Wo Antibiotika in die Umwelt gelangen, können resistente Supererreger entstehen. Denn die dort vorhandenen Bakterien entwickeln Abwehrmechanismen und geben ihre Resistenzen auch an andere Bakterien weiter. Aber wie genau funktioniert das? Welche Gefahren bergen die resistenten Keime aus der Umwelt? Und warum forciert ein vermeintlich „deutsches“ Antibiotikum die Resistenzproblematik in Indien?
Rückstände von Antibiotika und Resistenzen finden sich in Wasser, Boden und der Luft. Die Belastung in der Umwelt bekommt bisher allerdings weltweit zu wenig Aufmerksamkeit.
„Ich sehe, dass der Aspekt Umwelt bisher vernachlässigt wird. Er sollte weitaus mehr Aufmerksamkeit bekommen, als das momentan der Fall ist.“ (Erick Venant, Gründer RBA-Initiative, Tansania)
In Deutschland sind viele Böden und Gewässer mit antibiotischen Rückständen und resistenten Keimen belastet. Sie stammen aus landwirtschaftlichen Betrieben, aber auch aus Kläranlagen, in die Kliniken, Pflegeeinrichtungen oder Schlachthöfe ihre Abwässer einleiten. Wie gefährlich sind die Supererreger aus der Umwelt für uns Menschen? Und was können wir dagegen tun? Das Pestizid Aktions-Netzwerk und der BUND haben sich intensiv mit dem Thema beschäftigt und geben Auskunft.
Die Auswirkungen von Antibiotika in der Umwelt sind unberechenbar und bisher ungenügend erforscht. In vielen Ländern mangelt es an belastbaren Daten. Antibiotikarückstände sind Expert*innen zufolge wahrscheinlich mitverantwortlich für die Entstehung extrem resistenter Tuberkulose-Erreger und anderer multiresistenter Keime.
Das ist in Ländern wie Südafrika problematisch. Denn hier sind zahlreiche Haushalte in den Armenvierteln nicht an die Kanalisation angeschlossen. Viele Menschen, die dort leben, leiden unter Tuberkulose oder anderen Krankheiten und müssen Antibiotika einnehmen. Mit den Ausscheidungen gelangen antibiotische Rückstände und resistente Erreger in die Umwelt.
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Antibiotika, die wir in Deutschland konsumieren, werden meist in China und Indien produziert. Redakteur*innen des NDR haben die Antibiotika-Produktion in der indischen Stadt Hyderabad unter die Lupe genommen und dabei zahlreiche Wasser- und Bodenproben aus der Umgebung der Pharmafabriken untersuchen lassen. Ihr Fazit ist verheerend: Die resistenten Erreger finden sich überall – sogar im Trinkwasser.
Mehr als 30 Fabriken produzieren Antibiotika für den Weltmarkt in der Nähe von Hyderabad in Indien. Das unbehandelte Abwasser verseucht Gewässer und Flüsse. Dementsprechend hoch ist die Konzentration von Antibiotikarückständen und resistenten Keimen. Ein aktueller Gesetzesentwurf in Indien legt Höchstwerte für antibiotische Wirkstoffe im Abwasser von Pharmafabriken fest. Ein solcher Schritt ist wichtig für die Bekämpfung der Resistenten. Viele Unternehmen müssten nachrüsten, wenn das Gesetz verabschiedet wird, darunter auch Tochterfirmen und Zulieferbetriebe europäischer Konzerne.
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In armen Ländern sind viele Gewässer stark belastet mit resistenten Keimen. Von technischen Standards und Kontrollen, wie sie in Industrienationen üblich sind, kann man dort nur träumen. Dem Weltwasserbericht der Vereinten Nationen zufolge gelangen 80 % des Abwassers weltweit unbehandelt in die Umwelt. Gerade dort, wo es an Ressourcen für Abfallentsorgung und Kläranlagen fehlt, können sich resistente Bakterien rasant verbreiten.
„Die Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen in der Umwelt ist ein heikles Thema. Sie bedroht letztlich auch die Wirksamkeit von Antibiotika bei menschlichen Erkrankungen.“ (Erick Venant, Apotheker, Gründer RBA-Initiative, Tansania)
So ist auch in Tansania unbehandeltes Abwasser mit resistenten Keimen belastet. Fehlende Abwasserbehandlung und falsche Entsorgung von Antibiotika sind hier ein großes Problem. Selbst in Krankenhäusern werden Antibiotika häufig in der Toilette hinuntergespült oder im normalen Müll entsorgt.
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