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Covid-19 Medikament aus der Uni

Der Wirkstoff Molnupiravir könnte wichtig werden bei der Behandlung von Covid-19. Dass die Emory University den größten Teil dazu beigetragen hat, geht meist unter. Doch für die Diskussion um den Zugang spielt das eine bedeutende Rolle. Und der öffentliche Druck hat jetzt gewirkt: Der Medicines Patent Pool bekommt die Rechte für den Wirkstoff.

Noch ist nicht sicher, dass Molnupiravir die Erwartungen erfüllt, auch wenn die Presse begeistert darüber berichtet, dass der Wirkstoff die Sterblichkeit bei Covid-19 PatientInnen senken kann. Es liegen aber lediglich Daten vor, die der Anbieter MSD[1] auf einer Pressekonferenz nannte. Erst eine Publikation der Studie in einer Fachzeitschrift wird eine einigermaßen seriöse Einschätzung ermöglichen. Dann braucht es noch die Zulassung und eine Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation. Für den Fall, dass sich der Nutzen erhärtet, ist es aber wichtig, dass frühzeitig die Voraussetzungen für eine ausreichende Produktion geschaffen werden.

Wer forscht denn da?

In den Medien wird oft nicht einmal erwähnt, dass der Emory University in den USA das Hauptverdienst für die Entdeckung von Molnupiravir zukommt und auch MSD erwähnt die Rolle von Emory eher am Rande. Seit 2013 forscht die Uni an dem Wirkstoff gegen verschiedene Viren. Dabei zeigte sich, dass er im Tierversuch gegen Influenza, aber auch gegen das Coronavirus MERS hilft. Zu Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 entschied sich Emory, Molnupiravir an eine Pharmafirma zu lizensieren. Denn der Uni fehlte es an ausreichenden Kapazitäten zur schnellen Durchführung von klinischen Studien. Der Lizenznehmer Ridgeback Biotherapeutics ging zwei Monate später eine Kooperation mit dem Pharmamulti MSD ein. Die Studie, über die jetzt breit berichtet wird, begann im Juni diesen Jahres[2] und die Rekrutierung weiterer PatientInnen wurde nach einer geplanten Zwischenauswertung im Oktober vorzeitig gestoppt.[3]

Die Emory University hatte dagegen sechs Jahre lang mit Molnupiravir  und Vorgängersubstanzen umfangreiche vorklinische Studien gegen eine Reihe von Krankheitserregern durchgeführt und dafür staatliche Zuschüsse von schätzungsweise 35 Mio. US$ erhalten. Die Universität hat vier Patentanträge für den Wirkstoff eingereicht, darunter einen spezifisch als Arzneimittel gegen SARS-CoV-2. Wegen der öffentlichen Förderung besitzt auch die US-Regierung ein Zugriffsrecht auf Molnupiravir.[4] Das wurde aber offensichtlich nicht genutzt. Zwar haben sich die USA bereits 1,7 Millionen Therapieeinheiten des Medikaments gesichert, allerdings zu dem stolzen Preis von 712 US$ pro PatientIn. Das macht in der Summe rund 1,2 Milliarden US$. Der Vertrag enthält eine Option auf weitere Dosen für bis zu 2,5 Mrd. US$. Nur für den Fall, dass MSD das Produkt nicht mehr herstellt, hat sich die US-Regierung alle Rechte an Molnupiravir gesichert.[5] Das Vereinigte Königreich hat sich ebenfalls bereits Kontingente für eine halbe Million PatientInnen reserviert, der Preis ist nicht öffentlich bekannt.[6]

Enorme Gewinne

Melissa Barber (Harvard University) und Dzintars Gotham (Kings College, London) schauten sich die realen Lieferpreise für den reinen Wirkstoff (API) an.[7] Der durchschnittliche Kilopreis betrug 2.162 US$. Dabei handelte es sich um kleine Liefermengen von 1-20 kg. Ahlqvist und KollegInnen kalkulierten den Kilopreis für die API in der regulären Produktion mit 799 US$ und bei Recycling der notwendigen Lösungsmittel mit lediglich 427 US$.[8]

Barber und Gotham errechneten auf Basis der gegenwärtigen Lieferpreise Kosten von rund 20 US$ pro PatientIn – einschließlich 10% Gewinn und Steuern.[9] Damit stünden den von der US-Regierung mit MSD vereinbarten 1,2 Mrd. US$, gegenwärtig Produktionskosten von 34 Mio. US$ gegenüber, bei Massenproduktion und optimierten Prozessen wären es gerade einmal 7,4 Mio. US$. Wahrhaftig eine gewaltige Gewinnspanne.

Zugang – es tut sich was

Und wie sieht es mit dem Rest der Welt aus? Viel besser als bei den Covid-19 Impfstoffen, wo nur Oxford University und AstraZeneca einer indischen Firma frühzeitig eine Produktion für ärmere Länder gestattet hatten und bedeutende Impfstoffmengen in diesen Staaten auch angekommen sind.[10]

Zunächst hatte MSD acht indischen Generikafirmen Lizenzen für die Herstellung von Molnupiravir für Länder mit mittlerem und niedrigen Einkommen erteilt. Die genauen Bedingungen sind unbekannt.[11] MSD teilte lediglich mit, dass „die relativen Möglichkeiten der Länder, ihre Antwort auf die Pandemie zu finanzieren,“ berücksichtigt würden.[12]

Durchbruch für Pool

Ende Oktober kam dann vom Medicines Patent Pool (MPP) die Erfolgsmeldung: Molnupiravir ist das erste Covid-19-Medikament, für das der MPP die Lizenzrechte erhält, einschließlich des Zugriffs auf die Daten aus klinischen Tests. Damit können Generikafirmen den Wirkstoff unkompliziert und preiswert herstellen. Und das Beste: Solange die Pandemie nicht zu Ende ist, verzichtet MSD auf die übliche Lizenzgebühr. Danach beträgt sie 5% des Verkaufspreises für den öffentlichen Sektor und 10% für den privaten. Einziger Wermutstropfen: Zwar können die Medikamente in 105 Ländern genutzt werden,[13] aber stark von Covid-19 betroffene Länder mittleren Einkommens wie Brasilien, Argentinien und Peru gehören nicht dazu.[14]

Eigentlich war der MPP von der WHO von Anfang an dafür vorgesehen, günstige Lizenzen für Covid-19-Produkte einzusammeln. Doch bis jetzt blieb der Pool leer, weil die Hersteller den MPP boykottierten. Das fiel ihnen leicht, weil wichtige Industrieländer – darunter auch Deutschland – dem MPP ebenso die Unterstützung verweigerten wie einer temporären Aufhebung der Patentrechte durch die WTO (Waiver). Der Schutz der einheimischen Konzerne ist den reichen Ländern offensichtlich immer noch wichtiger, als die globale Versorgung mit Medikamenten und Impfstoffen. Doch der öffentliche Druck für den globalen Zugang nimmt massiv zu. Zuletzt haben sich auch hunderte WissenschaftlerInnen und hochrangige PolitikerInnen den Protesten angeschlossen. Es sieht so aus, als könne die Stimmung kippen. Angesichts von Tausenden durch Impfung und Behandlung vermeidbaren Todesfällen, ist das überfällig.  (JS)

 

Artikel aus dem Pharma-Brief 8-9/2021, S. 4

[1] In den USA und Kanada Merck Sharp & Dohme Corp. genannt

[2] https://clinicaltrials.gov/ct2/show/record/NCT04939428  [Zugriff 20.10.2021]

[3] www.merck.com/news/merck-and-ridgebacks-investigational-oral-antiviral-molnupiravir-reduced-the-risk-of-hospitalizationor-death-by-approximately-50-percent-compared-to-placebo-for-patients-with-mild-or-moderat  [Zugriff 20.10.2021]

[4] Abinader LG (2021) US government rights in patents on Molnupiravir, based upon funding of R&D at Emory University. KEI www.keionline.org/36648  [Zugriff 20.10.2021]

[5] Ardizzone K (2021) U.S. Government’s $1.2 Billion Contract for Merck’s Investigational COVID-19 Drug Molnupiravir Redacts IP Terms, Contains Donation Clause and Very Limited Technology Transfer License. KEI www.keionline.org/36698  [Zugriff 20.10.2021]

[6] Walker P and Sample I (2021) No 10 to buy new antiviral treatments for Covid in time for winter. Guardian 20 Oct. www.theguardian.com/world/2021/oct/20/no-10-to-buy-new-antiviral-treatments-for-covid-in-time-for-winter

[7] Lieferungen von Mai bis Juli 2021

[8] Ahlqvist GP et al. (2021) Progress Toward a Large-Scale Synthesis of Molnupiravir (MK-4482, EIDD-2801) from Cytidine. ACS Omega; 6, p 10396 https://doi.org/10.1021/acsomega.1c00772

[9] Barber MJ and Gotham D (2021) Estimated cost-based generic prices for molnupiravir for the treatment of COVID-19 infection. https://scholar.harvard.edu/melissabarber/publications/estimated-cost-based-generic-prices-molnupiravir-treatment-covid-19

[10] Anteil der tatsächlichen Lieferungen an Länder mit niedrigem und niedrigem mittleren Einkommen insgesamt (Direktverkäufe, Spenden und Covax. Stand 12.10.2021): Oxford/AstraZeneca 70,7%, Johnson&Johnson 30,1%, Moderna 12,8%, Biontech 5,9%. Quelle: Malpani R and Maitland A (2021) Dose of Reality: How rich countries and pharmaceutical corporations are breaking their vaccine promises. The People’s Vaccine. 20 Oct., p 25 www.oxfam.de/system/files/documents/a_dose_of_reality-briefing_note.pdf

[11] Guarascio F and Erman M (2021) Merck COVID-19 pill sparks calls for access for lower income countries. Reuters 17 Oct. www.reuters.com/business/healthcare-pharmaceuticals/merck-covid-19-pill-sparks-calls-access-lower-income-countries-2021-10-17

[12] MSD (2021) Merck Announces Supply Agreement with U.S. Government for Molnupiravir, an Investigational Oral Antiviral Candidate for Treatment of Mild to Moderate COVID-19. Press release 9 June www.merck.com/news/merck-announces-supply-agreement-with-u-s-government-for-molnupiravir-an-investigational-oral-antiviral-candidate-for-treatment-of-mild-to-moderate-covid-19/

[13] https://medicinespatentpool.org/licence-post/molnupiravir-mol#country-list0  [Zugriff 4.11.2021]

[14] Lei Ravelo J (2021) Merck expands manufacturing for molnupiravir. But questions remain. DEVEX, 28 Oct. www.devex.com/news/merck-expands-manufacturing-for-molnupiravir-but-questions-remain-101914 [Zugriff 4.11.2021]


Neue Podcast-Reihe mit Stimmen aus Afrika und Mexiko

In den letzten Wochen wurden mehrere Akteure aus dem globalen Süden im Rahmen des Bildungsprojektes „Großbaustelle Arzneimittelversorgung“ interviewt. Die BUKO Pharma-Kampagne sprach mit AkteurInnen aus ­Mexiko, Sierra Leone und Malawi sowie anderen afrikanischen Ländern über den Zugang zu Gesundheitsleistungen, Arzneimitteln und medizinischem ­Equipment.

In fünf Podcast-Folgen kommen die InterviewpartnerInnen zu Wort. Sie berichten anhand spannender Geschichten, welche Baustellen im globalen Süden existieren, wenn eine gerechte und rationale Arzneimittelversorgung in den Blick genommen wird, wie sie mit ihnen umgehen und welche Werkzeuge für kommende Bauarbeiten auf den Baustellen benötigt werden.Podcast arzneimittelversorgung

Zu Gast ist zum Beispiel Rajab Lawe aus Malawi. Er gibt Einblicke in seine Arbeit für action medeor. Der gelernte Pharmazeut ist für die Qualitätssicherung zuständig und kontrolliert akribisch bei jeder Medikamenten-Lieferung, ob alles in Ordnung ist und sorgt dafür, dass es auch dabei bleibt: „Wir haben in unseren Lagerhäusern hier in Malawi Temperaturkontrollsysteme. Wir verwenden einen Wifi-Logger, mit dem wir die Temperatur alle 15 Minuten in Echtzeit überwachen können. Es gibt also Alarme, die uns normalerweise benachrichtigen, sobald es eine Temperaturabweichung gibt.“

Susanne Schröder von den Driving Doctors in Sierra Leone berichtet, wie sie die Mutter-Kind-Gesundheit mit ihrem mobilen Versorgungsangebot verbessern. Auf unserer Seite stehen die Podcast-Folgen zur Verfügung – Reinhören lohnt sich!  (CK)

Artikel aus dem Pharma-Brief 8-9/2021, S. 3
Bild © Monstera, Bearbeitung Pharma-Brief


Neue WHO-Liste unentbehrlicher Arzneimittel

Am 1. Oktober wurde die 22. Ausgabe der Essential Medicines List (EML) veröffentlicht.[1] Einen besonderen Augenmerk legt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) darin auf nicht-übertragbare Erkrankungen (NCDs). Bemerkenswert: Die begleitende Forderung nach einer beratenden Arbeitsgruppe zu finanziellen Zugangshürden.

Alle zwei Jahre wird die Modellliste unentbehrlicher Arzneimittel aktualisiert. Seit 1977 führt sie die Präparate, die weltweit in Gesundheitssystemen jederzeit in adäquater Menge, guter Qualität und zu einem erschwinglichen Preis verfügbar sein sollten. Bereits zu Beginn der jüngsten Überarbeitung wurde jedoch eine Konfliktlinie deutlich, die bereits in der Vergangenheit Thema war.

Zwar waren zuletzt mehrere, selbst für reichere Länder finanziell schwer zu stemmende Präparate auf die Liste geholt worden, etwa gegen Hepatitis C.[2] Zivilgesellschaftliche Akteure kritisierten gleichwohl, dass das nicht ausreicht. So wurde die Forderung nach einer Liste lauter, die spezifisch „medizinisch unentbehrliche aber schwer finanzbare Arzneimittel“ benennt.

Knowledge Ecology International (KEI) argumentierte etwa: „Die EML spielt heute in Debatten um Zugang zu Medikamenten oftmals eine negative Rolle. Die geringe Anzahl patentierter Medikamente auf der EML wird regelmäßig als Beleg dafür herangezogen, dass Patente keine Barriere für den globalen Zugang zu unentbehrlichen Medikamenten sind.“[3] Nun geht die WHO in einem begleitenden Bericht zur neuen EML einen Schritt auf ihre KritikerInnen zu.

Theoretisch unentbehrlich, praktisch unbezahlbar

Während des Auswahlprozesses, so konstatiert das EML-ExpertInnenkomitee, habe man den Trend der kontinuierlichen Preissteigerungen bei neuen Präparaten zur Kenntnis genommen – besonders bei Krebs, Autoimmunerkrankungen, Infektionskrankheiten und seltenen Erkrankungen.[4] Nur wenige dieser Präparate hätten so bedeutende Vorteile, dass sie trotz des hohen Preises aufgenommen werden könnten, bei anderen sei der Zusatznutzen nicht groß genug und sie würden deshalb keinen Eingang in die Liste finden.Pharmacy Cameroun 16 CC Minette Lontsie

Das Komitee stellt ergänzend dazu fest, dass sich das Problem der Bezahlbarkeit auch bei älteren wichtigen Medikamenten zeige, zum Beispiel bei Insulin. Es sei eine anhaltende Herausforderung, solche Präparate verfügbar zu machen: „Für Länder niedrigen und mittleren Einkommens ist dies besonders wichtig, denn die Zahl der Menschen mit Erkrankungen, die solche Medikamente benötigen, nimmt stetig zu.“[3]

Der Report empfiehlt die Einrichtung einer permanenten EML-Arbeitsgruppe. Sie soll das Expertenkomitee unterstützen und so der WHO helfen, Instrumentarien für den verbesserten Zugang zu teuren Medikamenten zu entwickeln. Wie notwendig das ist, verdeutlicht symptomatisch das Therapiefeld Krebs.

Milliardengewinne statt breiter Versorgung

Für die EML 2021 lagen Vorschläge für 40 neue Wirkstoffe sowie für 16 neue Indikationen vor.[5] Diese betrafen neben NCDs auch Arbeitsfelder wie sexuelle und reproduktive Gesundheit, Tuberkulose und den Themenbereich Antibiotikaresistenzen. Allein 16 Vorschläge für Wirkstoffe und für 6 neue Indikationen gab es für den Bereich Krebs. Bereits bei der letzten Überarbeitung 2019 hatte die WHO 10 neue Krebspräparate in die Liste aufgenommen – seither fanden sich 56 darauf (plus 3 alternative Wirkstoffe). Neu hinzugekommen sind nun:

  • Enzalutamid, als Alternative zu Abirateron bei Prostatakrebs,
  • Everolimus, zum Einsatz bei speziellen Hirntumoren bei Kindern,
  • Ibrutinib, bei chronischer lymphatischer Leukämie,
  • sowie Rasburicase, zum Management des sogenannten Tumorlyse-Syndroms.

Symptomatisch für das von der WHO beklagte Finanzierungsproblem sind hingegen die Kandidaten, die ausdrücklich aus Kostengründen nicht aufgenommen wurden. Sogenannte Checkpoint-Inhibitoren etwa fanden keinen Eingang in die EML 2021, darunter Pembrolizumab, das von Merck als „Blockbuster“ Keytruda® vertrieben wird und allein 2020 einen Umsatz von über 14 Milliarden US-Dollar erzielte.[6] Die WHO verweist in diesem Kontext konkret auf die sehr hohen Preise, mit denen eine Überbelastung von Versorgungssystemen mit geringen Ressourcen einherginge. Verschärft würde dies durch die Notwendigkeit adäquater Diagnostik, um PatientInnen zu identifizieren, die von einer Behandlung profitieren könnten, die Unklarheit über die optimale Behandlungsdauer sowie die hohe Zahl an möglichen PatientInnen.

Schlüsselrolle für Biosimilars

Die große Aufmerksamkeit für das Thema Krebs kommt, obwohl auch bei anderen Erkrankungen die Finanzierung gravierende Probleme macht, nicht von ungefähr. Immer mehr Studien offenbaren die enormen Versorgungslücken weltweit. So wertete eine Studie in der Fachzeitschrift Lancet Oncology kürzlich Daten zum Zugang zu wichtigen Krebsmedikamenten in 82 Ländern aus, ein Großteil von ihnen auf der EML. Das Fazit war niederschmetternd: Selbst ältere Präparate wie Cisplatin oder Tamoxifen bedeuteten schwere finanzielle Bürden für die PatientInnen, viele neuere waren gar nicht erst verfügbar.[7]

Ein Faktor, den die WHO in jüngster Zeit stärker ins Rampenlicht gerückt hat, ist der Ausbau der Biosimilar-Produktion, bei Diabetes, als auch bei Krebs. Dabei gibt es hohe Hürden, wie kürzlich ein Beitrag der Süddeutschen Zeitung am Beispiel Indiens herausarbeitete und für den die Pharma-Kampagne Informationen lieferte.[8] Die regulatorischen Anforderungen sind so groß, dass sich die Entwicklung von Biosimilars für kleinere Firmen kaum lohnt. Entsprechend können große Konzerne ihre problematische Marktmacht sichern.

Es geht aber auch konkret um die Lizenzierung patentierter Wirkstoffe. Der EML Report weist dem Medicines Patent Pool (MPP) dabei eine zentrale Rolle zu. Er solle unter anderem die Möglichkeit von Lizenzen für Enzalutamid und Ibrutinib prüfen. So begrüßenswert die Unterstützung für das Engagement des MPP bei Krebs auch ist, wird sie allerdings eine grundlegende Krux nur schwerlich auflösen können, wie die an der Erstellung der 22. WHO-Liste beteiligte Expertin Ellen ‘t Hoen jüngst bilanzierte: „Ich vermute, dass es wesentlich schwieriger werden wird, Lizenzen für Krebsmedikamente zu bekommen als für HIV-Therapien, weil es für die Firmen so hochprofitable Produkte sind.“ [9] Nicht zuletzt deshalb steht zu erwarten, dass im globalen Süden auch Zwangslizenzen, bei Krebspräparaten schon von Ländern wie Thailand erfolgreich erprobt, verstärkt in Betracht gezogen werden.  (MK)

Preiserhöhung ab 2022

Sechs Jahre haben wir die Abopreise stabil gehalten. Jetzt ist leider eine Erhöhung notwendig. Ab 2022 kostet das Einzelabo 26 € (statt 22 €) und das Institutionen- oder Auslandsabo  50 € (statt 42 €).

Die Kündigungsfrist beträgt vier Wochen zum Jahresende. Wir hoffen aber, dass Ihnen der Pharma-Brief seinen Preis wert ist und wir Sie weiterhin zu unseren LeserInnen zählen können. Kleiner Bonus: Wir arbeiten auch an einem neuen Layout, so dass das Heft noch lesbarer wird.

Umstrittene Entscheidungen

Das Grippemittel Oseltamivir wurde wieder nicht gestrichen. Dabei hatte es das Mittel nur wegen lückenhafter Studiendaten in die WHO-Liste geschafft. Seit einigen Jahren gilt als gesichert, dass es im Vergleich zu Placebo lediglich die Krankheitssymptome um einen Tag verkürzen kann, aber keine Leben rettet. Auch die Aufnahme von Insulinanaloga ist fragwürdig. Denn sie bieten keine nen­nenswerten Vorteile, sind aber teurer als Humaninsulin. Zivilgesellschaftliche Akteure hatten bei der EML 2019 die Listung der Analoga noch verhindern können. Die WHO recht­fertigt sich jetzt mit einer veränderte Aus­gangslage bei Produktion und Preisen.[10]

 

Artikel aus dem Pharma-Brief 8-9/2021, S. 1
Bild © Minette Lontsie

[1] Außerdem wurde zeitgleich die 8. Ausgabe einer speziellen Liste für Kindermedikamente veröffentlicht.

[2] Pharma-Brief (2017) Weniger Medikamente – bessere Behandlung. 40 Jahre Liste unentbehrlicher Arzneimittel der WHO. Spezial Nr. 2

[3] Fletcher ER (2021) Forty new medicines & 16 new indications under consideration for WHO Esssential Medicines List. https://healthpolicy-watch.news/who-considering-40-new-medicines-16-new-indications-for-global-essential-medicineslist/#print  [Zugriff 19.10.2021]

[4] WHO (2021) Executive summary. The Selection and Use of Essential Medicines 2021 Report of the 23rd WHO Expert Committee on the Selection and Use of Essential Medicines.

[5] WHO (2021) WHO Expert Committee on the Selection and Use of Essential Medicines. www.who.int/groups/expert-committee-on-selection-and-use-of-essential-medicines/23rd-expert-committee  [Zugriff 19.10.2021]

[6] Merck (2021) Merck announces fourth-quarter and full-year 2020 financial results. www.merck.com/news/merck-announces-fourth-quarter-and-full-year-2020-financial-results/  [Zugriff 25.10.2021]

[7] Fundytus A et al. (2021) Access to cancer medicines deemed essential by oncologists in 82 countries: an international, cross-sectional survey. Lancet Oncology; https://doi.org/10.1016/ S1470-2045(21)00463-0

[8] Viciano A (2021) Wenn Überleben eine Frage des Geldes ist. Süddeutsche Zeitung. 6. August https://sz.de/1.5374274 [Zugriff 25.10.2021]

[9] Pharma Brief (2021) Unbezahlbar krank? Spezial Nr. 1

[10] Santos R (2021) New WHO Essential Medicines List Includes Controversial Insulin Analogues; Recommends Action on High Medicines Prices. Health Policy Watch 1 Oct. https://healthpolicy-watch.org/who-essential-medicines-insulin-analogues


Der Pharma-Brief 8-9/2021 widmet sich folgenden Themen:

Medikamente: Essenzieller Mangel
Neue WHO-Liste unentbehrlicher Arzneimittel

Am 1. Oktober wurde die 22. Ausgabe der Essential Medicines List (EML) veröffentlicht. Einen besonderen Augenmerk legt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) darin auf nicht-übertragbare Erkrankungen (NCDs). Bemerkenswert: Die begleitende Forderung nach einer beratenden Arbeitsgruppe zu finanziellen Zugangshürden. Weiterlesen

Jetzt reinhören: Arzneimittel im globalen Süden
Neue Podcast-Reihe mit Stimmen aus Afrika und Mexiko

In den letzten Wochen wurden mehrere Akteure aus dem globalen Süden im Rahmen des Bildungsprojektes „Großbaustelle Arzneimittelversorgung“ interviewt. Die BUKO Pharma-Kampagne sprach mit AkteurInnen aus ­Mexiko, Sierra Leone und Malawi sowie anderen afrikanischen Ländern über den Zugang zu Gesundheitsleistungen, Arzneimitteln und medizinischem ­Equipment. Weiterlesen

Molnupiravir: Öffentlich entdeckt – privat kassiert?
Covid-19 Medikament aus der Uni

Der Wirkstoff Molnupiravir könnte wichtig werden bei der Behandlung von Covid-19. Dass die Emory University den größten Teil dazu beigetragen hat, geht meist unter. Doch für die Diskussion um den Zugang spielt das eine bedeutende Rolle. Und der öffentliche Druck hat jetzt gewirkt: Der Medicines Patent Pool bekommt die Rechte für den Wirkstoff. Weiterlesen

WTO-„Waiver“: Genfer Grabenkämpfe

Alle zwei Jahre tagt üblicherweise das höchste Entscheidungsgremium der Welthandelsorganisation (WTO). Weiterlesen

TRIPS plus: Handelsabkommen EU - Indonesien
Freiheit für Gewinne statt bezahlbare Medikamente

Mit einem offenen Brief an die EU-Kommission warnt Indonesia for Global Justice vor den negativen Folgen des derzeit verhandelten Freihandelsabkommens zwischen der EU und Indonesien. Weiterlesen

Bayer – Zweierlei Maß bei Essure®
Betroffene brasilianische Frauen gehen leer aus

Vor 20 Jahren kam das Verhütungsmittel Essure auf den Markt. Die Spiralen, die in die Eileiter eingeführt wurden, sollten als Ersatz einer chirurgischen Sterilisation dienen und angeblich risikoärmer sein. Doch die Erwartungen erfüllten sich nicht. Weiterlesen

Appell zum Welt-Antibiotika-Tag

Gemeinsam mit Germanwatch hat die BUKO Pharma-Kampagne am 18. November einen Appell zum Weltantibiotika-Tag initiiert. Rund zwei Dutzend Organisationen aus Humanmedizin, Tiermedizin, Landwirtschaft und Umweltschutz forderten die EU-Kommission dazu auf, wichtige Reserveantibiotika aus der industriellen Tierhaltung zu verbannen. Weiterlesen

Aus aller Welt

  • Covid-19: Pfizers Mega-Gewinn
  • EU: Undurchsichtige Impf-Deals
  • USA: Ganz schön teuer
  • US-FDA schreibt an Patentamt
  • Deutschland: Forschungs-Milliarden
  • Deutschland: ÄrztInnen fürs Klima

Download: Pharma-Brief 8-9/2021 [PDF/387kB]


Global Health Hub Germany ist keine gute Idee

Am Rande der Debatte um die globale Gesundheitsstrategie der Bundesregierung sickerten im September erste Informationen über ein neues Gremium durch: Der sogenannte Global Health Hub soll eine wichtige Rolle in der weiteren Entwicklung und Umsetzung der Gesundheitsstrategie bekommen (wir berichteten[1]). Je mehr Informationen über das geplante Diskussionsforum bekannt werden, umso fragwürdiger erscheint es.

Nach wie vor ist vage, was der „Global Health Hub Germany“ (GHHG) bezwecken soll. Ein Konzeptpapier vom 1. Oktober, das die staatliche Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Auftrag des Gesundheitsministeriums verfasst hat, bleibt blumig: „Ein Global Health Hub Germany könnte als Dialog- und Vernetzungsplattform dienen und den Austausch und die Zusammenarbeit aller interessierten Akteure im Bereich Globale Gesundheit unterstützen.“  [2] „Erste Ideen zur Zielsetzung“ (siehe Kasten) sind ein bunter Strauß von Aktivitäten, die von Funktionen einer Denkfabrik über die Förderung von „Public Private Partnerships“ bis hin zur stromlinienförmigen Ausrichtung der globalen Public Health Debatte reichen.

Gremium mit Einfluss

Es wird zwar betont: „Der Global Health Hub Germany soll ein von der Bundesregierung unabhängiges Forum sein und als Anlaufstelle für Akteure der Globalen Gesundheit fungieren und deren sektorübergreifende Vernetzung ermöglichen“, aber das heißt noch lange nicht, dass der GHHG die Positionen der Bundesregierung nicht nachhaltig beeinflussen könnte.

Meinungsführerschaft

Einen Hinweis auf die Zielrichtung des GHHG liefert vor allem dessen Entstehungsgeschichte. Zwei Quellen haben unabhängig voneinander bestätigt, dass die Idee für den GHHG hauptsächlich von der Industrielobby ausging. Auch die Gates-Stiftung wurde schnell mit ins Boot geholt. Man könnte das Gremium als Versuch der Wirtschaft deuten, ihre Meinungsführerschaft in der globalen Gesundheitsdebatte nicht zu verlieren.

Pharma-, Agrar- und Nahrungsmittelindustrie stellen sich gern als Lösung für die Gesundheitsprobleme der Welt­bevölkerung dar, obwohl ihre Aktivitäten durchaus auch gegenteilige Effekte haben. Gar nicht zu reden von direkt gesundheitsschädlichen Branchen wie fossilen Energiefirmen, der Chemie-, Auto- und Waffenindustrie. Bessere Gesundheit lässt sich aber nur erreichen, wenn negative Effekte wirtschaftlichen Handelns ebenso wie notwendige regulierende Maßnahmen offen debattiert werden. Von einem Diskussionsforum, in dem die Wirtschaft mit dem Bundesverband der deutschen Industrie und dem Verband forschender Arzneimittelhersteller[3] gleich doppelt vertreten ist, ist das kaum zu erwarten.

Fait accompli

Die Zusammensetzung des GHHG war von vorneherein festgelegt: Industrie, Gates und Welcome Stiftung, World Health Summit (eine firmengesponserte Veranstaltung in Trägerschaft von akademischen Institutionen, die vorwiegend in Industrieländern angesiedelt sind). Dazukommen sollten einige NGOs und wissenschaftliche Institutionen (die anfänglich von ihrem Glück gar nichts wussten, obwohl sie längst in den Strategiepapieren standen). Dieser Stakeholder-Ansatz verwischt wesentliche Unterschiede: NGOs orientieren sich am Gemeinwohl, die Wirtschaft ist an Gewinninteressen ausgerichtet. Auch die personellen und finanziellen Möglichkeiten der Stakeholder unterscheiden sich erheblich.

Im Oktober führte die GIZ eine Online-Befragung der Interessenträger zum GHHG durch. Der Fragenkatalog ließ durchweg nur positive Antworten zu. Die maximal mögliche Kritik wäre gewesen, dass man im GHHG keinen Mehrwert für sich selbst sieht (und dann nicht mitmacht). Zur Diskussion stand in keiner Weise, ob das Gremium an sich sinnvoll ist. Die Pharma-Kampagne und einige andere NGOs haben sich nicht an der Fragebogenaktion beteiligt, um dem Prozess keine zusätzliche Legitimation zu verleihen.GHHG Eigendarstellung

Zwar heißt es im Hintergrundpapier der GIZ: „Die Steuerungsstruktur des Global Health Hubs z.B. in Bezug auf Entscheidungsgremien, Mitglieder und Rollenverteilung soll in der Konzep­tions­phase vorgeschlagen werden.“ Aber eine echte Debatte über Sinn und Zweck des Ganzen scheint nicht mehr möglich. Wie stark gesteuert der Prozess ist, zeigt auch ein Treffen am 16. November, zu dem sehr selektiv eingeladen wurde. Teilnehmer­Innen des Treffens be­richten von einer eher konfusen Ver­anstaltung. Die GIZ hatte aus den Frage­bögen, getrennten Gesprächen mit den Interessengruppen und „besonderen Wissensträgern“ Ziele kondensiert. Die passten auf zwei Folien und sagen weniger aus als die im Oktober zirkulierte Beschreibung (siehe Kasten). Viel Raum nahm dagegen die geplante Struktur des GHHG ein, die im Fragebogen gar nicht abgefragt worden war. Vielleicht haben dazu die „besonderen Wissensträger“ beigetragen. Deren Auswahl erscheint ziemlich selektiv: Ein Vertreter des World Health Summit, Christoph Benn vom Globalen Fonds, Herr Schmitz Guinote von der WHO, ein Vertreter des von der Bundesregierung 2017 gegründeten AMR-Hub, der Forschung gegen Antibiotika-Resistenzen forcieren soll, Ilona Kickbusch, Vorsitzende des Beratungsgremiums des Gesundheitsministeriums zu globaler Gesundheit und schließlich ein Vertreter des von Kickbusch geleiteten Global Health Centre in Genf. Die Zivilgesellschaft scheint offensichtlich nicht über „besonderes Wissen“ zu verfügen.

Das Treffen am 16. November verstärkte den Eindruck, dass die Struktur des Health Hub längst beschlossene Sache ist und es bestenfalls noch darum geht, wer mitmachen darf. Kritische Fragen wie denn der Anspruch des „Arbeitens auf Augenhöhe“ (GIZ) eingelöst werden solle angesichts der teils widersprüchlichen Ziele und Ressourcen der Akteure, fanden ebenso wenig eine befriedigende Antwort, wie Nachfragen nach der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit des Hub.

Gesteuert werden soll der GHHG von „10 bis 15 hochrangigen Vertretern verschiedener Akteursgruppen“, einschließlich nachgeordneter Behör­den und der Bundesregierung. Geplante „Veranstaltungsformate“ wie „Kamin­gespräche“ , die in der Regel vertraulich ablaufen, lassen ein intransparentes Vorgehen erwarten.

Angesichts der massiven Repräsentanz von IndustrievertreterInnen in den Diskussionen könnte man zu dem Schluss kommen, dass das nach außen postulierte Ziel der Umsetzung des nachhaltigen Entwicklungsziels (SDG 3) „Gesundes Leben für alle“ gar nicht im Vordergrund steht, sondern eine Schadensbegrenzung im Sinne einer Sicherung wirtschaftlicher Interessen. Bei der Beschreibung der Aktivitäten des GHHG ist viel von Information, Austausch, Kooperation und „innovativen Ansätzen“ die Rede, nicht aber von der Einforderung konkreter politischer Veränderungen, um dem Ziel „Gesundheit für Alle“ näher zu kommen.

Vielleicht ist es kein Zufall, dass die GIZ das SDG 17 „Partnerschaften“ zuerst nennt. Wenn es die Industrie schafft, kritische Gruppen in einen Diskurs zu verstricken, der auf langwierige Kompromissfindungen hinausläuft oder die Akteure einfach nur mit Nebensächlichkeiten beschäftigt hält, hat sie ein wichtiges Ziel erreicht. Nach außen hin halten sich die Industrieakteure vornehm im Hintergrund, denn das Wichtigste ist, erst einmal mit im Boot zu sitzen. Da sie schon bei der Kiellegung dabei war, nicht weiter schwierig.

Das alles lässt Erinnerungen an die Entstehung des „Deutschen Netzwerk gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten“ wachwerden. Das wurde von Verband forschender Arzneimittelunternehmen (Vfa) gegründet, schaffte es aber geschickt, wichtige Akteure mit an Bord zu holen.[4] Koordiniert wird das Netzwerk von g+h communication, einer PR-Agentur die auch für den Vfa tätig ist.

Finanzierung

Zweifelhaft ist auch die Finanzierung des GHHG. Die Bundesregierung übernimmt für drei Jahre eine Anschubfinanzierung von einer Mio. € pro Jahr. Anschließend sollen die Stakeholder die Finanzierung sichern. Wie heißt es so treffend: „Wer bezahlt, bestimmt die Musik“. Pikantes Detail am Rande: Im Ablaufplan steht die Entwicklung eines Logos für den GHHG zeitlich vor der Ausarbeitung eines inhaltlichen Konzeptpapiers.

Die entscheidende Frage aber bleibt: Wer braucht den GHHG überhaupt? NGOs, Gewerkschaften und Wissenschaft sind durch die Deutsche Plattform Globale Gesundheit bereits vernetzt, im Entwicklungshilfebereich gibt es VENRO, das Aktionsbündnis gegen Aids und den Arbeitskreis medizinische Entwicklungshilfe (AKME). Profitieren würde dagegen die Industrie, die den Diskurs über Globale Gesundheit damit ebenso elegant beeinflussen könnte wie auch die Gates Stiftung und der World Health Summit, die ihre jeweils eigene Agenda haben.

Während für den GHHG eingefordert wird, dass die TeilnehmerInnen „auf Augenhöhe“ und „partnerschaftlich“ zusammenarbeiten und der intersektorale Dialog und die Kooperation gefördert wird, scheint die Botschaft bei der Bundesregierung noch nicht so recht angekommen zu sein. Der GHHG ist ein Kind des Gesundheitsministeriums. Das Entwicklungshilfeministerium sitzt bestenfalls am Katzentisch dabei. Und das Forschungsministerium, auch nicht unwichtig für die Neuausrichtung, hat eine eigene „Plattform globale Gesundheit“ angekündigt.

Irritierend ist der GHHG auch aus einem anderen Grund: Die Bundesregierung diskutiert ihre globale Gesundheitsstrategie derzeit noch, sie soll erst im Laufe des kommenden Jahres verabschiedet werden. Dazu gibt es einen begleitenden Prozess, bei dem verschiedene Interessenträger mitdiskutieren können.

Der GHHG soll schon im Januar 2019 seine Arbeit aufnehmen. Welchen Sinn hat diese Parallelstruktur, wenn nicht privilegierten Gruppen die exklusive Möglichkeit zu bieten, die Debatte in eine ihr genehme Richtung zu lenken und politische Schritte, die ihren Interessen schaden, zu verhindern oder mindestens zu verwässern?  (JS)

 

Artikel aus dem Pharma-Brief 8-9/2018, S.1

[1] Pharma-Brief (2018) Bundesregierung hört zu. Nr. 7, S. 1

[2] GIZ (2018) Global Health Hub. Konzeptpapier Stand 1. Okt.

[3] Formell ist der Vfa kein eigens geladener Akteur, aber bei Treffen trotzdem stets gut vertreten. Im vom BDI gegründeten „German Health Care Partnership“ sind unter anderen einige Pharmafirmen Mitglied, die auch dem Vfa angehören.

[4] Pharma-Brief (2013) Pharmaindustrie erfindet die Zivilgesellschaft neu. Nr. 10, S. 6


Hier finden Sie eine separate Auflistung des Pharma-Brief Spezial. Dies sind Sonderausgaben, die sich auf unterschiedliche Themenschwerpunkte konzentrieren.

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