
Kürzungen in der Entwicklungshilfe
9. September 2025
„Diese Kürzungen sind keine abstrakten Zahlen.“
Das Bundeskabinett hat den Haushalt für 2025 beschlossen und Eckpunkte für 2026 vorgestellt, nun läuft das parlamentarische Verfahren. Im Interview gibt Tilman Rüppel dazu eine Einschätzung.
Besonders NGOs hatten große Bedenken vor Kürzungen für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit geäußert – wie schlimm ist es gekommen?
Die angekündigten Kürzungen sind umfassend und haben langfristige Folgen, die uns sehr beunruhigen. Im Bundeshaushalt sind die Etats des Entwicklungs- und Außenministeriums von zentraler Bedeutung für die Entwicklungszusammenarbeit. Doch ausgerechnet hier sind die größten Einschnitte vorgesehen: Alleine in diesem Jahr soll das Budget des Entwicklungsministeriums um eine Milliarde Euro gekürzt werden. Besonders alarmierend ist auch die geplante Reduzierung der humanitären Hilfe im Auswärtigen Amt um mehr als die Hälfte – diese Einschnitte gefährden unmittelbar lebenswichtige Hilfsprojekte für Menschen in Krisenregionen. Auffällig ist zudem, dass der Haushaltsentwurf für 2025 weitgehend mit dem Vorentwurf der Ampelregierung übereinstimmt – obwohl ja die Schuldenbremse im Frühjahr reformiert wurde. Das bedeutet also, dass der Sparzwang in der Entwicklungszusammenarbeit zusätzlich verschärft wird. Und man kann es nicht oft genug sagen: Diese Kürzungen sind keine abstrakten Zahlen – sie bedeuten konkrete Einbußen bei der Hilfe für Menschen, die von Katastrophen, Konflikten und Krankheiten betroffen sind.

Tilman Rüppel ist bei medmissio tätig und Experte für Finanzierungsfragen in der Entwicklungszusammenarbeit und Globalen Gesundheit.
Apropos Krankheiten: Wie stark trifft es die Gesundheit (soweit das schon klar ist)?
Der Bereich Gesundheit ist massiv von den Kürzungen betroffen – obwohl spätestens seit der Corona-Pandemie die globale Bedeutung von Gesundheitsinvestitionen unbestritten sein sollte. Ein besonders gravierendes Beispiel ist der sogenannte Globale Fonds (GFATM). Insbesondere durch die Bekämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria hat dieses Finanzierungsinstrument in den letzten beiden Jahrzehnten 65 Millionen Menschenleben gerettet – das entspricht etwa der Bevölkerung Frankreichs. Trotzdem hat sich die Bundesregierung entschieden, ihren Beitrag an den Globalen Fonds in den kommenden Jahren um rund 400 Millionen Euro zu kürzen. Dieses fehlende Geld wird dazu führen, dass in vielen Ländern weniger Therapien, Diagnosen und Präventionsmaßnahmen gegen die sogenannten „Großen Drei“ möglich sein werden. Kurz: Eine Entscheidung, die sehr viele Menschenleben kosten wird.
Deutschland folgt damit leider einem besorgniserregenden globalen Trend…
Das ist leider richtig. Vor allem die USA unter der Trump-Administration haben rigorose Kürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit umgesetzt, wobei der Gesundheitsbereich besonders stark betroffen war, da die USA hier der größte Geber waren. Studien schätzen, dass die US-Kürzungen bis zu 14 Millionen Menschenleben kosten könnten – darunter 4,5 Millionen Kinder unter fünf Jahren. Diese kritische Lage wird durch weitere Kürzungen wichtiger Geberländer wie Großbritannien, Frankreich und die Niederlande noch verschärft. Die dadurch entstehenden Finanzierungslücken sind so groß, dass sie kurzfristig nicht durch andere Mittel ausgeglichen werden können. Das gefährdet den Fortschritt bei der globalen Gesundheitsversorgung und Entwicklungszusammenarbeit insgesamt.
Gibt es denn für die globale Gesundheitsfinanzierung auch irgendwo Lichtblicke?
Es gibt tatsächlich auch positive Entwicklungen. So planen einige Geberländer wie Irland, Spanien und Südkorea, ihre Beiträge zur Entwicklungszusammenarbeit zu erhöhen. Außerdem haben einige Regierungen der betroffenen Länder bereits kurzfristig ihre Ausgaben im Gesundheitsbereich aufgestockt. Dadurch können zumindest einige der gravierendsten Folgen der Kürzungen abgefedert werden. Dennoch ist klar: Diese zusätzlichen Mittel reichen bei Weitem nicht aus, um die entstehende Finanzierungslücke vollständig zu schließen. Ein stärkeres Engagement von Staaten wie Deutschland bleibt daher von entscheidender Bedeutung.
Die Fragen stellte Max Klein.
Anmerkung: Die Zahlen stammen von Anfang August.