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Transparenz bei Forschung weiter auf internationaler Agenda

Nach der viel diskutierten Kontroverse um Transparenz bei Arzneimittelpreisen auf der Weltgesundheitsversammlung im Mai in Genf hält die Debatte an. Im Vorfeld der nächsten UN Vollversammlung zeigen sich abermals alte Konfliktlinien. Welche Rolle wird Deutschland einnehmen?

„Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“ – diese Sportlerweisheit gilt momentan auch in der Debatte um verbesserten Zugang zu medizinischer Behandlung. Zwar endete die letzte Weltgesundheitsversammlung in Genf beim Thema Transparenz-Resolution mit einem Paukenschlag und scharfer deutscher Kritik (wir berichteten[1]). Doch nehmen nachfolgende Prozesse den Faden direkt auf

Am 23. September findet in New York im Zuge der UN Vollversammlung das UN High-Level Meeting zu Universal Health Coverage (UHC) statt. Im sehr umfangreichen UHC-Resolutionsentwurf finden sich auch Aussagen zu Transparenz und Forschung. Ein Umstand, der angesichts der zurückliegenden Ereignisse in Genf gerade aus deutscher Perspektive beachtenswert ist.

Ein hartnäckiges Thema

Bis heute zieht sich die Bundesregierung auf den schwachen Einwand zurück, dass das damalige Prozedere bei der Transparenz-Resolution fehlerhaft gewesen sei und man sich deshalb distanziert habe.[2] Eine echte Auseinandersetzung mit der Tatsache, dass sich Deutschland vorher massiv für die Verwässerung und Beschneidung der Inhalte ins Zeug gelegt hatte, fand zumindest öffentlich nicht statt. Nun bildeten jedoch abermalige Debatten um Transparenz und Forschung eine der größten Hürden bei der Vorbereitung des Textes für New York.[3]

Gerungen wurde um mehrere Punkte, ein wichtiger war das Plädoyer für die Erhöhung der Transparenz bei Preisen und Forschungskosten. Hier hatte es bereits bei der Weltgesundheitsversammlung massive Konfrontationen zwischen Mitgliedsstaaten gegeben. Weitere umstrittene Ausführungen setzten sich für verbesserte Förderung alternativer Produktentwicklung ein. Zentral ist hier das Streben, den Produktpreis von den Kosten für Forschung und Entwicklung zu entkoppeln. „De-Linkage“, der verbreitete Begriff für diesen Ansatz, wurde jedoch offenbar absichtlich ausgespart, um Anstoß zu vermeiden. Ein später Entwurf enthielt zudem die Analyse, dass hohe Preise und schlechter Zugang Fortschritte bei UHC anhaltend beeinträchtigen. Auch diese Textstelle blieb umkämpft.[3]

New York ist nicht Genf – oder?

Universal Health Coverage ist ein vielschichtiges Thema, bei dem die Aspekte Transparenz und Forschung nur zwei von vielen sind. Allerdings können sie große Auswirkungen auf den Zugang zu angemessener Gesundheitsversorgung haben, gerade in ärmeren Ländern. So rechnet die WHO damit, dass allein in Afrika jedes Jahr elf Millionen Menschen durch Gesundheitsausgaben in die Armut rutschen.[4] Dabei geht es beispielsweise längst nicht nur um vernachlässigte Infektionskrankheiten, sondern auch verstärkt um nicht-übertragbare Krankheiten. Deutlich sichtbar ist dies etwa bei hochpreisigen Krebsmedikamenten.[5]

Die Bundesregierung wird im September voraussichtlich hochrangig in New York vertreten sein. In Genf hatte sich gezeigt, dass die öffentliche Aufmerksamkeit für die Themen Transparenz und Zugang groß ist und nationale Positionen kritisch, sowie mit Nachdruck hinterfragt werden. Es ist zu hoffen, dass die deutsche Politik daraus Schlüsse gezogen hat und diesmal eine konstruktivere Haltung einnehmen wird.  (MK)       

 

Artikel aus dem Pharma-Brief 4-5/2019, S.3

[1] Pharma Brief (2019) WHA: Deutschland auf Distanz zu Transparenz-Beschluss. Nr. 3. S. 1

[2] Dabei ist das Fundament dieser Kritik sehr fraglich. Denn Resolutionsentwürfe können nach WHO-Regularien bis zum ersten Tag der Weltgesundheitsversammlung eingebracht werden, wenn die Resolution auf der Agenda ist. Dies war bei der Transparenz-Resolution der Fall. Es ist zudem nirgendwo vorgegeben, dass Resolutionen zunächst beim Board eingebracht werden müssen, was ebenfalls ein deutscher Beschwerdepunkt war.

[3] Health Policy Watch (2019) Drug R&D, Sexual & Reproductive Health Scrutinised In Draft UHC Declaration. www.healthpolicy-watch.org/drug-rd-sexual-reproductive-health-scrutinised-in-draft-uhc-declaration/  [Zugriff 23.07.2019]

[4] DEVEX (2019) Achieving UHC in Africa requires support for most vulnerable, experts say www.devex.com/news/achieving-uhc-in-africa-requires-support-for-most-vulnerable-experts-say-94411 [Zugriff 24.07.2019]

[5] 't Hoen E et al. (2019) Improving affordability of new Essential Cancer Medicines. Lancet Oncol http://dx.doi.org/10.1016/S1470-2045(19)30459-0