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In Deutschland nahezu verschwunden, stellt die Viruserkrankung viele Länder des Globalen Südens weiter vor große Herausforderungen. Darauf weist ein neuer Podcast der BUKO-Reihe „NT-wie?“ hin.

Die Tollwut ist ein altes Gesundheitsproblem. Bereits aus der Antike kennen wir Schilderungen und schon davor finden sich Hinweise in sumerischen Schriften.1 So mag es vielleicht auf den ersten Blick ein wenig verwundern, dass die Tollwut auf der WHO-Liste der Neglected Tropical Diseases (NTD, vernachlässigten Tropenkrankheiten) steht.

Wirklich altbekannt?

Zwar kennen die meisten Menschen hierzulande den Begriff Tollwut, doch das Wissen darüber ist nur gering ausgeprägt. Erstaunlich ist das schon deshalb, weil die Erkrankung bei Auftreten von Symptomen fast immer tödlich verläuft. Zudem kann sie bei Patient*innen mit einer Vielzahl eher ungewöhnlicher Begleiterscheinungen einhergehen, von der panischen Angst vor Wasser bis hin zur sprichwörtlichen „Rage“.

Der letzte Fall bei einem Menschen in Deutschland wurde 2007 registriert: „Es handelte sich um einen Mann, der in Marokko von einem streunenden Hund gebissen wurde.“3 Großangelegte Kampagnen mit Schluckimpfungen über Köder in der Natur, die vor allem auf Füchse zielen, und Standard-Impfungen für Haustiere wie Hund und Katze haben das Reservoir für die Tollwut auslösenden Lyssaviren in der Bundesrepublik extrem verringert. Deutschland gilt als „tollwutfrei“.

Vergessen wird in der Berichterstattung jedoch oft ein wichtiger Zusatz: Dies gilt für die terrestrische Tollwut. Denn weiterhin gibt es bei Fledermäusen einen verwandten Virustyp, der als Zoonose in seltenen Fällen ebenfalls auf den Menschen übertragen werden kann. Ende 2023 wurde im Großraum Hannover eine Breitflügelfledermaus eingeschläfert, die den Erreger in sich trug.4

Global ist die Lage dagegen ernst. Herausragende Bedeutung besitzt dabei Indien: Von den weltweit geschätzt 59.000 Tollwut-Todesopfern pro Jahr entfallen mehr als ein Drittel auf den Subkontinent.5 Allerdings fordert das Virus zum Beispiel auch in Pakistan und Nigeria regelmäßig Menschenleben. Hinzu kommt für Hirt*innen und Kleinbäuer*innen die Gefährdung des Nutzviehs. Das kann verheerende ökonomische Konsequenzen mit sich bringen.

Die Tollwut teilt am Ende viele klassische Facetten von NTDs. Ihr „Listenplatz“ ist damit gut begründet: Sie betrifft vor allem arme Menschen in ländlichen Gegenden des Globalen Südens und dabei ganz besonders Kinder, die schätzungsweise 40% der Todesfälle ausmachen.6 (MK)


  1. Tarantola A (2017) Four Thousand Years of Concepts Relating to Rabies in Animals and Humans, Its Prevention and Its Cure. Tropical medicine and Infectious Disease; 2, 5 https://doi.org/10.3390/tropicalmed2020005 ↩︎
  2. Die Republik wurde erst 2011 gegründet. ↩︎
  3. RKI (2022) Tollwut. www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Tollwut.html [Zugriff 19.4.2024] ↩︎
  4. Ärzte Zeitung (2023) Warnung vor Fledermaustollwut im Raum Hannover. www.aerztezeitung.de/Medizin/Warnung-vor-Fledermaustollwut-im-Raum-Hannover-442577.html [Zugriff 19.4.2024] ↩︎
  5. WHO (2024) Rabies. www.who.int/health-topics/rabies [Zugriff 19.4.2024] ↩︎
  6. WOAH (2023) Rabies. www.woah.org/en/disease/rabies/ [Zugriff 19.4.2024] ↩︎

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