
Niederlande: Wettbewerb lässt Preise purzeln
3. Juni 2025
Die niederländische Gesundheitsbehörde NZa verfolgte die Entwicklung der Preise von sieben teuren Arzneimitteln nach, die bis zum Patentablauf und dem Einsetzen des Wettbewerbs zu den Top Ten mit den höchsten Kosten für das niederländische Gesundheitssystem gehör(t)en.1 Nach Ablauf des Patents sanken die Preise meist rasant. Am krassesten ist die Ersparnis bei Lenalidomid, das bei bestimmten seltenen Krebsarten eingesetzt wird. Vor der Einführung von Generika im Jahr 2022 kostete es 39.700 Euro pro Patient*in und Jahr,2 danach nur noch 460 Euro, also etwas mehr als 1% des ursprünglichen Preises. Bis dahin verdiente sich der Anbieter 15 Jahre lang eine goldene Nase. Der weltweite Umsatz betrug allein im Jahr 2019 rund elf Milliarden Euro.3
Zwei weitere Krebsmedikamente waren unter den Top Ten: Trastuzumab, dass 19 Jahre Monopol genoss und Bevacizumab (15 Jahre Monopol), deren Preise nach Patentablauf um 80% sanken.
Die Preise von drei sehr teuren TF-alpha-Inhibitoren, die gegen Rheuma und andere Krankheiten eingesetzt werden, verringerten sich nach Beginn des Generika-Wettbewerbs um 85-90% (Details siehe Kasten). Auch hier waren die Schutzzeiten mit 14 bis 16 Jahren sehr lang.
Siebtes Beispiel ist Alglucosidase alfa gegen Morbus Pompe, einer sehr seltenen Speicherkrankheit, die sich hauptsächlich durch Muskelschwäche bemerkbar macht. Hier gibt es trotz Ablauf des Patents im Jahr 2021 auch nach 19 Jahren keine Generika und der Preis blieb entsprechend hoch. Zwar vereinbarte 2014 das Gesundheitsministerium einen Rabatt in unbekannter Höhe, teuer dürfte es trotzdem bleiben. (JS)
Klage gegen AbbVie wegen Wucher
Eines der drei teuren Rheumamittel ist Adalimumab (Humira®). Die niederländische Pharmaceutical Accountability Foundation (PAF) klagt gegen den Hersteller AbbVie wegen exzessiver Preise.4 Die Stiftung macht dabei eine einfache Rechnung auf: Von 2004 bis 2018 verdiente die Firma allein in den Niederlanden 2,1 Milliarden Euro mit Humira®. PAF schätzt, dass davon rund eine Milliarde überzogene Gewinne waren, die das Gesundheitssystem schwer belasteten. Die Verteidigungslinie der Firma ist, dass die „Preise für innovative Arzneimittel jedoch nicht auf einem Kosten-Plus-Ansatz, sondern auf dem Wert des Produktes basieren.“ Außerdem seien später auf den Markt gekommene Konkurrenzprodukte auch teuer. Also wird im Kern gar nicht bestritten, dass die Gewinne enorm waren. Die Pharmabranche erzielt mit patentgeschützten Medikamenten nach Abzug der Kosten für Forschung, Herstellung und Vertrieb im Schnitt einen Gewinn von 29%. Das ist verglichen mit anderen Branchen bereits üppig. AbbVie aber erzielte über 15 Jahre einen durchschnittlichen Profit von 78%.5 So nutzten Firmen ihre (Quasi-) Monopole aus.
- Nederlandse Zorgautoriteit (NZa) (2025) From patent to competition https://puc.overheid.nl/nza/doc/PUC_788743_22/1/# [Zugriff 12.4.2025] ↩︎
- Kosten für die Krankenversicherungen. Das Gesundheitsministerium hatte für Lenalidomid mit BMS einen Rabatt in unbekannter Höhe vereinbart. ↩︎
- Marselis D and Hordijk L (2020) From blockbuster to “nichebuster”: how a flawed legislation helped create a new profit model for the drug industry. BMJ, p m2983 www.doi.org/10.1136/bmj.m2983 ↩︎
- PAF (2025) The Pharmaceutical Accountability Foundations’ Excessive Pricing Case Against AbbVie Heads to Court 9 May www.pharmaceuticalaccountability.org/2025/05/09/the-pharmaceutical-accountability-foundations-excessive-pricing-case-against-abbvie-heads-to-court-9-may [Zugriff 9.5.2024] ↩︎
- Zorgvuldig Advies (2025) In-depth analysis: high profits made with Humira. www.pharmaceuticalaccountability.org/wp-content/uploads/2025/05/250428-In-depth-report-Humira_English.pdf [Zugriff 9.5.2024] ↩︎