, Marokko, Nigeria, Südafrika, Großbritannien und Vietnam. 8.500 Mütter und Schwangere sowie 300 Gesundheitsfachkräfte wurden insgesamt befragt. In Großbritannien gaben 84% der befragten Frauen an, der Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten ausgesetzt gewesen zu sein. In Vietnam waren es 92% und 97% in China. Die Untersuchung  mache deutlich, „dass die Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten nach wie vor unannehmbar weit verbreitet, irreführend und aggressiv ist“, schlussfolgert Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der WHO.[1]

Ausgefeiltes Marketing behindert das Stillen

Zu den Marketingtechniken der Industrie zählen unregulierte und geschickte Online-Werbung, gesponserte Beratungsnetzwerke, Telefon-Hotlines, Werbeaktionen und kostenlose Geschenke aber auch verschiedenste Praktiken zur Beeinflussung des Gesundheitspersonals. Die Werbebotschaften sind oft irreführend, wissenschaftlich nicht fundiert und verstoßen eindeutig gegen den internationalen Kodex für die Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten. „Falsche und irreführende Botschaften über die Ernährung mit Säuglingsnahrung sind ein wesentliches Hindernis für das Stillen, von dem wir wissen, dass es das Beste für Babys und Mütter ist“, sagt UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell. Um Frauen vor unethischen Marketingpraktiken zu schützen, brauche es dringend eine solide Politik und Gesetzgebung, aber auch Investitionen in das Stillen und eine unabhängige Beratung.

In allen untersuchten Ländern äußerten die Frauen den starken Wunsch, ausschließlich zu stillen, wobei die Spanne von 49% der Frauen in Marokko bis zu 98% in Bangladesch reicht. Der Bericht zeigt jedoch auch, wie ein anhaltender Strom irreführender Werbebotschaften das Vertrauen der Frauen in ihre Fähigkeit, erfolgreich zu stillen, untergräbt. Zu den häufig kolportierten Mythen zählt die Notwendigkeit von Zusatznahrung in den ersten Tagen nach der Geburt, die Behauptung, dass die Qualität der Muttermilch mit der Zeit abnehme oder dass Säuglinge mit künstlicher Babymilch länger satt bleiben.

Weltweit werden nur 44% der Säuglinge unter 6 Monaten ausschließlich gestillt. Die Stillraten sind in den letzten zwei Jahrzehnten nur geringfügig gestiegen, während sich der Absatz von Säuglingsnahrung in der gleichen Zeit mehr als verdoppelt hat. Vor allem in der Europäischen Region der WHO ist die aggressive Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten besorgniserregend. Von allen WHO-Regionen hat Europa die niedrigsten Raten ausschließlichen Stillens.[5] Dabei bietet das Stillen nachweislich einen wirksamen Schutz gegen alle Formen der Unter- oder Fehlernährung von Kindern. Stillen ist außerdem die erste Impfung für Babys und schützt sie vor vielen häufigen Krankheiten.

Gesundheitspersonal vor den Karren gespannt

Eine große Anzahl an Gesundheitsfachkräften in allen Ländern war von den Herstellern kontaktiert worden – sei es, um Werbegeschenke oder kostenlose Proben an Mütter abzugeben, an gesponserten Veranstaltungen und Konferenzen teilzunehmen oder sogar um sie durch Provisionen für ein verkaufsförderndes Verhalten zu gewinnen. WHO und UNICEF fordern daher ein generelles Verbot für MitarbeiterInnen im Gesundheitswesen jedwede Zuwendung von den Herstellern von Nahrungsergänzungsmitteln anzunehmen oder an gesponserten Fortbildungen und Veranstaltungen teilzunehmen. Und auch in vielen anderen Bereichen sei internationales und staatliches Handeln gefragt: Investitionen in Maßnahmen und Programme zur Unterstützung des Stillens seien ebenso notwendig wie ein angemessen bezahlter Elternurlaub.  (CJ)

 

Artikel aus dem Pharma-Brief 2/2022, S. 1

[1]WHO, UNICEF (2022) More than half of parents and pregnant women exposed to aggressive formula milk marketing. News v. 22.2.22. www.who.int/news/item/22-02-2022-more-than-half-of-parents-and-pregnant-women-exposed-to-aggressive-formula-milk-marketing-who-unicef [Zugriff 9.3.2022]

[2]WHO (1981) International code of marketing of breast-milk substitutes. https://apps.who.int/iris/handle/10665/40382 [Zugriff 9.3.2022]

und WHO (2017) The International Code of Marketing of Breastmilk Substitutes. Frequently asked questions (update) https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/254911/WHO-NMH-NHD-17.1-eng.pdf

[3]SRF (2016) Nestlé und sein Milchpulver: Eine Erfolgs- und Leidensgeschichte. www.srf.ch/news/wirtschaft/nestle-und-sein-milchpulver-eine-erfolgs-und-leidensgeschichte [Zugriff 9.3.2022]

[4] WHO, UNICEF(2022) How the marketing of formula milk influences our decisions on infant feeding. www.who.int/publications/i/item/9789240044609 [Zugriff 9.3.2022]

[5]WHO-Regionalbüro für Europa (2022) Neue Studie der WHO fordert dringend Ende der aggressiven Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten, die vom Stillen abhalten. News vom 23.Februar www.euro.who.int/de/health-topics/disease-prevention/nutrition/news/news/2022/2/new-who-research-urges-an-end-to-aggressive-formula-milk-marketing-that-discourages-breastfeeding [Zugriff 9.3.2022]