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Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) warnt erneut vor dem unkritischen Einsatz des Schmerzmittels Metamizol.1 Wegen seltener unerwünschter Wirkungen, die aber öfters tödlich verlaufen, wurde in Deutschland 1987 die Anwendung stark beschränkt und Kombinationspräparate mit dem Wirkstoff verboten.2 Rund 30 Länder nahmen diesen komplett vom Markt oder hatten ihn nie zugelassen. Umso erstaunlicher, dass hierzulande die Verschreibungszahlen kontinuierlich steigen.

Die AkdÄ berichtet beispielhaft über drei Patient*innen, die nach Einnahme von Metamizol wegen Agranulozytose intensivmedizinisch behandelt werden mussten. Aus Spanien berichtete der Guardian über mehrere Todesfälle unter Briten, die das dort populäre Nolotil von Boehringer Ingelheim verschrieben bekommen hatten.3 Die Firma teilte dem Guardian auf Anfrage mit, dass der Beipackzettel „das gegenwärtige Wissen über Risiken angemessen adressiert“. Offensichtlich reicht das nicht aus. Denn Angehörige bestreiten, dass den Betroffenen die Gefahren bewusst gewesen seien. Ein Reporter konnte das rezeptpflichtige Metamizol-Produkt zudem ohne Rezept einfach in der Apotheke kaufen. In Brasilien ist die Lage noch verheerender. Dort gibt es nach wie vor die in Deutschland verbotene Metamizol-Kombination Buscopan composto, die als Indikation unter anderem Menstruationsbeschwerden nennt.4 Früher hatte die Firma dort in einem Werbespot das Medikament auch als Mittel gegen Bauchweh nach zu viel Pizzagenuss angepriesen.5  (JS)      


  1. Arzneiverordnung in der Praxis (2023) Agranulozytose unter Metamizol: sehr selten, aber lebensgefährlich. Band 50, S. 180 ↩︎
  2. Pharma-Brief (1987) Metamizol Mittel der letzten Wahl aber weiterhin rezeptfrei? Nr. 10-11, S. 1 ↩︎
  3. Ungoed-Thomas J et al. (2024) ‘Like a bad dream’ Briton’s death in Spain heightens fears about painkiller Nolotil. Guardian, 20 Jan www.theguardian.com/world/2024/jan/20/alarm-over-death-toll-of-britons-in-spain-linked-to-painkiller-nolotil-metazimole ↩︎
  4. www.buscopan.com.br/produtos/buscopan-composto [Zugriff 31.5.2024] ↩︎
  5. Pharma-Brief (2012) Auf Kosten der Armen? Spezial Nr. 3, S. 40 ↩︎

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