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Zigarettenindustrie: Einfluss auch in Deutschland
11. November 2024
Deutschland hat das internationale Tabakkontrollabkommen ratifiziert. Der Staat darf demnach keine Kooperationen mit der Tabakindustrie eingehen. Doch wie das Ärzteblatt berichtet, wird diese Verpflichtung nicht eingehalten.1 Kürzlich wurde auf einer Diskussionsveranstaltung in Mannheim eine aktuelle Studie zum Einfluss ökonomischer Faktoren auf politische Einstellungen vorgestellt. Die Studie wurde im Auftrag von Philip Morris erstellt. Auf dem Podium saß Lars Castellucci, stellvertretender Vorsitzender des Bundestags-Innenausschusses. Moderiert wurde die Veranstaltung von Thorsten Albig, einst Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, jetzt Cheflobbyist des Tabakkonzerns.
Eine andere Variante der Einflussnahme ist der Geschichtswettbewerb der Körber Stiftung für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Er steht unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten. Die Stiftung ist Alleinaktionärin der Körber AG, einem der weltgrößten Produzenten von Tabakherstellungsmaschinen.1
Auch wenn es vordergründig um eine offene freiheitliche Gesellschaft geht, gibt es einen Subtext: Man dürfe die Tabakindustrie nicht zu stark regulieren. Laura Graen vom Deutschen Krebsforschungszentrum kritisiert solche versteckte Einflussnahme scharf,1 sie diene der Normalisierung einer gesundheitsschädliche Industrie – genau das soll das Tabakkontrollabkommen eigentlich verhindern. In einer Pressemitteilung zur Studie über politische Einstellungen2 versucht Philip Morris denn auch ausführlich ein positives Image für rauchfreie Produkte aufzubauen – nur sind diese ebenfalls schädlich. Und der Konzern erzielt den Löwenanteil seiner Einnahmen immer noch mit Zigaretten.
- aerzteblatt.de (2024) Wie Tabakkonzerne Einfluss nehmen. 22. Okt. ↩︎
- Philip Morris (2024) Studie zur Lebenswirklichkeit in Deutschland: Angst vor sozialem Abstieg fördert rechtspopulistische Einstellungen. Pressemitteilung 10.9.2024 ↩︎