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Analyse von “Breakthrough Therapies” in den USA ernüchternd

Mit dem “Breakthrough Therapy Program” hatten die USA 2012 das vierte Programm für eine beschleunigte Arzneimittelzulassung verabschiedet. Aber stellen die auf diesem Weg zugelassenen Medikamente wirklich einen therapeutischen Fortschritt dar? Dieser Frage gingen drei Wissenschaftler der Yale University in den USA nach.[1]

Von 2013 bis 2017 wurden 46 Medikamente als “Breakthrough Therapy” zugelassen – als Therapien also, denen ein bedeutender medizinischer Durchbruch bescheinigt wird. Das sind viel mehr als erwartet. Die US-Behörde FDA hatte mit zwei solcher Zulassungen pro Jahr gerechnet.

Für die 46 Wirkstoffe wurden 89 klinische Studien eingereicht. Über die Hälfte der Zulassungen stützt sich also auf nur eine einzige Arzneimittelstudie. Und auch die Qualität der Studien lässt oft zu wünschen übrig. Denn gemessen wurden meist (78,3%) nur Surrogatendpunkte, also keine für die PatientInnen relevanten Ergebnisse wie eine längere Überlebensdauer, die Reduzierung von Krankheitssymptomen oder eine Verbesserung der Lebensqualität.

Datenlage mau

Für 41,3% der Medikamente gab es keine randomisierten Studien, weniger als die Hälfte waren verblindet. Beides ist eigentlich wissenschaftlicher Standard, um Verzerrungen zu vermeiden. Zum Teil wurden Vergleichsdaten aus älteren Studien herangezogen (historischer Vergleich) oder es wurde mit gar nichts verglichen. Letzteres war bei den 25 Krebsmedikamenten, die als potenzieller Durchbruch eingestuft wurden, auffällig häufig der Fall: Nur 10 dieser Mittel wurden gegen ein anderes Medikament oder gegen Pla­cebo getestet.

Auch die PatientInnenzahl war in vielen Studien gering. Das betraf – wenig überraschend – besonders die Orphan Drugs gegen seltene Erkrankungen, die 30 der 46 Breakthrough Therapies ausmachten.

Evidenz unbefriedigend

Was die Sache noch schlimmer macht: Die Evidenz bleibt auch Jahre später noch immer unbefriedigend. Entweder weil bessere Daten gar nicht erst generiert werden, oder weil weitere Studien ergaben, dass sich die ursprünglichen Hoffnungen nicht erfüllen. Kim und Prasad hatten 2015 gezeigt, dass bei Krebsmedikamenten, die von 2008 bis 2012 auf Basis von Surrogaten zugelassen worden waren, vier Jahre später[2] bei der Hälfte klar war, dass sie keinen Überlebensvorteil bieten. Nur bei 14% der Medikamente bestätigten sich die Erwartungen und bei 36% war der Nutzen immer noch unklar.[3]

Bereits 2014 übten Wissenschaftler scharfe Kritik an dem Breakthrough Therapy Program.[4] Denn nach dem Start im Jahr 2013 wurden innerhalb von nur neun Monaten 27 Medikamente in das Beschleunigungsprogramm aufgenommen. Angesichts des bis dato üblichen Schnitts von jährlich 25 Zulassungen sei das aber „kein Hinweis auf eine plötzliche und dramatische Zunahme im Tempo der pharmazeutischen Innovation“, so Darrow und Kollegen. „Eine andere Interpretation für die schnelle Popularität dieses Programms ist, dass es den Anschein von Fortschritt erzeugt und gleichzeitig die Sichtbarkeit von vielversprechenden Produkten im frühen Entwicklungsstadium erhöht. Diese Arzneimittel bieten PatientInnen aber nicht häufiger einen großen Nutzen als das vor der Einführung des Gesetzes der Fall war. Die Zuordnung zur Breakthrough Therapy wird wahrscheinlich auch den öffentlichen Druck auf die FDA erhöhen, solche Produkte am Ende zuzulassen.“  (JS)

USA Beschleunigungsverfahren[5]

Accelerated approval (1992) Durch die Verwendung von Surrogatindikatoren statt harten klinischen Endpunkten können Studien schneller abgeschlossen und so die Zulassung beschleunigt werden.

Priority review (1992) Zulassungsentscheidung innerhalb von 6 statt 10 Monaten

Fast-track (1997) und Breakthrough therapy program (2012) erlauben eine kürzere Studiendauer. Das zweite Programm beinhaltet zusätzlich eine frühe Beratung des Herstellers durch leitende FDA-MitarbeiterInnen und intensive Unterstützung während des gesamten Zulassungsprozesses.

 

Artikel aus dem Pharma-Brief 8-9/2018, S.5

[1] Puthumana J et al. (2018) Clinical Trial Evidence Supporting FDA Approval of Drugs Granted Breakthrough Therapy Designation. JAMA; 320, p 301

[2] Im Median 4,4 Jahre nach Zulassung

[3] Kim C and Prasad V (2015) JAMA Int Med; 175, p 1992

[4] Darrow JJ et al. (2014) New FDA Breakthrough-Drug Cate­gory – Implications for Patients. N Engl J Med 370; p 1252

[5] Hwang TJ et al. (2017) The FDA’s Expedited Programs and Clinical Development Times for Novel Therapeutics, 2012-2016. JAMA; 318, p 2137


Frühe Warnzeichen bei Schweinegrippeimpfstoff ignoriert

Als 2009 weltweit die Schweinegrippe grassierte, empfahl die Weltgesundheitsorganisation Massenimpfungen. Die Entscheidung war stark umstritten, denn es hatte sich früh gezeigt, dass die Grippeepidemie damals eher milder verlief als in anderen Jahren.[1] Der Impfstoff Pandemrix®, der in vielen Ländern verwendet wurde, löste zudem bei manchen Menschen heftige Gegenreaktionen aus. Durch ein Gerichtsverfahren sind jetzt Dokumente öffentlich geworden, die kein gutes Licht auf den Umgang mit Risiken durch Hersteller und Behörden werfen.[2]

Die Bundesregierung hatte 2009 50 Millionen Dosen Pandemrix® geordert.[3] Der Impfstoff enthielt den Wirkverstärker AS03, dadurch konnte laut Hersteller GSK mit weniger Grippe-Antigen eine ähnliche Wirksamkeit erzeugt werden wie bei traditionell hergestellten Impfstoffen, die nur das Antigen enthalten. Der Vorteil: Der Impfstoff konnte wesentlich schneller hergestellt werden, denn die Produktion von Antigenen ist zeitraubend. Der Haken an der Sache: Die Verträglichkeit des Wirkverstärkers war nicht gut untersucht. Es gab schon früh den Verdacht, dass er überschießende Immunreaktionen auslösen könnte.[4] Auch Narkolepsie, also unkontrollierbare plötzliche Schlafattacken, wurden mit Pandemrix® in Verbindung gebracht.

Vorgeschichte

Schweden kam bereits 2010 zu dem Schluss, dass Pandemrix® in seltenen Fällen eine Narkolepsie auslösen kann und nahm die Impfempfehlung für diesen Wirkstoff zurück.[5] Basis war eine Untersuchung der Zulassungsbehörde, die sich auf Meldungen zu unerwünschten Wirkungen stützte.[6] Eine nachträgliche Analyse in Finnland ergab für Kinder zwischen 3 und 18 Jahren ein 12,7-fach erhöhtes Risiko an Narkolepsie zu erkranken, wenn sie mit Pandemrix® geimpft waren. Pro 16.000 Kindern trat ein zusätzlicher Fall an Narkolepsie auf.[7] Eine 2013 in England durchgeführte Analyse kam zu ähnlichen Ergebnissen. Beide Studien beschränkten sich auf den Zeitraum bis Ende 2010, also bevor die Medien in den Ländern über einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Impfstoff und Narkolepsie berichteten.

Im Zuge der Impfwelle 2009/2010 hatten die Behörden in Deutschland und England die Öffentlichkeit immer wieder beschwichtigt: Der Impfstoff mit Wirkverstärker habe keine höheren Risiken und sei gründlich getestet.[8],[2] Das entsprach aber nicht den Tatsachen. Weder war der Wirkverstärker ausreichend geprüft worden noch die tatsächlich verwendeten H1N1-Antigene. Die Zulassung beruhte auf einem nie eingesetzten Impfstoff gegen die Vogelgrippe. Die Antigene waren ohne weitere Überprüfung einfach ausgetauscht worden. Der Vogelgrippe-Impfstoff war an wenigen Gesunden getestet worden und dabei hatte sich gezeigt, dass der Impfstoff mit Wirkverstärker mehr unerwünschte Ereignisse auslöste als ein Produkt ohne diesen Zusatzstoff.[9]

Opfer klagt

Eine Frau aus Irland, die nach Pandemrix®-Impfung 2009 an Narkolepsie erkrankte, verklagte den Staat und den Hersteller GSK. Letztes Jahr erhielt das Gericht und damit auch die Klägerin die Sicherheitsberichte zum Impfstoff. Die Dokumente waren zwischen Dezember 2009 und März 2010 innerhalb der Firma im Umlauf und sind zumindest an die irische Kontrollbehörde geschickt worden. Der von der Klägerin hinzugezogene Experte, der angesehene Mediziner und Epidemiologe Tom Jefferson, sagte: „Als ich die Tabellen sah, bin ich beinah vom Stuhl gefallen. Jeder Verbraucher kann erkennen, was hier los ist.“[2] „Das Erstaunliche war, dass niemand die Daten ausgewertet hatte“, so Jefferson, obwohl die Zahl der unerwünschten Wirkungen und der verwendeten Impfdosen bekannt war.

GSK hatte bis Ende November 2009 bereits 1.138 Berichte über schwere unerwünschte Wirkungen (UAW) zu Pandemrix® erhalten. Bis März 2010 war die Zahl auf 5.069 angestiegen, das entspricht 72 schweren UAW pro einer Million Impfdosen. Das eigentlich Überraschende ist aber, dass das in einem anderen Land von GSK für andere Märkte hergestellte Arepanrix®, das ebenfalls den Wirkverstärker enthielt, deutlich seltener mit unerwünschten Wirkungen in Verbindung gebracht wurde: Schwere UAW waren bei Pandemrix® fünfmal so häufig. Die Zahlen von GSK sind allerdings insofern mit etwas Vorsicht zu genießen, weil GSK die Werte von Arepanrix® und einem Impfstoff ohne Wirkverstärker zusammengeworfen hat.

Das ändert nichts daran, dass bei der Firma und den Zulassungsbehörden die Alarmglocken hätten schrillen müssen, denn offensichtlich war Arepanrix® und erst recht der Impfstoff ohne Wirkverstärker viel besser verträglich. Eine mögliche Teilerklärung ist, dass bei dem in Dresden produzierten Pandemrix® möglicherweise bei der Produktion etwas schief gegangen ist. Nachfragen des BMJ beantwortete GSK mit Hinweis auf das laufende Gerichtsverfahren nicht.

Eine spannende Frage ist, warum weder die europäische Zulassungsbehörde EMA noch nationale Behörden etwas unternahmen (mit Ausnahme von Schweden), obwohl die Hersteller verpflichtet sind, Berichte über unerwünschte Wirkungen zeitnah mitzuteilen. Die europäische Behörde beschied dem BMJ: „Die EMA führt keine vergleichenden Nutzen-Risiko Bewertungen zwischen in der EU zugelassenen Produkten oder mit Produkten, die außerhalb der EU genehmigt sind, durch.“[2] Auf diese Aussage reagierte Tom Jefferson mit Unverständnis: „Was ist der Sinn von Pharmakovigilanz, wenn niemand etwas mit der Information anfängt? Es brauchte acht Jahre, dass diese Information durch wissenschaftliche Recherchen und Schadensersatzprozesse ans Licht kam. Ist das akzeptabel? Dass wir nur über einen Teil der Informationen verfügen, ist das unmittelbare Ergebnis von Geheimnistuerei, die keine gesundheitspolitische Maßnahme umgeben sollte.“

Peter Doshi, Autor des Berichts im BMJ, fragt am Schluss. „Welche unerwünschten Wirkungen sie auch immer verursacht haben, sie sind Impfstoffe der Vergangenheit. Aber die Ereignisse 2009-2010 werfen grundlegende Fragen zur Transparenz von Informationen auf. Wann haben die Gesundheitsbehörden die Pflicht, vor unerwünschten Wirkungen von Impfstoffen zu warnen, die durch Pharmakovigilanz entdeckt wurden? Mit wie vielen Details sollte die Öffentlichkeit versorgt werden und sollte das aktiv oder nur auf Nachfrage erfolgen? Wenn sich Geschichte wiederholen sollte, hat die Öffentlichkeit ein Recht auf Wissen?“  (JS)

Die Zeche berappt der Steuerzahler

Auch kostenmäßig war Pandemrix  ® eine schlechte Wahl, denn für den Wirkverstärker berechnete die Firma einen höheren Preis als für das eigentlich Antigen. In Deutschland waren nach Berechnungen des arznei-telegramms die Kosten für den Grippeimpfstoff 150 Mio. € höher als für einen Impfstoff ohne Wirkverstärker.[2] Ganz zu schweigen davon, dass am Ende große Mengen des Impfstoffs entsorgt werden mussten, denn während die Schweinegrippe grassierte, ließen sich nur Wenige impfen. Später wurde der Impfstoff nicht mehr benötigt, weil inzwischen andere Grippeviren im Umlauf waren. 2011 war außerdem die Haltbarkeit abgelaufen. Von den 34 Mio. Impfungen, die die Bundesrepublik eingekauft hatte, wurden 29 Millionen im Wert von einer Viertelmilliarde Euro vernichtet.[10]

 

Artikel aus dem Pharma-Brief 8-9/2018, S.3

[1] Pharma-Brief (2010) Grippe: Vorwürfe gegen die WHO. Nr. 1, S. 8

[2] Doshi P (2018) Pandemrix vaccine: why was the public not told of early warning signs? BMJ; 362, p k3948

[3] arznei-telegramm (2009) H1N1: Fehleinschätzungen, Haftungsfreistellung und viel Geld; 40, S. 85

[4] arznei-telegramm (2009) Schweinegrippe: Alles im Griff?; 40, S. 77

[5] Miller E et al. (2013) Risk of narcolepsy in children and young people receiving AS03 adjuvanted pandemic A/H1N1 2009influenza vaccine: retrospective analysis. BMJ; 346, p f794

[6] Medical Products Agency (2011) Occurrence of narcolepsy with cataplexy among children and adolescents in relation to the H1N1 pandemic and Pandemrix vaccinations. Results of a case inventory study by the MPA in Sweden 2009-2010. www.lakemedelsverket.se/upload/nyheter/2011/Fallinventeringsrapport_pandermrix_110630.pdf

[7] Nohynek H et al. (2012) AS03 Adjuvanted AH1N1 Vaccine Associated with an Abrupt Increase in the Incidence of Childhood Narcolepsy in Finland. doi.org/10.1371/journal.pone.0033536

[8] Hackenbroch V und Traufetter G (2009) Immun gegen die Impfung. Der Spiegel online. 19. Okt. www.spiegel.de/spiegel/a-655762-3.html

[9] arznei-telegramm (2009) Schweinegrippe: Alles im Griff? ; 40, S. 77

[10] arznei-telegramm (2011) Schweinegrippeimpfstoffe für eine viertel Milliarde Euro in den Müll; 42, S. 71


Betroffene brasilianische Frauen gehen leer aus

Vor 20 Jahren kam das Verhütungsmittel Essure auf den Markt. Die Spiralen, die in die Eileiter eingeführt wurden, sollten als Ersatz einer chirurgischen Sterilisation dienen und angeblich risikoärmer sein. Doch die Erwartungen erfüllten sich nicht, viele Frauen klagten über Schmerzen oder starke Blutungen, teilweise brachen die Spiralen und mussten operativ entfernt werden. 2018 stellte Bayer den Vertrieb von Essure in Europa[1] und ein Jahr später auch in den USA ein. Zu diesem Zeitpunkt waren in den USA schon Zehntausende Klagen von geschädigten Frauen gegen den Hersteller anhängig. Im August 2020 zahlte Bayer den Betroffenen in den USA 1,35 Milliarden Euro – ohne aber seine Schuld anzuerkennen.[2]

Ganz anders in Brasilien, wo ebenfalls etliche Frauen erhebliche Nebenwirkungen durch Essure erlitten hatten. Hier lehnt Bayer Entschädigungen ab, wie die Tagesschau auf Nachfrage erfuhr. Die Firma begründet ihr unterschiedliches Verhalten damit, dass „die Einigung in den USA eine kommerzielle Entscheidung widerspiegelt, die zum großen Teil von den einzigartigen Aspekten des US-amerikanischen Rechtssystem abhängt, einschließlich der hohen Kosten von US-Rechtsstreitigkeiten.“ [3] Man kann das auch so lesen: Wo es eine patientinnenfreundliche Gesetzgebung gibt, wird bei Schäden gezahlt, wo nicht, zeigt man den Betroffenen die kalte Schulter. 300 brasilianische Frauen wollen jetzt den Konzern in Deutschland verklagen.  (JS)

Der Artikel erschien zuerst in GPSP 6/2021
Artikel aus dem Pharma-Brief 8-9/2021, S. 6

 

[1] In Deutschland ist die Sterilisation eine seltene Verhütungsmethode, und vermutlich wurden hierzulande nur einigen hundert Frauen Essure-Spiralen eingesetzt.

[2] FAZ (2020) Bayer zahlt Klägerinnen in Amerika 1,35 Milliarden Euro. 20.8. www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/essure-bayer-zahlt-klaegerinnen-in-usa-1-35-milliarden-16914554.html  [Zugriff 7.10.2021]

[3] Ebert M (2021) Wir waren Versuchskaninchen. Tageschau.de 25.9. www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/bayer-essure-klagen-101.html  [Zugriff 7.10.2021]


Alle zwei Jahre tagt üblicherweise das höchste Entscheidungsgremium der Welthandelsorganisation (WTO). Das jüngste Treffen der MinisterInnen-Konferenz war ursprünglich für Juni 2020 in Kasachstan geplant, findet aber stattdessen mit über einem Jahr Verspätung von Ende November bis Anfang Dezember in der Schweiz statt. Es böte die Gelegenheit, einen Befreiungsschlag beim Thema „Patent Waiver“ – also dem temporären Verzicht auf geistige Eigentumsrechte für Covid-19 Produkte – herbeizuführen. Nach mehr als dreizehn Monaten Debatte und rücksichtsloser Blockade einiger weniger Staaten, darunter auch Deutschland (wir berichteten[1]), ist jedoch unklar, wie noch zeitnah Bewegung in den festgefahrenen Prozess kommen könnte. Und das angesichts einer grotesken Ungleichheit in der globalen Verteilung von Covid-19-Impfstoffen.

Gegner des Waiver-Entwurfs setzen auf das Anziehen der globalen Impfstoff-Produktion in den kommenden Monaten und die Möglichkeit von Zwangslizenzen. Entsprechende EU-Vorschläge bleiben allerdings in den Augen kritischer Betrachterinnen weitgehend nutzlos.[2] Zuletzt zeigte sich die norwegische Verhandlungsführung im TRIPS Council offenbar frustriert vom lähmenden Status-quo.[3] Dennoch finden sich auch Meldungen mit etwas optimistischeren Einschätzungen, etwa einer angeblichen Annäherung zwischen Südafrika und der EU.[4] Offenbar versucht die WTO-Führung zudem, durch die Verabschiedung eines „Gesundheitspakets“ bei der MinisterInnen-Konferenz, wichtige Staaten wie Indien zur Zustimmung bei anderen umkämpften Themen zu gewinnen, etwa dem Ringen um ein Fischereiabkommen.[5] Das Treffen in Genf wird zeigen, ob sich die WTO überhaupt einen Rest von Handlungsfähigkeit bewahrt hat. (MK)

 

Artikel aus dem Pharma-Brief 8-9/2021, S. 5

[1] Pharma-Brief (2021) WTO: „Waiver“-Streit spitzt sich zu, Nr. 6, S. 8

[2] ‚t Hoen E & Boulet P (2021) The EU proposed Covid waivers of certain TRIPS rules are mostly meaningless. https://medicineslawandpolicy.org/2021/10/the-eu-proposed-covid-waivers-of-certain-trips-rules-are-mostly-meaningless/  [Zugriff 20.10.2021]

[3] Farge E (2021) A year after Covid vaccine waiver proposal, WTO talks are deadlocked. Reuters 4 Oct. www.reuters.com/article/us-health-coronavirus-wto-idAFKBN2GU1X7  [Zugriff 20.10.2021]

[4] Blenkinsop P et al. (2021) EU, South Africa hold „intense talks“ to break vaccine patent impasse. www.reuters.com/business/healthcare-pharmaceuticals/eu-south-africa-hold-intense-talks-break-vaccine-patent-impasse-2021-10-14/  [Zugriff 20.10.2021]

[5] The Times of India (2021) India, S Africa ask EU to break deadlock on Covid drugs, vax. 8 Nov. https://timesofindia.indiatimes.com/business/india-business/india-s-africa-ask-eu-to-break-deadlock-on-covid-drugs-vax/articleshow/87575225.cms  [Zugriff 8.11.2021]


spezial 2 21Vor vierzig Jahren wurde die BUKO Pharma-Kampagne aus der Taufe gehoben. In diesen Jahren ist so einiges passiert, vieles hat die Kampagne angestoßen und politisch bewegt. Die hier aufgeführte Chronologie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie gibt aber einen kleinen Einblick in zahlreiche Aktivitäten und Erfolge, die nur allzu leicht in Vergessenheit geraten.

 

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