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Der Pharma-Brief 5-6/2022 widmet sich folgenden Themen:

WTO Patent-Waiver: Außer Spesen nichts gewesen
Rückschritte beim Zugang zu Arzneimitteln und minimale Verbesserungen

Am 17.6.2022 beschloss die Welthandelsorganisation (WTO) Änderungen bei den geistigen Eigentumsrechten lediglich für Covid-19-Impfungen. Sie bringen für den Globalen Süden jedoch nicht die erhofften Erleichterungen. Eine Niederlage für den gerechten Zugang zu Arzneimitteln und ein Sieg für Big Pharma. Weiterlesen

Typ 1-Diabetes – Versorgung vielerorts mangelhaft
Vier-Länderstudie deckt Schwachpunkte auf

Die Versorgung von Diabetiker­Innen vom Typ 1 ist in vielen Ländern äußerst dürftig. Dabei mangelt es nicht nur am überlebensnotwendigen Insulin, auch Teststreifen und Messgeräte stellen oft unüberwindbare Hürden für den Zugang dar. Weiterlesen 

Depression: Immer noch nicht alle Studien veröffentlicht
Nutzen von Antidepressiva überschätzt, weil Publikationen fehlen

Seit über zehn Jahren ist es bekannt: Anbieter lassen bei Medikamenten gegen Depressionen unvorteilhafte Studienergebnisse gern unter den Tisch fallen. Dadurch entsteht ein zu positives Bild der Wirksamkeit. Hat sich die Lage inzwischen gebessert? Weiterlesen 

So können wir die Covid-Welle rocken
Die Provinz Westkap setzt auf gemeindebasierte Dienste bei der TB-Bekämpfung

Wenn die Menschen zu Hause bleiben sollen, muss die Gesundheitsversorgung zu ihnen kommen. So sieht es die Medizinerin Jennifer Furin von Ärzte ohne Grenzen. In enger Zusammenarbeit mit der Stadt Kapstadt und der Provinz Westkap hat sie die gemeindebasierte Versorgung während der Pandemie vorangetrieben. Weiterlesen 

Aus aller Welt

Download: Pharma-Brief 5-6/2022 [PDF/570kB]


Die niederländische Pharmaceutical Accountability Foundation[1] hat ein Ranking für 26 Hersteller von Covid-19-Impfstoffen und -Medikamenten veröffentlicht.[2] Die 30 von diesen Firmen angebotenen Mittel wurden nach Menschrechtsprinzipien beurteilt und mit einem ­Ampelsystem bewertet.


Ein breites Bündnis – an dem auch die BUKO Pharma-Kampagne beteiligt ist – fordert in einem offenen Brief an Arbeitsminister Hubertus Heil: Zugang zu medizinischer Versorgung für alle Geflüchteten – Ungleichbehandlungen beenden, Einschränkungen im Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!

Die menschenrechtswidrige Ungleichbehandlung von Flüchtlingen in Deutschland beenden und einen diskriminierungsfreien Zugang zu medizinischer Versorgung für alle Geflüchteten gewährleisten: Das fordert # gleichbehandeln, ein Zusammenschluss von 57 Organisationen und Verbänden aus den Bereichen Flucht und Gesundheit. Anlass für die öffentliche Stellungnahme ist ein Beschluss des Bundeskanzlers und der RegierungschefInnen der Länder, nach dem aus der Ukraine geflüchtete Menschen ab Juni Anspruch auf Sozialleistungen nach SGB II und XII – und damit auch zu notwendigen Gesundheitsleistungen – bekommen.

Einen solchen Umgang mit Schutzsuchenden fordern zivilgesellschaftliche Gruppen seit Jahren und das Bündnis begrüßt diesen Schritt ausdrücklich. Jedoch gibt es eine weitreichende Ungleichbehandlung geflüchteter Menschen in Deutschland in Bezug auf das Aufenthaltsrecht, den Zugang zu Sozial- und Integrationsleistungen und zum Arbeitsmarkt, insbesondere aber auch in der gesundheitlichen Versorgung. Die Entscheidung zugunsten der Geflüchteten aus der Ukraine beruht auf den richtigen menschenrechtlichen Prinzipien. Diese müssen jedoch für alle Menschen gelten, die in Deutschland Zuflucht suchen, egal woher.

Sowohl aus der Ukraine geflüchtete Staatenlose und Drittstaatsangehörige ohne Daueraufenthaltsrecht in der Ukraine als auch Geflüchtete aus anderen Staaten, wie Syrien, Afghanistan oder dem Jemen, sind weiterhin von notwendiger Gesundheitsversorgung ausgeschlossen. Geflüchtete in Deutschland haben nach §§ 4, 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes in den ersten 18 Monaten ihres Aufenthalts aktuell nur Anspruch auf eingeschränkte medizinische Leistungen. Das Asylbewerberleistungsgesetz garantiert nur die Behandlung bei akuten Krankheiten und Schmerzzuständen. Alle weiteren Behandlungen, unter anderem von chronischen oder psychischen Erkrankungen, bedürfen einer oftmals langwierigen Einzelfallentscheidung durch das Sozial- und Gesundheitsamt. Dies führt zu einer massiven gesundheitlichen Unter- und Fehlversorgung.

Die gesetzlichen Ansprüche der Mehrheit der Geflüchteten in Deutschland liegen damit deutlich unter dem Niveau, das im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung als das „Maß des Notwendigen“ definiert ist. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass der Bedarf Geflüchteter aus anderen Ländern als der Ukraine – oder von Geflüchteten aus der Ukraine, die keinen Aufenthaltstitel nach § 24 bekommen – niedriger ist als das im Leistungskatalog der GKV festgelegte „Maß des Notwendigen“.

In einigen Kommunen ist es Geflüchteten aus der Ukraine möglich, kostenlos den Nahverkehr zu nutzen, während Geflüchtete aus anderen Ländern oft Schwierigkeiten haben, eine Arztpraxis aufzusuchen, weil sie sich die Transportkosten nicht leisten können.

Im April hatte das Bündnis #gleichbehandeln 26.000 Unterschriften gegen die Meldepflicht für Geflüchtete nach §87 (AufenthG) an den Bundestag übergeben.

Deutschland hat sich völkerrechtlich verbindlich verpflichtet, einen diskriminierungsfreien Zugang zu Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Unterschiedliche Niveaus im Anspruch auf Gesundheitsversorgung sind daher nicht zu rechtfertigen. Bereits 2018 wurde Deutschland von dem UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte in seinen abschließenden Bemerkungen zum Staatenbericht eindringlich aufgefordert, die Einschränkungen im Asylbewerberleistungsgesetz abzuschaffen.

Im Koalitionsvertrag haben die Regierungsparteien angekündigt, das Asylbewerberleistungsgesetz zu überarbeiten. Das Bündnis fordert die Bundesregierung dringend auf, die aktuell bestehenden Ungleichbehandlungen zum Anlass zu nehmen, Einschränkungen im Asylbewerberleistungsgesetz für alle Geflüchteten abzuschaffen. Denn alle Menschen in Deutschland müssen ihr Recht auf diskriminierungsfreien Zugang zu Gesundheitsversorgung wahrnehmen können.

Um den im Koalitionsvertrag genannten unbürokratischen Zugang zu gewährleisten, ist es zudem notwendig, dass Geflüchtete bundesweit eine elektronische Gesundheitskarte erhalten. Zudem müssen Angebote der Gesundheitsversorgung, insbesondere im Bereich der psychischen Gesundheit, bedarfsgerecht ausgebaut und angepasst werden. Hierzu muss auch eine qualifizierte Sprachmittlung im Kontext der medizinischen Behandlung sichergestellt sein.

Artikel aus dem Pharma-Brief 4/2022, S. 7
Bild Gleichbehandeln © Peter Groth


Auf dem Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos verkündete Pfizer im Mai einen ”accord for a healthier world“. Künftig wolle man 23 Medikamente und Impfstoffe an 45 ärmere Länder zum „Selbstkostenpreis“ abgeben.[1]

Die genauen Konditionen sind ebenso unklar wie die tatsächlichen Preise. Bill Gates, der bei der Vorstellung in Davos dabei war, bezeichnete den ”accord“ als ein „sehr gutes Modell“. Man könnte das Ganze auch als eine Art Vorwärtsverteidigung gegen die Diskussion um die Aufhebung des Patentschutzes für Covid-19-Produkte sehen. Pfizer hat allein in den ersten drei Monaten diesen Jahres mit der Covid-Impfung und dem Medikament zur Behandlung der Erkrankung 26 Milliarden US$ eingenommen. Vor den Türen des WEF protestierte der ghanaische Krankenpfleger George Poe Williams mit der satirischen Aktion „Applaus für Pharmaprofite“ (Bild). Williams sagte: „Wenn ich das verdienen wollte, was Albert Bourla, der Chef von Pfizer, letztes Jahr verdient hat, müsste ich jeden Tag bis 6100 nach Christus arbeiten. Aber was mich wirklich wütend macht, ist, dass Bourla und viele seiner Milliardärskumpel hier am WEF alles tun, um unsere Forderungen nach einer Patentaussetzung zu blockieren – nur damit sie noch mehr Geld verdienen können.“[2] (JS)

Artikel aus dem Pharma-Brief 4/2022, S. 6
Bild © Leo Hyde

[1] Kollewe J (2022) Pfizer to offer all its drugs not-for-profit to 45 lower-income countries. Guardian 25 May www.theguardian.com/business/2022/may/25/pfizer-to-offer-low-cost-medicines-to-45-lower-income-countries

[2] Hyde L (2022) Krankenpfleger protestiert gegen Impfstoffpatente und applaudiert Pharmachefs in Davos für riesige Pandemie-Ausschüttungen. 25. Mai. https://publicservices.international/resources/news/krankenpfleger-protestiert-gegen-impfstoffpatente-und-applaudiert-pharmachefs-in-davos-fr-riesige-pandemie-ausschttungen?id=13061&lang=de


USA geben Covid-Patente an C-TAP

Die USA geben elf Technologien frei, die für die Bekämpfung von Covid-19 wichtig sind. Patentinhaber sind die staatlichen National Institutes of Health (NIH).[1] Damit erhält der COVID-19 Technology Access Pool (C-TAP) der Weltgesundheitsorganisation erstmals Zugang zu Impfstoffen – zuvor hatten die meisten Industrieländer die Zusammenarbeit verweigert.[2]

Am 12. Mai 2022 verkündete US-Präsident Biden die Weitergabe der Rechte an den Medicines Patent Pool (MPP), der die Lizenzen für C-TAP verwalten wird. Zu den Technologien gehören wichtige Schlüsselelemente wie die Spikeproteine, die für die mRNA-Impfstoffe benötigt werden. Moderna und Biontech/Pfizer nutzen diese für ihre Impfstoffe und zahlen deshalb Lizenzgebühren an die NIH. Drei neue Impfstoffkandidaten befinden sich ebenfalls im Korb der USA sowie Forschungswerkzeuge und Diagnostika.

Im Oktober 2021 hatte MSD eine Lizenz für Molnupiravir[3] zur Behandlung von Covid-19 an den MPP gegeben. Im November gab Pfizer für Nirmatrelvir/Ritonavir die Rechte an den Pool und der staatliche spanische Forschungsrat für einen Antikörpertest für Covid-19, der zwischen einer Infektion und der Antikörperbildung durch Impfung unterscheiden kann.[4]  (JS)

Artikel aus dem Pharma-Brief 4/2022, S.3

[1] WHO (2022) WHO and MPP announce agreement with NIH for COVID-19 health technologies. Press release 12 May www.who.int/news/item/12-05-2022-who-and-mpp-announce-agreement-with-nih-for-covid-19-health-technologies [Zugriff 29.5.2022]

[2] Pharma-Brief (2021) Covid-19: Solidarität dringend gesucht. Nr. 1, S: 1

[3] Pharma-Brief (2021) Molnupiravir: Öffentlich entdeckt – privat kassiert? Nr. 8-9, S. 4

[4] https://medicinespatentpool.org/licence-post/elisa-antibody-technology [Zugriff 29.5.2022]


Hier finden Sie eine separate Auflistung des Pharma-Brief Spezial. Dies sind Sonderausgaben, die sich auf unterschiedliche Themenschwerpunkte konzentrieren.

Pharma-Brief Archiv

Unsere Fachzeitschrift Pharma-Brief erscheint acht Mal pro Jahr und bietet gut recherchierte Beiträge rund um das Thema globale Gesundheit. Sie informiert über Zugangsprobleme bei Medikamenten, Arzneimittelrisiken und Nutzenbewertung, mangelnde Transparenz des Arzneimittelmarktes, vernachlässigte Krankheiten, illegale Pharmageschäfte, internationale Gesundheitspolitik und auch über Projekte der BUKO Pharma-Kampagne. Zweimal jährlich erscheint außerdem eine Doppelausgabe mit dem Pharma-Brief Spezial als Beilage. Die Broschüren beleuchten jeweils ein Schwerpunktthema.
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