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Pandemie und Lockdown brachten massive Einschränkungen

Südafrika hatte von allen afrikanischen Ländern mit Abstand die höchsten Infektionsraten und Todesfälle durch COVID-19. Fast 90.000 Menschen starben, trotz rigider Lockdown-Maßnahmen.[1] Viele Bereiche der Gesundheitsversorgung wurden durch die Pandemie eingeschränkt, etwa die Behandlung und Früherkennung von TB, HIV oder Krebs. Stark beeinträchtigt waren auch Dienste für sexuelle und reproduktive Gesundheit.

Südafrika war und ist von der Pandemie schwer betroffen. Nachdem am 5. März 2020 der erste Krankheitsfall durch SARS-CoV-2 bekannt geworden war, stieg die Infektionskurve rasant. Bereits am 27. März verhängte die Regierung „einen der striktesten Lockdowns außerhalb Chinas“.[2] Neben der Schließung von Schulen, Universitäten und Geschäften gab es strenge Ausgangs- und Reisebeschränkungen. SüdafrikanerInnen konnten nicht einmal mehr ihren Hund spazieren führen, öffentliche Transportmittel benutzen oder im Freien Sport treiben. Das Haus verlassen durfte nur, wer Lebensmittel, Medikamente oder Kraftstoffe zum Heizen besorgen wollte. Ohne öffentliche Verkehrsmittel hatten arme Menschen jedoch kaum eine Chance, Gesundheitsdienste zu erreichen. Erst nach gut einem Monat gab es nach und nach Lockerungen.

Lockdown trifft besonders die Armen

Chitsamatanga und Malinga, die die Situation analysierten, kritisieren vor allem, dass die Regierung einen „One size fits all“ Ansatz verfolgte, wodurch marginalisierte Bevölkerungsgruppen besonders stark unter den Auswirkungen der Pandemie litten. Maßnahmen wie Ausgangsbeschränkungen, Schul-, und Geschäftsschließungen, die in westlichen Ländern gut funktionieren, können in einem Land in dem rund 3 Millionen Menschen im informellen Sektor arbeiten und von „der Hand in den Mund“ leben, nicht eins zu eins übernommen werden.[2]

Schon vor der Pandemie gab es große Unterschiede bei der Qualität der Versorgung: So kommt im privaten Sektor ein Arzt auf etwa 500 Versicherte, im öffentlichen Sektor muss eine Ärztin dagegen 2.500 Menschen versorgen.[3] Weniger als 20% der Bevölkerung sind jedoch privat krankenversichert und können sich eine solche Vorzugsbehandlung leisten. Der strikte Lockdown verschärfte die Ungleichheiten und blockierte den Zugang zu vielen Bereichen der Gesundheitsversorgung.

HIV und TB: Versorgung blieb auf der Strecke

Zum Beispiel HIV und Tuberkulose: Südafrika zählt zu den „Three High Burden“ Ländern, also zu den 20 Ländern mit der höchsten Krankheitslast an HIV/AIDS, Tuberkulose sowie multiresistenter TB.[4] Wegen der Covid-19 Pandemie wurden etliche Präventionsangebote und Versorgungsleistungen für die Betroffenen eingeschränkt oder ganz ausgesetzt. Zwar ergab eine Untersuchung unter 65 Primärkliniken, dass die Behandlungsprogramme für Personen, die bereits eine antiretrovirale Therapie (ART) erhielten, größtenteils aufrecht erhalten wurden. Es gab aber mit Beginn des Lockdowns einen deutlichen Rückgang bei den HIV-Testungen (um 48%). Die Zahl der HIV-Infizierten, die eine Behandlung starteten, reduzierte sich im April 2020 ebenfalls um fast die Hälfte (46%). Zwar hat sich die Lage später wieder verbessert, doch im Juli 2020 waren noch immer nicht die Test- und Behandlungszahlen aus dem Zeitraum vor der Pandemie erreicht. Die Unterbrechung beim Testen und der vielfach verzögerte Behandlungsbeginn werde die HIV-Infektionen in die Höhe treiben, schätzen ExpertInnen. Allein zwischen Juli und September 2020 sind geschätzt 11.000 HIV-Infektionen unentdeckt geblieben. Dadurch sei auch ein Anstieg von HIV-Infektionen bei Neugeborenen zu erwarten.[5] 

Bei Tuberkulose kam es aufgrund der Pandemie ebenfalls zu starken Einschränkungen. TB-Stationen wurden zum Teil in Covid-19 Stationen umgewandelt und Personal wurde zur Testung und Behandlung des SARS-CoV-2 Virus abgezogen. Laut den Laboren des staatlichen Gesundheitssystems haben die Einschränkungen der höchsten Lockdown-Stufe 5 im ersten Pandemiemonat zu einem Rückgang der Anzahl von TB-Tests um 48% geführt. 33% weniger Tuberkulose-Fälle als zuvor wurden diagnostiziert.[6]

Verhütungsmittel wurden knapp

Mehr als zwei Drittel aller Südafrikaner beziehen Kondome aus öffentlichen Gesundheitseinrichtungen, wo sie kostenlos verteilt werden. Die Schließung vieler Stationen und der landesweite Lockdown machten das unmöglich. In einer Studie gaben knapp 23% der Befragten an, in dieser Zeit keinen Zugang zu Kondomen gehabt zu haben.6 Das dürfte nicht nur die Anzahl ungewollter Schwangerschaften sondern auch von sexuell-übertragbaren Erkrankungen in die Höhe getrieben haben.

Nicht einmal 10% der SüdafrikanerInnen, die verhüten, nutzen die Pille. Langzeitkontrazeptiva werden häufig genutzt, doch auch sie waren schwerer zugänglich. In der Provinz Gauteng wurden während des Lockdowns 48% weniger Hormonimplantate eingesetzt und 10% weniger Intrauterinpessare (IUCD).[7] Das Gesundheits-JournalistInnen Netzwerk Health-e News berichtet zudem über gravierende Versorgungsengpässe bei Verhütungsspritzen im Juli 2020.[8] Zudem wurden während der Pandemie wesentlich seltener Abtreibungen durchgeführt, Frauen wurden von den Kliniken abgewiesen.[9] Das wird höchst wahrscheinlich zur vermehrten Nutzung riskanter Abtreibungspraktiken geführt haben.[10]

In der bevölkerungsreichsten Provinz Guateng ist die Anzahl der Geburten durch minderjährige Mütter um 60% gestiegen. 2019 brachten 14.577 unter 18jährige Frauen ein Kind zur Welt – zwischen April 2020 und März 2021 waren es 23.000.[11] In einer Befragung von 15 bis 25-jährigen Frauen und Mädchen gaben etwa 14% an, dass seit der Pandemie mehr Gewalt in ihrem Zuhause herrscht. Das Risiko und die Angst vor körperlicher und seelischer Gewalt sowie sexuellen Missbrauchs sei durch die Pandemie deutlich gewachsen.[12]

KrebspatientInnen: schlechter versorgt als zuvor

Bei der Versorgung von PatientInnen mit nicht-übertragbaren Krankheiten (NCDs) gab es bedingt durch die Pandemie ebenfalls gravierende Einschnitte. Zum Beispiel bei Krebs: In 28 % der untersuchten Krankenhäuser in Südafrika wurden Tumor-Operationen ganz gestrichen oder reduziert. Auch Vorsorgemaßnahmen wurden eingeschränkt und es gab u.a. deutlich weniger Screenings oder HPV-Impfungen zum Schutz vor Gebärmutterhalskrebs[13]. Weil MitarbeiterInnen von onkologischen Stationen abgezogen bzw. bei der Versorgung von COVID-PatientInnen eingesetzt wurden, konnten Versorgungsleistungen für Krebs-PatientInnen zum Teil nicht mehr angeboten werden. Hinzu kam ein Mangel an Krebsmedikamenten und anderen wichtigen Medizinprodukten aufgrund unterbrochener Lieferketten, der Schließung der Landesgrenzen und einer verringerten Produktion. Nicht zuletzt die Krebsforschung wurde in Südafrika erheblich zurückgefahren.[14]

Mit unserem Projekt „Globale Folgen der Pandemie“[15] werden wir weiterhin im Auge behalten wie sich die Lage der Gesundheitsversorgung in Südafrika und anderen Ländern entwickelt. Mehr dazu können Sie im kommenden Frühjahr auch in einem Pharma-Brief Spezial lesen.  (SB/CJ)

Artikel aus dem Pharma-Brief 10/2021, S.4
Straßenkreuzung STAY HOME © Discott K

[1] John Hopkins University of Medicine (2021) Global Map. Coronavirus resource center https://coronavirus.jhu.edu/map.html [Zugriff 23.11.21]

[2] Chitsamatanga, B and Malinga, W (2020) ‘A tale of two paradoxes in response to COVID-19’: Public health system and socio-economic implications of the pandemic in South Africa and Zimbabwe. Cogent Social Sciences 7 (1869368), p 1-19

[3 ]Medical Brief (2018) Africa Check puts together the numbers on doctor-patient ratios. www.medicalbrief.co.za/africa-check-puts-together-numbers-doctor-patient-ratios/ [Zugriff 23.11.21]

[4] WHO (2020) Global Tuberculosis Report 2020. Geneva

[5] Dorward J et al. (2021) The impact of the COVID-19 lockdown on HIV care in 65 South African primary care clinics: an interrupted time series analysis. Lancet HIV 8, p e158

[6] USAID (2020) USAID/South Africa Tuberculosis South Africa Project (TBSAP) Midterm Evaluation Report. Silver Spring

[7] Bolarinwa, O (2021) Factors associated with limited access to condoms and sources of condoms during the COVID-19 pandemic in South Africa. medRxiv, p. 1-19. doi: https://doi.org/10.1101/2020.09.11.20192849

[8] Health-E News (2021) Contraception in SA: What you need to know https://health-e.org.za/2021/09/27/contraception-in-sa-what-you-need-to-know/ [Zugriff 2.12.21]

[9] Aussage von Bibi-Aisha Wadvalla / Managing Director von Health E-News im Gespräch mit der BUKO Pharma-Kampagne im August 2021

[10] Adelekan T et al. (2020) Early Effects of the COVID-19 Pandemic on Family Planning Utilisation and Termination of Pregnancy Services in Gauteng, South Africa: March–April 2020. Wits Journal of Clinical Medicine; 2, p 145

[11] 2019: 14.577; April 2020 - März 2021: 23.000Save the children (2021) Teen pregnancies in South Africa jump 60% during COVID-19 pandemic. https://reliefweb.int/report/south-africa/teen-pregnancies-south-africa-jump-60-during-covid-19-pandemic [Zugriff 23.11.21]

[12] Mathews C. et al. (2021): HerStory 2: Process evaluation of the combination HIV prevention intervention for adolescent girls and young women (AGYW), Global Fund grant period 2019 to 2022. Report 1/5: Overview of findings and combined recommendations, 1-92.

[13] Nnaji, C.; Moodley, J. (2021): Impact of the COVID-19 pandemic on cancer diagnosis, treatment and research in African health systems: a review of current evidence and contextual perspectives. Ecancer Medical Sciences 15 (1170), p. 1-10

[14 ]Addai, B.;  Ngwa, W. (2021): COVID-19 and cancer in Africa. Sciences 371 (6524), p. 25-27. DOI: 10.1126/science.abd1016

[15] https://bukopharma.de/de/globale-folgen-der-pandemie

 

 


Warum werden Profite statt Menschen geschützt?

Vor zwei Jahren wurde Covid-19 entdeckt, seit einem Jahr gibt es Impfstoffe. Doch große Teile der Weltbevölkerung sind vom Zugang ausgeschlossen. Konstruktive Vorschläge, die Produktion zügig auszuweiten, werden von wenigen Industrieländern blockiert, Deutschland gehört dazu. Jetzt rächt sich die global geringe Impfrate. Immer neue Virusvarianten machen auch vor reichen Ländern nicht halt.

Bereits die Delta-Variante des Virus war deutlich ansteckender als vorherige Covid-19 Typen. Sie verbreitete sich innerhalb kurzer Zeit weltweit. Seit kurzem ist die zuerst in Südafrika identifizierte Omikron-Variante in Europa angekommen. Noch ist unklar, welche Auswirkungen sie hat. Fest steht allerdings, dass eine schnelle Eindämmung der Pandemie wesentlich von hohen Impfraten überall auf der Welt abhängt. Dafür braucht es viele Impfdosen. Und die fehlen, denn die Patentinhaber beharren auf ihrem Recht, allein zu entscheiden, wo und wieviel Impfstoff produziert wird – obwohl die Entwicklung auf öffentlichen Erfindungen basiert und mit Milliardensummen für Forschung und Abnahmeversprechen abgesichert wurde.

Geradezu zynisch wirkt das Argument von Firmen und Politik, irgendwann im nächsten Jahr würde ja genügend Impfstoff produziert. Weder ist es sicher, dass das Versprechen Wirklichkeit wird, noch wird der Preis angemessen sein. Und letzteres ist auch von großer Bedeutung, da die Beschaffung von Impfstoffen über den globalen Verteilmechanismus COVAX mit öffentlichen Geldern finanziert werden muss.

„In der langen Geschichte der Pharmakonzerne ist ihr wichtigstes Anliegen, die Gewinne zu maximieren. Das ist ihr Geschäftsmodell. Um Gewinne zu maximieren, muss man das Angebot verknappen.“[1] - Wirtschaftsnobelpreisträger Josef Stieglitz

Das Herstellungsmonopol dient lediglich dazu, die Produktion zu beschränken und so möglichst hohe Preise zu sichern. Pfizer, Biontech und Moderna erzielen mit den Impfstoffen dieses Jahr nach Berechnungen der People's Vaccine Alliance einen Gewinn (!) von 34 Milliarden US$.[2]

Vorschläge lagen auf dem Tisch

Bereits im Mai 2020 brachte Costa Rica in die Weltgesundheitsversammlung einen sinnvollen Vorschlag ein: Man solle den für HIV-Medikamente existierenden Patentpool (MPP) auch für die damals noch zu entwickelnden Covid-19 Produkte zu nutzen und um Technologietransfern zu erweitern (C-TAP). Der Pool blieb aber bis vor einem Monat völlig leer,[3] kein einziger Impfstoff ist an den MPP lizensiert. Denn selbst diese (freiwillige) Lizensierung an den Patentpool wurde von reichen Ländern nicht unterstützt. Im Oktober 2020 stellten daher Indien und Südafrika den Antrag auf ein Aussetzen der Patentrechte für Covid-19 Produkte (Waiver) bei der Welthandelsorganisation (WTO). Während weit über 100 Staaten den Waiver unterstützen, blockieren einige Industrieländer. „Eine politisch erwirkte Freigabe der Patente halte ich für den falschen Weg“, sagte Bundeskanzlerin Merkel in ihrer Regierungserklärung vom 24.6.2021.[4]

WTO vertagt sich wegen Covid

"Das Vorenthalten von Impfstoffen ist im Grunde eine Fortsetzung des Kolonialismus mit anderen Mitteln." - Jörg Schaaber

Eigentlich sollte vom 30.11.-3.12.2021 die WTO in Genf tagen und eine Lösung für die Blockade beim Waiver finden. Wegen der neuen Corona-Reisebeschränkungen wurde das Treffen jedoch wenige Tage vor Beginn auf unbestimmte Zeit verschoben. Der politische Schaden ist groß. Denn mit der Vertagung rückt eine schnelle Lösung in weite Ferne, obwohl inzwischen auch die kleine aber mächtige Front der Waiver Gegner bröckelt. Sogar die USA können sich für einen Waiver erwärmen. Präsident Biden betonte kürzlich erneut, dass er sich dafür einsetzt: „Die Nachrichten über diese neue Variante [Omikron] macht es deutlicher denn je zuvor, warum die Pandemie nicht enden wird, bevor wir weltweit Impfungen haben.“[5]

Die Europäische Union setzt dagegen weiter auf Scheinlösungen. Kürzlich verkündete Handelskommissar Valdis Dombrovskis: „In den vergangenen Monaten hat sich die Europäische Union, in diesem Fall die EU-Kommission, innerhalb der WHO sehr engagiert, um zu diskutieren, wie wir Zwangslizenzen handhaben könnten.“[6] Dabei gehören Zwangslizenzen längst zum von der WTO erlaubten Instrumentarium, um Medikamente und Impfstoffe auch ohne Zustimmung des Patentinhabers produzieren zu können. Nur ist das Verfahren zeitraubend und unflexibel und deshalb in der aktuellen Krise untauglich.

Mary Robinson, ehemalige Präsidentin von Irland und UN-Menschrechtskommissarin, appelliert an die EU, die Blockade aufzugeben. Eine besondere Botschaft hat sie an Deutschland: „Deutschland, das mit der Förderung und Unterstützung des Biontech-Pfizer Impfstoffs der Welt einen enormen Dienst erwiesen hat, muss seine Schlüsselrolle spielen, indem es sich anderen europäischen Ländern anschließt, um ihn [den Waiver] Wirklichkeit werden zu lassen. Ich hoffe, dass die Regierung des kommenden Kanzlers Scholz diese frühe Gelegenheit, globale Führungsstärke zu zeigen, zu nutzen weiß.“[7]  (JS)

Der Zugang zu Covid-19-Impfungen ist global ungerecht verteilt. In den meisten afrikanischen Staaten liegt die Quote der voll Geimpften unter 10%, Schlusslicht ist die Demokratische Republik Kongo mit 0,06%.[8] In Deutschland sind dagegen 68,6% voll geimpft und 12,5% haben eine zusätzliche Boosterimpfung erhalten.[9]

Artikel aus dem Pharma-Brief 10/2021, S.1
Bild Weltkarte Zugang Covid-19-Impfungen © WHO, Datenstand 30.11.2021

[1] www.14dd5266c70789bdc806364df4586335-gdprlock/watch?v=dD8McADeWvs [Zugriff 1.12.2021]

[2] Oxfam (2021) Profit vor Weltgesundheit: 1000 Dollar Gewinn pro Sekunde für Pharmafirmen – aber kaum Impfstoff für einkommensschwache Länder. Pressemitteilung 16. Nov. www.oxfam.de/presse/pressemitteilungen/2021-11-16-profit-weltgesundheit-1000-dollar-gewinn-pro-sekunde-pfizer [Zugriff 1.12.2021]

[3] Pharma-Brief (2021) Molnupiravir: Öffentlich entdeckt – privat kassiert? Nr. 8-9, S. 4

[4] Tagesschau (2021) Regierungserklärung vor EU-Gipfel: Merkel verteidigt Patentschutz für Impfstoffe. 24. Juni www.tagesschau.de/inland/merkel-regierungserklaerung-155.html

[5] Reuters (2021) U.S. President Biden calls for intellectual property protection waivers after Omicron discovery. 27 Nov www.reuters.com/business/healthcare-pharmaceuticals/us-president-biden-calls-intellectual-property-protection-waivers-covid-19-2021-11-26

[6] Reiche M (2021) Streit über Patente: Zwangslizenzen für Corona-Impfstoff? Tagesschau 1.12.2021 www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/patente-freigabe-corona-impstoff-101.html [Zugriff 1.12.2021]

[7] Robinson M (2021) Vaccine waiver is a moment of truth for EU values. Politico 1 Dec www.politico.eu/article/vaccine-waiver-eu-values-coronavirus

[8] WHO (2021) WHO Coronavirus dashboard. Datenstand 30.11.2021 https://covid19.who.int/ [Zugriff 1.12.2021]

[9] RKI (2021) Tabelle mit den gemeldeten Impfungen nach Bundesländern und Impfquoten nach Altersgruppen. Datenstand 1.12.2021 www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Impfquotenmonitoring.xlsx

 


Der Pharma-Brief 10/2021 widmet sich folgenden Themen und erscheint ab jetzt im neuen bunten Gewand:

Covid-19: Globales Versagen
Warum werden Profite statt Menschen geschützt?

Vor zwei Jahren wurde Covid-19 entdeckt, seit einem Jahr gibt es Impfstoffe. Doch große Teile der Weltbevölkerung sind vom Zugang ausgeschlossen. Konstruktive Vorschläge, die Produktion zügig auszuweiten, werden von wenigen Industrieländern blockiert, Deutschland gehört dazu. Jetzt rächt sich die global geringe Impfrate. Immer neue Virusvarianten machen auch vor reichen Ländern nicht halt. Weiterlesen

WHO Pandemie-Vertrag – Fortschritt oder Placebo?

Eine Sondersitzung der Weltgesundheitsversammlung hat den Auftrag zur Erstellung eines Pandemievertrags erteilt. Damit soll die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bessere Instrumente an die Hand bekommen, um auf Pandemien reagieren zu können. Aber bis dahin ist der Weg noch weit und voller Klippen. Weiterlesen

Südafrika: Bei HIV, TB und Krebs schlechter versorgt
Pandemie und Lockdown brachten massive Einschränkungen

Südafrika hatte von allen afrikanischen Ländern mit Abstand die höchsten Infektionsraten und Todesfälle durch COVID-19. Fast 90.000 Menschen starben, trotz rigider Lockdown-Maßnahmen. Viele Bereiche der Gesundheitsversorgung wurden durch die Pandemie eingeschränkt, etwa die Behandlung und Früherkennung von TB, HIV oder Krebs. Stark beeinträchtigt waren auch Dienste für sexuelle und reproduktive Gesundheit. Weiterlesen

Gesundheit im Zeichen globaler Ungleichheit
Memento Preisverleihung 2021 mit Dr. Ayoade Olatunbosun-Alakija

Gleich drei Memento Preise wurden am 2. Dezember in einer digitalen Zeremonie vergeben. In der Veranstaltung wurden die dramatischen Herausforderungen deutlich, mit denen die Weltgemeinschaft konfrontiert ist – und auch die große Verantwortung Deutschlands. Die Keynote für den Abend kam live aus Nigeria. Weiterlesen

Aus aller Welt

  • J&J: Trennung wegen Asbest?
  • Omikron: Die Botin bestrafen
  • Pandemiefolge: Schulverlust
  • Covid-Impfung: Pfizers Macht
  • Deutschland: Forschungskultur

Download: Pharma-Brief 10/2021 [PDF/618kB]


Warum Peter Gøtzsche aus Cochrane ausgeschlossen wurde

Der dänische Mediziner Peter Gøtzsche war bei Cochrane von Anfang an dabei. Im September wurde er mit knapper Mehrheit ( 6 : 5, 1 Enthaltung) aus dem Vorstand ausgeschlossen, kurz darauf wurde ihm die Mitgliedschaft aberkannt. Dahinter steckt mehr als ein angeblich zu rüder Ton.

Die Cochrane Collaboration wertet die Ergebnisse klinischer Studien in systematischen Übersichtsarbeiten (Systematic Reviews) aus und spielt deshalb eine wichtige Rolle in der Bewertung des Nutzens von Arzneimitteln. Dabei war die Organisation nicht immer frei von Interessenkonflikten. Bis vor 15 Jahren konnten sogar Hersteller Reviews finanzieren, was zu zweifelhaften Ergebnissen führte.[1] Aber auch die aktuellen Statuten der Organisation von 2014 schließen Probleme nicht aus, Personen mit Interessenkonflikten dürfen im Review-Team lediglich nicht die Mehrheit stellen.Peter Gøtzsche (C) J.Schaaber

Peter Gøtzsche leitete das nordische Cochrane-Zentrum in Kopenhagen. Erst 2017 war er in den Cochrane-Vorstand gewählt worden. Bei seiner Vorstellung hatte er die klare Ansage gemacht, dass er sich für striktere Regeln einsetzen werde. Das bescherte ihm die meisten Stimmen. Dass Gøtzsche Ernst machte, hat aber manchem in der Leitungsstruktur von Cochrane nicht gefallen. So kritisierte er im Sommer detailliert den Review zur HPV-Impfung wegen fehlender Daten und Interessenkonflikten der AutorInnen.[2]

Die Cochrane-Leitung machte den Rauswurf aber nicht an inhaltlicher Kritik fest, sondern an angeblichem persönlichen Fehlverhalten wie „schlechtem Benehmen“ oder der unberechtigten Nutzung des Namens Nordic Cochrane Center bei bestimmten Anlässen. Die Auseinandersetzung ist inzwischen in weiten Teilen  öffentlich.[3] Obwohl die Cochrane-Leitung schwere persönliche Vorwürfe gegen Gøtzsche erhebt, weigert sie sich, Beweise für das Fehlverhalten vorzulegen – angeblich, um die Interessen Dritter, aber auch Gøtzsches zu schützen. Einblick in diese Argumentation bietet die Dokumentation eines Webinars, das die Cochrane-Leitung als Reaktion auf die breite Kritik an Gøtzsches Rauswurf veranstaltete.[4]

Am 28. September sagte sich Gøtzsche von Cochrane los und erklärte das Nordische Cochrane Center für unabhängig. Die Leitung von ­Cochrane wandte sich daraufhin an die dänische Regierung, die das Center finanziert.4 Anfang November wurde Gøtzsche ohne Begründung gekündigt und die Leitung des Nordischen Cochrane Center wurde ihm entzogen,[5] obwohl WissenschaftlerInnen aus aller Welt, darunter bekannte Personen wie John P.A. Ioannidis,[6] die dänische Gesundheitsministerin aufgefordert hatten, diese Entscheidung noch einmal zu über­denken.

Bleibt zu hoffen, dass der Vorfall wenigstens dazu führt, dass die Unabhängigkeit Cochranes intensiver debattiert wird. David Hammerstein, der aus Protest gegen Gøtzsches Rauswurf aus dem Cochrane-Vorstand zurücktrat, hat die Ereignisse in einem lesenswerten Beitrag zusammengefasst. Der Titel könnte Programm sein: „Erneuert Cochrane, um die Produktion von vertrauenswürdiger Evidenz zum Nutzen des Gemeinschaftsguts öffentlicher Gesundheit zu stärken.“[7]

 

Artikel aus dem Pharma-Brief 8-9/2018, S.7
Bild Peter Gøtzsche © Jörg Schaaber

[1] arznei-telegramm (2018) Was ist los im Cochrane-Leitungsgremium?; 49, S. 82

[2] Pharma-Brief (2018) PHV-Impfung: Verzerrte Übersicht. Nr. 7, S. 8

[3] Nachzulesen auf der Website von Peter Gøtzsche mit zahlreichen links zu Dokumenten: www.deadlymedicines.dk

[4] Cochrane (2018) Ohne Titel. https://community.cochrane.org/sites/default/files/uploads/Governing%20Board%20Webinars%20Oct%202018%20Questions%20and%20Answers.pdf

[5] Bro N (2018) Professorer laver underskriftsindsamling til støtte for Gøtzsche. Sundhedspolitisk Tidsskrift. 6. Nov. https://sundhedspolitisktidsskrift.dk/nyheder/1472-professorer-laver-underskriftsindsamling-til-stotte-for-gotzsche.html

[6] https://7905d1c4e12c54933a44d19fcd5f9356-gdprlock/sgdambrauskas/status/1064109964296372225/photo/1

[7] Hammerstein D (2018) Regenerate Cochrane to strengthen the production of trusted evidence for the common good of public health. No gracias, 8 Okt. www.nogracias.eu/2018/10/08/regenerate-cochrane-to-strengthen-the-production-of-trusted-evidence-for-the-common-good-of-public-health-by-david-hammerstein  [Zugriff 19.11.2018]


Neuer Online-Kurs der Pharma-Kampagne zu Diabetes im globalen Süden

Die Weltgesundheitsorganisation WHO listet Diabetes als eine der zehn häufigsten Todesursachen weltweit. Gerade ärmere Länder sind immer stärker betroffen. Doch die deutsche Entwicklungszusammenarbeit (EZ) wird dieser neuen Herausforderung kaum gerecht. Die BUKO Pharma-Kampagne hat einen E-Learning Kurs erstellt, der Abhilfe schaffen und EZ-MitarbeiterInnen für die Thematik sensibilisieren will. Pünktlich zum Weltdiabetestag am 14. November gingen die neuen Lernmaterialien online.

Diabetes als Wohlstandskrankheit des globalen Nordens – dieses Bild ist längst hinfällig. Globalisierung und Urbanisierung haben für steigende Diabetesraten rund um den Globus gesorgt. 1980 zählte die WHO 100 Millionen Zuckerkranke, heute sind es rund 422 Millionen. Mehr als 80% der Betroffenen leben mittlerweile in Ländern niedrigen und mittleren Einkommens. Eine BUKO-Umfrage unter deutschen Nichtregierungsorganisationen (NGO) zeigte auf, dass MitarbeiterInnen der medizinischen und humanitären Hilfe diese Veränderungen in ihren Projekten spüren. Gleichzeitig offenbarten sich jedoch deutliche Lücken in den Programmen der NGOs, etwa bei Diabetes in der Schwangerschaft oder dem Zusammenhang zwischen Diabetes und Tuberkulose.

Der neue Online-Kurs richtet sich daher an Personen, die im globalen Süden in Gesundheitsprojekten tätig sind oder in Deutschland zuständig für deren Konzeption und Management. Aber auch politische Akteure werden angesprochen, ebenso wie Projektförderer und Geldgeberorganisationen der Entwicklungszusammenarbeit. Das Lernmodul soll dazu beitragen, die Versorgung von PatientInnen, aber auch die Prävention im globalen Süden zu verbessern. Das neue Diabetes-Tool ist bereits der dritte Online-Kurs der BUKO Pharma-Kampagne. 2015 erschien unser E-Learning-Kurs zum Thema Verhütung, 2016 wurde ein Kurs zu Antibiotikaresistenzen veröffentlicht. Der neue Kurs ist frei zugänglich hier. Nach erfolgreicher Bearbeitung erhalten AbsolventInnen des Kurses ein Zertifikat.Diabetes-Tool

Sechs Module vermitteln einen facettenreichen Überblick zur Erkrankung Diabetes. Jeder Abschnitt wird mit einem Erklärvideo eingeleitet. Das Tool führt dabei von medizinischem Grundwissen über die Diagnose bis hin zu einer rationalen Antidiabetika-Auswahl. Berichte aus dem globalen Süden – aus großen Staaten wie Nigeria, aber auch aus kleinen Ländern wie Tonga veranschaulichen lokale Besonderheiten, Ursachen und Folgen des Diabetes mellitus. Auch verschiedenartige politische Gegenmaßnahmen finden Erwähnung, etwa im Bereich Ernährung (Chile) oder Management von Komorbiditäten (Malawi). Praktische Hilfestellungen für die Zielgruppen runden den Kurs ab. TeilnehmerInnen können ein Zertifikat erhalten, wenn sie sich anmelden und Fragen zu den Modulinhalten beantworten.

Zur Konzeption und inhaltlichen Gestaltung des Tools veranstaltete die Pharma-Kampagne in Bielefeld drei ExpertInnentreffen mit Fachkräften aus Pharmazie, Entwicklungshilfe, medizinischer Nothilfe und Wissenschaft.

Der Weltdiabetestag bildete den passenden thematischen Rahmen für die Veröffentlichung des Lern-Werkzeugs. Seit 2006 wird der Aktionstag offiziell von den Vereinten Nationen begangen. Dabei markiert das Datum, der 14. November, den Geburtstag von Sir Frederick Banting. Er entdeckte 1922 zusammen mit Kollegen das ­Insulin.  (MK)


Hier finden Sie eine separate Auflistung des Pharma-Brief Spezial. Dies sind Sonderausgaben, die sich auf unterschiedliche Themenschwerpunkte konzentrieren.

Pharma-Brief Archiv

Unsere Fachzeitschrift Pharma-Brief erscheint acht Mal pro Jahr und bietet gut recherchierte Beiträge rund um das Thema globale Gesundheit. Sie informiert über Zugangsprobleme bei Medikamenten, Arzneimittelrisiken und Nutzenbewertung, mangelnde Transparenz des Arzneimittelmarktes, vernachlässigte Krankheiten, illegale Pharmageschäfte, internationale Gesundheitspolitik und auch über Projekte der BUKO Pharma-Kampagne. Zweimal jährlich erscheint außerdem eine Doppelausgabe mit dem Pharma-Brief Spezial als Beilage. Die Broschüren beleuchten jeweils ein Schwerpunktthema.
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