
Bestandsaufnahme des WHO-Pandemievertrags
18. Juli 2025
Im Mai 2025 verabschiedete die Weltgesundheitsversammlung in Genf den Pandemic Treaty. Auch wenn wichtige Verhandlungen zum Zugang zu Medikamenten und Impfstoffen noch ungeklärt sind, gibt es im Pandemieabkommen lobenswerte Abschnitte, etwa zur Gesundheitssystemstärkung.
Die zahlreichen Verhandlungen der letzten Monate und Jahre müssen zäh, mühsam und sehr komplex gewesen sein. Keine kleine Sache, den Interessen von über 190 Mitgliedsstaaten gerecht zu werden. Der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus zeigte sich am Tag der Verabschiedung erleichtert: „Manchmal sah es so aus, als sei die Distanz zwischen Ihnen zu groß, um sie zu überwinden. […] Aber Sie gaben nicht auf. Und Schritt für Schritt bewegten Sie sich von roten Linien zu grünen Textabschnitten.“
Historisches Rechtsabkommen
Mehr als 30 Artikel, aufgeteilt in drei Kapitel, bilden auf 33 Seiten eine Grundlage für eine Pandemievorsorge, -prävention und -bekämpfung.1 Das Abkommen ist erst das zweite internationale Rechtsabkommen der WHO. Der erste völkerrechtliche Vertrag war das Tabakrahmenübereinkommen, das 2003 angenommen wurde und zwei Jahre später in Kraft trat.2
Begrüßenswerte Abschnitte
Zunächst sollen die Gesundheitssysteme der Mitgliedsstaaten hinsichtlich ihrer Präventions-, Versorgungs- und Überwachungsmöglichkeiten gestärkt werden. Krankheitsausbrüche sollen nicht nur besser vermieden werden, sondern auch schneller erkannt und eingedämmt werden.3 Bei der Überwachung spielt auch der One Health-Ansatz eine Rolle, um mögliche Ausbrüche an der Schnittstelle zwischen Mensch, Tier und Umwelt zu erkennen.1
Zudem sollen Lieferketten für z. B. Schutzmaterialien wie Masken gestärkt werden. Darüber hinaus ist im Abkommen festgelegt, dass das Gesundheitspersonal weltweit zuerst versorgt werden soll.3 Zusätzlich sollen routinemäßige Impfstoffprogramme gestärkt werden und gezielt zusätzliche Impfungen eingesetzt werden, um neue Krankheitsausbrüche einzudämmen.1
Einigung ohne die USA
Für die WHO, die seit dem angekündigten Austritt der USA unter finanziellem Druck steht, ist die Verabschiedung sicherlich ein Meilenstein. Die USA war in Genf nicht vertreten und nahm somit auch nicht an der Abstimmung teil. Dennoch bleibt offen, inwiefern ein weltweites Abkommen bzw. eine gemeinsame Bekämpfung von Pandemien ohne die Unterstützung durch ein pharmastarkes Land wie die USA funktionieren soll.4
Pathogen Access and Benefit-Sharing System
So begrüßenswert die Schritte auch sind: Eine Ratifizierung des Abkommens ist erst möglich, wenn eine Einigung über den global gerechten Zugang zu Medikamenten und Impfstoffen in einer nächsten Pandemie erzielt wird (wir berichteten5). Die entscheidenden Diskussionen zum sogenannten „Pathogen Access and Benefit-Sharing System“ (kurz: PABS) wurden ausgegliedert, damit die weniger umstrittenen Abschnitte des Pandemieabkommens verabschiedet werden konnten. Werden die weiteren Verhandlungen besser gelingen? (CK)
- WHO (2025) Proposal for the WHO Pandemic Agreement. Outcome of the Intergovernmental Negotiating Body: agreed text on Wednesday, 16 April 2025 at 01:57 CEST. [Zugriff 15.6.2025] ↩︎
- WHO (2025) World Health Assembly adopts historic Pandemic Agreement to make the world more equitable and safer from future pandemics. Pressemitteilung 20.5.2025 [Zugriff 15.6.2025] ↩︎
- Tagesschau (2025) Was der neue WHO-Pandemievertrag bewirken soll. [Zugriff 15.6.2025] ↩︎
- Langrand M (2025) Countries adopted a pandemic agreement – now what? Geneva Solutions. [Zugriff 15.6.2025] ↩︎
- Pharma-Brief (2025) WHO Pandemievertrag – ein Schritt weiter. Nr. 4, S. 7 ↩︎