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Viele Menschen auf einer großen Straße
© Orbon Alija/iStock

Antibiotika-Resistenzen: Mensch

Unwirksame Antibiotika

Seit Jahrzehnten werden Antibiotika zu sorglos verschrieben und falsch angewendet. Das fördert die Entwicklung resistenter Keime.

Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge könnten bis 2050 jährlich 10 Millionen Menschen weltweit sterben, weil Antibiotika nicht mehr anschlagen. Früher leicht behandelbare bakterielle Infektionen können heute tödlich enden.

Indien: Düstere Aussichten

In Indien wirken viele Antibiotika bereits nicht mehr. Ursache ist auch der viel zu häufige Einsatz dieser Medikamente. Tuberkulose und Cholera sind immer schwerer zu behandeln. Jährlich sterben 58.000 Neugeborene durch resistente Keime. Die Infektionen werden durch mangelnde Hygiene auf den Säuglingsstationen übertragen. Auch die Pharmaindustrie fördert die Entwicklung von Resistenzen mit unethischen Geschäftspraktiken.

Armut fördert Infektionskrankheiten

Die Behandlung bei Infekten mit resistenten Keimen dauert lange, ist teuer und hat mehr Nebenwirkungen. Auch die Chancen auf Heilung sind schlechter. Viele Menschen können sich nicht einmal einen Arztbesuch leisten. Schlechte Lebensbedingungen machen krank und begünstigen die Ausbreitung von multiresistenten Keimen. In armen Ländern sind Resistenzen deshalb eine noch größere Bedrohung. Südafrika hat einen sehr hohen Verbrauch von Antibiotika und eine der höchsten Resistenzraten weltweit. Tuberkulose ist hier weit verbreitet. In vielen Fällen ist der Erreger multiresistent und die Behandlung schwierig. Für die Betroffenen beginnt oft schon vor der richtigen Diagnose ein langer Leidensweg. Bongekile Booi ist eine von ihnen.

Tuberkulose trifft vor allem Menschen, deren Immunabwehr geschwächt ist durch Mangelernährung, schlechte Lebensbedingungen oder HIV/Aids. Besonders für die vielen Menschen mit HIV/Aids und Tuberkulose können resistente Keime tödlich sein. Von den 300.000 Tuberkulose-Fällen, die 2019 in Südafrika neu auftraten, waren 11.000 multiresistent.

Tansania: Mangelndes Bewusstsein

In Tansania zeigen viele Antibiotika wegen hoher Resistenzraten kaum noch Wirkung. Die Menschen wissen zu wenig über den richtigen Gebrauch von Antibiotika und nehmen sie nicht wie verordnet ein. Gleichzeitig sterben immer noch Menschen, weil sie keinen Zugang zu diesen wichtigen Medikamenten haben. Unsere Partnerorganisation RBA-Initiative hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, dass Bewusstsein der tansanischen Bevölkerung zu Antibiotikaresistenz zu stärken. Über Radiosendungen und Workshops an Schulen informiert sie junge Menschen über den richtigen Gebrauch von Antibiotika.

Auf Märkten oder in Drogerien können sie die Mittel ohne Rezept kaufen – sogar einzelne Tabletten. Das ist zwar verboten, doch medizinische Versorgung und gute Beratung ist nicht überall möglich. Viele behandeln sich deshalb selbst und begünstigen dadurch die Entstehung von Resistenzen.

Deutschland: Zuviel des Guten?

In Deutschland bekommt jeder vierte Krankenversicherte mindestens einmal im Jahr ein Antibiotikum.
Oft ist die Behandlung nicht unbedingt nötig. Aber viele niedergelassene Ärzt*innen denken, ihre Patient*innen würden erwarten, dass sie eines verschreiben.

Gute Kommunikation ist das A und O

Viele Antibiotika werden unnötig verschrieben. Wenn Arzt oder Ärztin die Vor- und Nachteile mit Patient*innen besprechen, entscheidet sich nur noch die Hälfte für eine Antibiotika-Behandlung.

Gute Kommunikation reduziert unnötige Verschreibungen. Im Projekt AnTiB (Antibiotische Therapie in Bielefeld) tauschen sich Ärztinnen und Ärzte auf lokaler Ebene aus. Sie entwickeln gemeinsam Leitlinien, wann und wie sie Antibiotika verschreiben.

Im Gespräch mit einem Facharzt

Gerhard Schwarzkopf-Steinhauser, Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie, gibt Auskunft über die Situation in Deutschland. Das Interview mit der BUKO Pharma-Kampagne können Sie in unserem Podcast nachhören:

Südafrika: Teamwork gegen Resistenzen

In Südafrika soll ein innovativer Ansatz in Krankenhäusern die adäquate bzw. rationale Anwendung von Antibiotika sicherstellen. In vielen Kliniken wurden sogenannte Antimicrobial Stewardship Committees eingerichtet – Ausschüsse, die für einen verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika sensibilisieren. Teamwork und Kommunikation werden dabei großgeschrieben – zum Wohl der Patient*innen.

Grenzenlose Resistenz

© Sascha Jaeck

Ein erstmals 2009 in Schweden nachgewiesener Erreger, den ein Tourist aus Indien eingeschleppt hatte, wurde ein Jahr später bereits in 75 Ländern gefunden. Resistente Keime verbreiten sich weltweit über Menschen und Warentransporte.

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