
USA: Alzheimer früher diagnostizieren?
22. November 2023
Das staatliche National Institute on Aging (NIA) hat sich aus der Entwicklung einer US-Leitlinie zur Diagnose der Alzheimer-Erkrankung zurückgezogen.1 Das mit der Alzheimer’s Association gestartete Projekt soll neue Kriterien definieren, wer die Krankheit hat. Dies ist aus zwei Gründen umstritten: Der Entwurf sieht vor, dass auch Personen, die keinerlei Symptome haben und vielleicht auch nie welche entwickeln, als krank klassifiziert werden können. Dafür sollen Biomarker wie Amyloid beta und Amyloid tau im Gehirn dienen. Es ist umstritten, ob sie gute Indikatoren sind.
Mit der fragwürden Diagnose würde man viele Menschen einer nebenwirkungsreichen Therapie aussetzen, ohne dass sie einen Nutzen davon haben. Neuestes Beispiel dafür ist der bislang nur in den USA zugelassene Wirkstoff Lecanemab, der bestenfalls bescheidene Effekte im Frühstadium erzielen kann, aber die Krankheit weder stoppen noch umkehren kann. Häufig entstehen unter ihm beeinträchtigende Gehirnschwellungen und -blutungen. Mindestens drei Patientinnen sind daran gestorben. Die Hersteller haben natürlich ein Interesse daran, dass ihre Medikamente möglichst viele Konsumentinnen finden, und ihnen kommt eine Ausweitung der Diagnose gelegen. Das führt zum zweiten Kritikpunkt: Die Mehrzahl der an der Erarbeitung der Leitlinie Beteiligten hat Interessenkonflikte und auch die Alzheimer’s Association hängt am Tropf der Industrie. (JS)
- Gleckman H (2023) NIH Steps Back From Development Of New Alzheimer’s Diagnostic Standards, Forbes, 31 Oct www.forbes.com/sites/howardgleckman/2023/10/31/nih-steps-away-from-sponsoring-alzheimers-disease-diagnostic-standards [Zugriff 5.12.2023] ↩︎