
Gesundes Leben auf einem gesunden Planeten
22. Juli 2025
Transformation für Umwelt und Gesundheit
Das Leben der Menschen steht in direkter Verbindung mit ihrer Umwelt. Zu oft fördern Lebensbedingungen aber nicht die Gesundheit, sondern machen krank. Insbesondere nicht übertragbare Krankheiten (NCDs) können durch Umweltfaktoren hervorgerufen oder begünstigt werden, die man als Individuum nicht oder kaum beeinflussen kann. Doch weltweit gibt es gesellschaftliche und politische Maßnahmen, die bereits helfen, Lebensbedingungen gesünder zu gestalten.
Maßnahmen, die die menschliche Gesundheit verbessern, können sich gleichzeitig positiv auf Ökosysteme auswirken. Andersherum können Umweltinitiativen die Gesundheit von Menschen fördern. Einzelne Maßnahmen haben somit einen größeren Gesamtnutzen und verbessern das Leben vieler Menschen. Diese Wirkung nennt man auch Co-Benefits. Besonders in den Bereichen Luftverschmutzung, Ernährung und Fortbewegung sieht die Wissenschaft viel Potenzial, wie gleichzeitig die Gesundheit von Menschen und unserem Planeten verbessert werden kann.1
Planetary Health
Das wissenschaftliche Konzept Planetary Health beschreibt, wie menschliche Gesundheit, Wohlergehen und Gerechtigkeit weltweit mit den natürlichen Grenzen des Planeten zusammenhängen. Dabei werden neben Ökosystemen auch politische, wirtschaftliche und soziale Systeme berücksichtigt. Denn nur auf einem gesunden Planeten können gesunde Menschen leben. Wenn das Klima oder die Biodiversität aus dem Gleichgewicht geraten und natürliche, planetare Grenzen überschritten werden, ist die Gesundheit von Menschen beispielsweise durch Extremwetterereignisse, Hunger oder Infektionen gefährdet.2
Frische Luft?
Dass Luftverschmutzung zu nicht übertragbaren Lungenerkrankungen wie Asthma, Lungenkrebs oder COPD (chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung) führen kann, liegt relativ klar auf der Hand. Doch auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzinfarkte und Schlaganfälle können durch Schadstoffe in der Atemluft hervorgerufen werden. Grund dafür ist, dass winzig kleine Schmutzpartikel über die Lunge in den Blutkreislauf gelangen und dort Entzündungsreaktionen hervorrufen können.3
In vielen Großstädten weltweit ist Luftverschmutzung ein großes Problem. Die Menschen sind ihr oftmals schutzlos ausgeliefert. Gesundheitliche Auswirkungen wie NCDs, die durch Umweltverschmutzung oder den Klimawandel verursacht werden, betreffen ärmere Menschen oft stärker.4 Sie sind durch ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen mehr Risiken ausgesetzt und können sich z.B. weniger gut schützen, wenn sie im Freien arbeiten, dabei schlechte Luft einatmen müssen und Hitze ausgesetzt sind. Dabei tragen sie selbst nur wenig zur globalen Umweltbelastung bei. Es geht hier also auch um die Frage der Gerechtigkeit.
Doch es gibt Beispiele, wie die Luftverschmutzung selbst in autozentrierten Großstädten wieder reduziert werden kann. Zuletzt machte Paris Schlagzeilen damit, wie innerhalb von 20 Jahren die Feinstaubmenge um 55% reduziert wurde. Möglich wurde dies durch Maßnahmen wie Tempolimits, mehr Fahrradwege und Umwandlungen von Straßen in Parks.5 Weniger Feinstaub bedeutet gleichzeitig eine geringere Klimabelastung.

Bäume gegen Hitze
Ebenfalls seit mehreren Jahren auf dem Weg zu mehr Gesundheit und Nachhaltigkeit sowie mittlerweile ein Vorzeigeprojekt ist die kolumbianische Stadt Medellín. Schon seit 2012 verfolgt die Kommunalpolitik die Initative „Healthy City Medellín“. Sie hat zum Ziel, Gesundheit in den verschiedensten Bereichen der Stadtentwicklung mitzudenken.7 Im Jahr 2016 startete das Projekt „Green Corridors“, um die hohe Luftverschmutzung und zunehmende Hitze in der Stadt zu bekämpfen. Dafür wurden mehr als 30 grüne Korridore geschaffen, die die gesamte Stadt durchziehen. Tausende Pflanzen und Bäume wurden gepflanzt, um Straßenränder zu begrünen, vertikale Gärten zu schaffen und Parks zu gestalten. Die ersten Ergebnisse sind mehr als erfreulich: Um bis zu 2°C konnte die Durchschnittstemperatur in der Stadt bereits gesenkt werden.8 Es wird außerdem erwartet, dass auch die Feinstaubbelastung sinkt. Zusätzlich regt mehr Stadtgrün Menschen an, sich öfter draußen zu bewegen oder Sport zu machen, was einen positiven Einfluss auf die individuelle Gesundheit hat und NCDs vorbeugen kann.
Politik für gesündere Ernährung
Politische Initiativen und Regelungen können also einen großen Einfluss auf die Gesundheit der Bevölkerung nehmen. Ein weiteres Beispiel dafür sind die Gesetze zur Lebensmittelkennzeichnung in Chile. Seit 2016 müssen dort Lebensmittel, deren Nährstoffgehalt bestimmte Schwellenwerte überschreitet, gekennzeichnet werden. Solche Grenzwerte existieren für die Kategorien Zucker, gesättigte Fettsäuren, Salz und Energiedichte. Lebensmittel können bis zu vier aufgedruckte, schwarze Labels erhalten, also eines pro Kategorie. Bis heute wurden die Schwellenwerte in mehreren Phasen sogar noch gesenkt. Außerdem wurde an Kinder gerichtete Werbung für Produkte mit schwarzem Label eingeschränkt sowie ihr Verkauf an Schulen verboten.9
Hintergrund der gesetzlichen Änderungen ist die hohe Verbreitung von Adipositas und Diabetes in Chile. Im Jahr 2022 lag Chile unter den Top 30 Ländern mit der höchsten Prävalenz für Übergewicht weltweit. Kinder und Jugendliche sind davon besonders betroffen. 22% der Mädchen und sogar 33% der Jungen waren 2022 übergewichtig. Im weltweiten Ranking lagen sie damit auf Platz 17 für Mädchen und 5 für Jungen.10 Es konnte bereits nachgewiesen werden, dass durch die neuen Regelungen weniger Nahrungsmittel gekauft wurden, die zu hohe Werte an Zucker, Salz, gesättigten Fettsäuren oder Energiedichte erhalten und die Menschen stattdessen zu Produkten ohne Label greifen, die gesünder sind.8 Die Industrie hat sich angepasst und gestaltet Nahrungsmittel gesünder. So ist der Gehalt an kritischen Nährstoffen in vielen Produkten in Chile zurückgegangen.11 Wirksame Politik kann also das (Gesundheits-)Verhalten von Menschen nachhaltig positiv beeinflussen.2

Die sogenannte Planetary Health Diet geht noch einen Schritt weiter. Diese Ernährungsempfehlung beabsichtigt explizit Co-Benefits für die menschliche Gesundheit und den Planeten. Sie wurde von Wissenschaftler*innen der EAT-Lancet Commission entwickelt und zeigt auf, wie eine gesunde Ernährung der Weltbevölkerung innerhalb planetarer Grenzen möglich ist. Die Empfehlung ist so gestaltet, dass sie an verschiedenste Kontexte, Kulturen und Ernährungsgewohnheiten anpasst werden kann.12 Erste Ergebnisse zeigen, dass mit der Planetary Health Diet beispielsweise das Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sinkt.13,14 (HO)

- Wabnitz K et al. (2024) Evidenzsynthese zu Co-Benefits: Eine Aufarbeitung der aktuellen wissenschaftlichen Evidenz. [Zugriff 16.5.2025] ↩︎
- Whitmee S et al. (2015) Safeguarding human health in the Anthropocene epoch: report of The Rockefeller Foundation–Lancet Commission on planetary health. Lancet 2015; 386, 1973-2028 ↩︎
- Münzel T et al. (2021) Luftverschmutzung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Herz; 46, S. 120-128 ↩︎
- Chancel L et al. (2023) Climate Inequality Report 2023. World Inequality Lab Study 2023/1 ↩︎
- Haas S (2025) Paris sagt „Au Revoir“ zum Auto: Karte zeigt die bemerkenswerten Folgen. Focus online. 27. Apr. [Zugriff 16.5.2025] ↩︎
- Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (2024) Darstellungen der Planetaren Grenzen. [Zugriff 22.5.2025] ↩︎
- Health in All Policies in the Americas (o.J.) Medellin: A healthy city for living. [Zugriff 18.5.2025] ↩︎
- Gouvea de Andrade M (2023) How Medellin is beating the heat with green corridors. BBC. 23. Sep. [Zugriff 18.5.2025] ↩︎
- Smith Taillie L et al. (2021) Changes in food purchases after the Chilean policies on food labeling, marketing, and sales in schools: a before and after study. Lancet Planet Health 2021; 5, e526-533 ↩︎
- NCD Risk Factor Collaboration (2022) Underweight and Obesity in Chile, 2022. Factsheet. [Zugriff 17.5.2025] ↩︎
- Rebolledo N et al. (2025) Changes in the critical nutrient content of packaged foods and beverages after the full implementation of the Chilean Food Labelling and Advertising Law: a repeated cross-sectional study. BMC Medicine; 23:46 ↩︎
- EAT-Lancet Commission (2019) Food Planet Health. Summary Report. [Zugriff 17.5.2025] ↩︎
- Ojo O et al. (2023) The Association of Planetary Health Diet with the Risk of Type 2 Diabetes and Related Complications: A Systematic Review. Healthcare 2023; 11, 1120 ↩︎
- Sawicki C M et al. (2024) Planetary health diet and cardiovascular disease: results from three large prospective cohort studies in the USA. The Lancet Planetary Health 2024; 8, e666-674 ↩︎
- Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (o. J.) Co-Benefits: Gut fürs Klima – doppelt gut für den Menschen. [Zugriff 21.5.2025] ↩︎