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Projekt des Gesundheitsministeriums trifft auf breite Kritik

Am 19. Februar wurde der Global Health Hub Germany offiziell der Öffentlichkeit präsentiert. Teile der Zivilgesellschaft blieben der Veranstaltung, die viele Fragen offen ließ, fern. Zentrale Aspekte sind nach wie vor unklar, etliche KritikerInnen sehen weiterhin keinen Bedarf für dieses neue Gremium.

Mit einer gut dreistündigen Veranstaltung eröffnete das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) am 19. Februar in Berlin den so genannten Global Health Hub Germany (GHHG). Das vom Ministerium geförderte neue Gremium soll nach eigenem Bekunden Akteure aus Politik, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft zusammenbringen, um die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen im Bereich Gesundheit und Partnerschaften voranzubringen.

Schon im Vorfeld hatten allerdings etliche Organisationen umfangreiche Kritik an der Plattform und ihrer Entstehung geäußert (wir berichteten [1],[2]). Sie bemängelten, dass das Projekt von der Wirtschaft lanciert und in einem wenig transparenten Prozess gegen Vorbehalte anderer Ministerien sowie von Teilen der Zivilgesellschaft durchgedrückt worden sei.

Bleibende Baustellen

Einige Organisationen, darunter auch die BUKO Pharma-Kampagne, blieben den Feierlichkeiten aus Protest fern. Gemeinsam mit der Deutschen Plattform globale Gesundheit veröffentlichten wir eine  Pressemitteilung , die den inhärenten Konflikt des Gremiums zwischen Gemeinwohlinteressen und Gewinninteressen im Gesundheitsbereich hervorhob: „Wenn ein Global Health Hub etwas erreichen soll, darf er nicht den Interessen der Wirtschaft Vorrang einräumen.“ [3]

Angesichts der Kontroversen um den Hub ist es befremdlich, dass in dem Event kein Platz für kritische Stimmen aus dem Plenum vorgesehen war. Als Agendapunkt fand sich zwar eine „Live-Umfrage mit Teilnehmern“ (sic!) – die dafür veranschlagte Zeit betrug jedoch ganze fünf Minuten und TeilnehmerInnen konnten lediglich digital auf wenige ausgewählte Fragen antworten. Wirklich negative Optionen waren nicht vorgesehen.

Der Zivilgesellschaft wurde unter dem Punkt „Stimmen der Akteursgruppen“ immerhin ein kurzes Statement eingeräumt. Das vorgegebene Zeitfenster: zwei Minuten. Bemängelt wurde in dem Beitrag von Gisela Schneider (Difäm), es bleibe nach wie vor unklar, was das genaue Ziel des GHHG sein solle. Zudem seien zentrale Fragen, etwa zur Leitung und Lenkung, Mitgliederauswahl oder Themen-Selektion weiterhin ungeklärt. Entsprechende Infos bleibt auch der sechsseitige Flyer auf der neuen Website des GHHG schuldig.[4]

Heike Baehrens (MdB) zeigte sich auf dem Podium irritiert, dass weder das Bundesministerium für  wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) noch das Bundeministerium für Bildung und Forschung (BMBF) prominent vertreten waren. Überraschend kam dies allerdings nicht, hatte das BMG doch bei seinem Vorstoß in der Vergangenheit beide Ressorts zunächst mehr oder minder übergangen. Sowohl der Vernetzungsgedanke, den der Hub für sich selbst postuliert, aber auch eine nachhaltige, kohärente Politik wurden hier lediglich parodiert.

Vorgeben statt anhören

Bemerkenswert auch die Themensetzung.  Bundesgesundheitsminister Jens Spahn präsentierte beim Launch des GHHG vier Arbeitsfelder, um die sich der Hub zunächst kümmern wird: Antibiotika-Resistenzen, Digitalisierung, Krebsbekämpfung und Tropenkrankheiten.[5] Diese Auswahl erfolgte wohlgemerkt nicht über ein Votum der Mitglieder des Hubs, die es zum Zeitpunkt der Gründung ja noch gar nicht geben konnte.

Die Vorgehensweise ist symptomatisch für die paradoxe Vorgehensweise des Hubs. Anstatt in einem ersten Schritt Meinungen zu den Prioritäten anzuhören, sind die Eckpfeiler von einer Gruppe undurchsichtiger Zusammensetzung schon vorab eingeschlagen.

Ein zweites Beispiel zeigt ebenfalls den frappierenden Gegensatz zwischen formuliertem Anspruch und Realität: Selbst die Key-Note mit dem plakativen Titel „Warum braucht es einen Global Health Hub Germany?“ konnte letztlich keine befriedigende Antwort auf eben jene Frage geben. „Wir müssen untypische Partnerschaften fördern, damit die Global Health Familie größer wird“, so die Vortragende Frau Ilona Kickbusch (Global Health Centre).[6] Unspezifischer und inhaltsleerer geht es kaum. Durch die gewählte Terminologie „Familie“ werden real existierende Interessengegensätze zugekleistert und unkritisch Public Private Partnerships propagiert.

Im Vergleich zu bereits bestehenden Strukturen ist der GHHG in seiner jetzigen Form kein innovativer Ansatz. Die NGOs sind gut vernetzt und sprechen auch mit Politik, Wissenschaft, Gewerkschaften und Unternehmen. Letztlich liegt in der hoch problematischen Genese der Hase im Pfeffer. Es sei daran erinnert, dass der GHHG konzipiert wurde, ohne dass zuvor alle eingeplanten Akteursgruppen überhaupt im Rahmen einer Bedarfsanalyse zur Notwendigkeit Gehör fanden. Die Zivilgesellschaft erfuhr erst spät und auf Umwegen von dem Projekt. Wirtschaft und philanthropische Stiftungen hingegen hatten den Prozess von Beginn an geprägt. Bedarf wurde also offenbar vor allem von diesen Gruppierungen angemeldet.

Was vom Abend übrig blieb

Die während des Launch verkündeten ersten Themenschwerpunkte der Plattform (s.o.) verweisen dann auch entsprechend deutlich auf diese eingebaute Schräglage. So bietet beispielsweise gerade der Bereich Digitalisierung für Akteure der Wirtschaft ein äußerst lukratives Betätigungsfeld.

Die von Bundesminister Spahn auf der Veranstaltung verkündete finanzielle Unterstützung eines WHO-Programms zu vernachlässigten Tropenkrankheiten fand ihren Widerhall in der direkten Ankündigung der Gates-Stiftung, ebenfalls Förderung in Millionen-Höhe beizusteuern. Von glücklichen Zufällen mag man hier nicht ausgehen.

Es steht zu befürchten, dass der Hub als Vehikel von Eigeninteressen der Beteiligten auch andere Prozesse zu globaler Gesundheit beeinflussen könnte, etwa die neue globale Gesundheitsstrategie der Bundesregierung. Dies gilt umso mehr, sollte sich der Hub im Laufe der Zeit tatsächlich zum Hauptanlaufpunkt für Themen globaler Gesundheit entwickeln und damit eine wichtige Gatekeeper-Funktion übernehmen. Akteure der Zivil­gesellschaft sollten sich also ernsthaft überlegen, ob ihre Beteiligung am GHHG am Ende nicht vor allem als Feigenblatt dient.

Eine ehrliche und konstruktive Debatte, gerade zu einem so elementaren Thema wie Global Health, muss Kontroversen aushalten können, braucht sie letztlich sogar zwingend. Die neue Plattform des BMG scheint gerade das nicht zu bieten. Sie ist eher darauf ausgerichtet, den kritischen Diskurs einzuhegen und einer bereits vorab festgelegten Agenda zu folgen, statt einen transparenten und fairen Austausch mit Mehrwert zu stimulieren. Inwieweit dies von politischer Seite so intendiert war oder man hier den Interessen anderer auf den Leim gegangen ist, stellt eine der vielen offenen Fragen dar.  (MK)        

 

Artikel aus dem Pharma-Brief 1/2019, S. 1

[1] Pharma-Brief (2018) Bundesregierung hört zu. Nr. 7, S. 1

[2] Pharma-Brief (2018) Abgekartetes Spiel. Nr. 8-9, S. 1

[3] Deutsche Plattform für Globale Gesundheit (2019) Falsche Weichenstellung. Pressemitteilung 19. Feb. www.plattformglobalegesundheit.de/falsche-weichenstellung/  [Zugriff 19.02.2019]

[4] Global Health Hub Germany (2019) Menschen & Ideen zusammenbringen. Perspektiven erweitern. Themen setzen. www.globalhealthhub.de/#2  [Zugriff 20.02.2019]

[5] Bundesministerium für Gesundheit (2019) Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: „Starkes deutsches Netzwerk für globale Gesundheit“. Pressemitteilung 19.02.2019. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/2019/1-quartal/global-health-hub-germany.html [Zugriff 20.02.2019]

[6] Deutsches Ärzteblatt (2019) Bundesgesundheitsministerium fördert Netzwerk für Globale Gesundheit. www.aerzteblatt.de/nachrichten/101233  [Zugriff 21.02.2019]