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Eine globale Schieflage

Eine Studie untersuchte den Zusammenhang zwischen Listenpreisen und der Erschwinglichkeit unentbehrlicher Arzneimittel global.1 Das Ergebnis ist ein Ruf nach Strategien zur Förderung gerechter Arzneimittelpreise.

Die Analyse stützt sich auf die Preise und Erschwinglichkeit von 549 unentbehrlichen Medikamenten in 72 Märkten mit niedrigem, mittlerem und hohem Einkommen im Jahr 2022.

Die Ergebnisse zeigen: Wohlhabendere Länder haben für Medikamente zwar meist höhere Listenpreise als ärmere, wenn man jedoch die Kaufkraft der Bevölkerung berücksichtigt, zeigt sich ein umgekehrtes Bild: In einkommensschwachen Ländern sind Medikamente tatsächlich weniger erschwinglich. Anders gesagt: Menschen in ärmeren Ländern zahlen für Medikamente oft relativ mehr – gemessen an ihrem verfügbaren Einkommen.

Wie viele Tage jemand zum Mindestlohn arbeiten muss, um eine Monatsbehandlung mit Medikamenten2 zu bezahlen, variiert stark von Land zu Land. Im Durchschnitt sind Medikamente in Europa und im westlichen Pazifikraum am besten bezahlbar. In Afrika und Südostasien dagegen müssen Menschen am längsten arbeiten, um sich die Behandlung leisten zu können. So muss eine Brustkrebspatientin in Bangladesch für die Behandlung mit Paclitaxel 62 Tage arbeiten, in reichen Ländern sind es 5 Tage. Wie lässt sich das erklären?

Strategien reicher Länder

Dass reichere Länder oft weniger für Medikamente zahlen als ärmere, hat mehrere Gründe. So bewerten sie beispielsweise den gesundheitlichen Nutzen neuer Medikamente – in Deutschland übernimmt das das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Auf dieser Basis finden Preisverhandlungen statt. Zudem werden Preisobergrenzen für Generika festgelegt.

Außerdem verhandeln Länder mit höherem Einkommen häufig erfolgreicher mit Pharmaunternehmen über die Preise neuer Therapien. Das liegt daran, dass sie für die Industrie wirtschaftlich attraktivere Absatzmärkte darstellen.

Dazu kommt: In Ländern mit hohem Einkommen übernimmt das Gesundheitssystem einen großen Teil der Medikamentenkosten. Dadurch verringert sich die finanzielle Belastung der Patient*innen durch verschreibungspflichtige Arzneimittel deutlich. Im Gegensatz dazu tragen Patient*innen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen oft einen wesentlich größeren Anteil der Kosten selbst, was die Erschwinglichkeit von Medikamenten weiter einschränkt.

Kritik an fehlender Transparenz

Ein zentrales Problem hinter den insgesamt weltweit hohen aber auch sehr ungleichen Medikamentenpreisen ist die fehlende Transparenz. Politische Entscheidungstragende und die Zivilgesellschaft erhalten keinen verlässlichen Einblick in die tatsächlichen Kosten für Forschung, Entwicklung und Herstellung – ebenso wenig in Rabatt- oder Lizenzvereinbarungen mit der Pharmaindustrie und damit in die realen Preise in anderen Ländern. Diese Intransparenz schafft Raum für undurchsichtige Preisforderungen, die besonders Patient*innen in Ländern mit geringer Verhandlungsmacht treffen.

Hohe Medikamentenpreise behindern das Erreichen der Universal Health Coverage (UHC) – dem Ziel, allen Menschen Zugang zu Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. UHC setzt voraus, dass unentbehrliche Medikamente bezahlbar sind. (EF)


  1. Wouter O J et al. (2025) Prices and Affordability of Essential Medicines in 72 Low-, Middle-, and High-Income Markets. Jama; 6 ↩︎
  2. Für diesen Teil der Analyse wurden acht unentbehrliche Arzneimittel ausgewählt. ↩︎

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