BillBransonNationalCancerInstitute


Als die Weltgemeinschaft vor rund 20 Jahren die Millenniumsentwicklungsziele verabschiedete, lag der Fokus noch auf Armutsbekämpfung und einer Senkung der Todesfälle durch Infektionskrankheiten. Nicht-übertragbare Krankheiten (Non-Communicable Diseases, NCDs) wie Herz-Kreislauferkrankungen, Krebs oder Diabetes galten als typische Leiden der reichen Industrieländer.

Doch die Herausforderungen haben sich längst verändert. NCDs avancieren auch in ärmeren Staaten zur Todesursache Nr. 1, darunter besonders Krebs:

  • In Südafrika sterben z.B. mehr Menschen an Krebs als an HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria zusammen.
  • Brasilien verzeichnet über 500.000 neue Krebsfälle pro Jahr, rund die Hälfte der Betroffenen starb an der Erkrankung.
  • In Vietnam machen NCDs rund 75% der Krankheitslast aus – Krebs zählt dabei zu den „Top Ten“ der wichtigsten Erkrankungen.

Nicht-übertragbare Krankheiten stellen eine große Herausforderung für das Erreichen der nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) der Vereinten Nationen dar. Gemäß der VN-Pläne sollen bis 2030 vorzeitige Todesfälle durch NCDs, darunter Krebs, weltweit um ein Drittel reduziert werden. Außerdem soll eine universelle Gesundheitsversorgung für alle erreicht und der Zugang zu wirksamen und bezahlbaren Medikamenten sichergestellt werden. Hier setzt das BUKO-Projekt „Unbezahlbar krank?“ thematisch an.

Krebs als Folge und Ursache von Armut

Oxana Mamlina / Shutterstock.comKrebs nimmt bei den NCDs eine Sonderstellung ein, schon allein wegen der hohen Behandlungskosten. Die ökonomischen Folgen sind sowohl auf individueller Ebene als auch bei volkswirtschaftlicher Betrachtung immens. Insbesondere arme und verletzliche Bevölkerungsgruppen sind überproportional gefährdet. Die Familien der Betroffenen verschulden sich häufig und geraten in eine Armutsspirale. Der volkswirtschaftliche Schaden ist erheblich, denn in armen Ländern ist die Sterblichkeit an Krebs auch in der Altersgruppe der unter 60jährigen hoch und der Verlust gesunder und produktiver Lebensjahre deutlich größer als in Industrieländern.

Zugleich sind Frauen in vielen Ländern stärker betroffen als Männer. In etlichen afrikanischen Ländern sterben z.B. mehr Frauen an Gebärmutterhalskrebs als an Malaria oder HIV. In Deutschland ist die Erkrankung seltener und die Sterblichkeit dank Screening gering, Auch Brustkrebs ist im globalen Süden weit verbreitet und endet meist tödlich. In Gambia überleben z.B. nur 13% der Patientinnen, weil keine Therapien verfügbar sind. Dagegen werden in reichen Ländern die meisten Frauen geheilt.

Ursachen für die wachsende Krebslast in armen Ländern sind insbesondere eine steigende Lebenserwartung, Globalisierung und Urbanisierung. Veränderte Lebensstile und Ernährungsweisen sowie wachsende Einkommen tragen zu einer Zunahme chronischer Erkrankungen bei. In ärmeren Ländern sind zudem bis zu einem Viertel der Krebserkrankungen einer Infektion geschuldet (durch Hepatitis B oder C-Viren, das Bakterium Helicobacter pylori oder Humane Papillomviren).


Hohe Preise, gesprengte Budgets

Akeeb Feroz / Creative Commons 4.0Die Weltgesundheitsorganisation benennt die folgenden vier Schlüsselkomponenten der Krebs-Kontrolle: Prävention, Früherkennung und Diagnose, Behandlung und palliative Versorgung.

Hürden existieren in allen Bereichen. Doch insbesondere die Therapie stellt wegen der exorbitant hohen Arzneimittelkosten eine besondere Herausforderung dar. Während in 90% der Länder mit hohem Einkommen gute Behandlungsmöglichkeiten existieren, stehen solche Therapie-Optionen nur in knapp 30% der armen Länder zur Verfügung. Die meisten Mittel sind sehr hochpreisig und sprengen die schmalen Gesundheitsbudgets.

Die WHO hatte allein 2019 zehn neue Krebspräparate in die Liste unentbehrlicher Medikamente (EML) aufgenommen. Auf der aktuellen Version der Liste sind damit 56 Krebsmedikamente (plus 3 alternative Wirkstoffe) aufgeführt. Sie sollen in einem Gesundheitssystem jederzeit in adäquater Menge, guter Qualität und zu einem erschwinglichen Preis verfügbar sein. Es ist jedoch zu befürchten, dass gerade die neu aufgenommenen Medikamente ohne Preisreduzierung für PatientInnen im globalen Süden unerreichbar bleiben. Bislang sind viele Krebsmittel im öffentlichen Sektor nicht verfügbar. Schon Industrieländer haben mit den hohen Kosten für diese Medikamente zu kämpfen – die Jahrestherapiekosten liegen oft über 50.000 Euro.

 

 


Lösungen dringend vonnöten

Unser Projekt „Unbezahlbar krank?“ will mit neuen Informationsmaterialien, Vorträgen und Diskussionsveranstaltungen über die entwicklungspolitische Dimension der globalen Krebslast informieren. Es soll dem Thema mehr öffentliche Aufmerksamkeit verschaffen und eine Debatte um geeignete Lösungsstrategien anstoßen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Ziel einer universellen Gesundheitsversorgung und dem Zugang zu wirksamen und bezahlbaren Medikamenten.

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