
An der Quelle: Forschung, Produktion und Zulassung
10. September 2025
Die Europäische Kommission stellt fest: Für den gesamten Lebenszyklus von Arzneimitteln sind „Maßnahmen zur Verringerung der Ressourcennutzung, der Emissionen und der Mengen von Arzneimittelrückständen in der Umwelt erforderlich“1. Dies betrifft bereits die Entwicklung. Gerade deutsche Forschungsprojekte zu nachhaltiger Chemie haben gezeigt, dass „grünere“ Arzneimittel möglich sind.2 Auf der Suche nach neuen Wirkstoffen ist die Medizin unmittelbar auf eine möglichst hohe Biodiversität angewiesen und sollte den „Arzneischrank Natur“3 schon deshalb nicht gefährden.4
Viele Wirkstoffe in Arzneimitteln, die von deutschen Firmen verkauft und von Patient*innen eingenommen werden, stammen aus ausländischer Produktion, z.B. aus Asien.5 Im Zuge dessen stellen nicht nur Treibhausgase ein Problem dar, sondern auch belastete Abwässer.6 Für die lokale Bevölkerung ist dies gesundheitsgefährdend und entstehende Resistenzen entwickeln sich schnell zum globalen Problem. Daher müssen Anbieter ihrer Verantwortung stärker gerecht werden.
Neue EU-Vorgaben sollen die Umweltverträglichkeitsprüfung im Zulassungsprozess von Arzneimitteln stärken.7 In Deutschland ist diese für die Humanmedizin bislang ein „zahnloser Tiger“5. Zudem bleiben Arzneimittel mit Zulassung vor 2006 weiter ungeprüft auf dem Markt.8 Massive Datenlücken plagen Fachpersonal in Apotheken und Praxen, wenn es ökologisch nachhaltiger arbeiten möchte.
Wo kann die deutsche Politik ansetzen?
Forschung: Nachhaltige Pharmazie, auch über umweltverträglichere Medikamente hinaus, gewinnt an Bedeutung. Sie bedarf besserer politischer Förderung und Finanzierung.
Lieferketten: Das deutsche Lieferkettengesetz und die EU-Lieferkettenrichtlinie schützen im Pharma-Sektor Mensch und Umwelt. Ein Aufweichen der Vorhaben, etwa bei Reichweite und Berichtspflichten, wäre ein verheerendes Signal und ist daher abzulehnen.
Rabattverträge: Die Berücksichtigung von Umwelteffekten in der Arzneimittel-Produktion sollte bei den Rabattverträgen der GKV an Bedeutung gewinnen. Entsprechende Ansätze existieren bereits, beispielsweise für Generika.9
Datentransparenz: Transparente Informationen über die Umweltverträglichkeit von Arzneimitteln sind für die Versorgung wertvoll, wie etwa Schweden zeigt.10 Daher sollten Daten aus der Umweltprüfung durch Firmen aufgearbeitet und für Fachpersonal zur Verfügung gestellt werden.
- Europäische Kommission (2020) Eine Arzneimittelstrategie für Europa. 25. November [Zugriff 28.7.2025] ↩︎
- SZ (2021) Umweltverträgliches Antibiotikum: Uni sucht Pharmafirma. 25. Januar [Zugriff 28.7.2025] ↩︎
- Helmholtz HZI (o. J.) Neue Wirkstoffe – Arzneischrank Natur. [Zugriff 12.8.2025] ↩︎
- Booth A, Shaw S (2025) Addressing the Environmental Impact of Pharmaceuticals: A Call to Action. British Journal of Hospital Medicine; 86, p 1-19 ↩︎
- Baltruks D et al. (2023) Nachhaltigkeit im Arzneimittelwesen stärken. CPHP Policy Brief 1-2023 [Zugriff 28.7.2025] ↩︎
- Pharma-Brief Spezial (2020) Resistente Erreger. Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt. Nr. 1 ↩︎
- Europäische Kommission (2023) Häufig gestellte Fragen: Reform des Arzneimittelrechts. 24. Juni [Zugriff 28.7.2025] ↩︎
- BUND (2020) Positionspapier Arzneimittel in der Umwelt. [Zugriff 28.7.2025] ↩︎
- Sucker-Sket K (2024) Rabattvertrag nur mit Umweltzertifikat. DAZ, 4. März [Zugriff 28.7.2025] ↩︎
- Ecologic Institute (2025) Arzneimittelindex Umwelt – Machbarkeitsstudie zur Etablierung eines pharmazeutischen Umweltinformations- und -klassifikationssystems in Deutschland. [Zugriff 28.7.2025] ↩︎