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Gemeinsam mit Germanwatch hat die BUKO Pharma-Kampagne am 18. November einen Appell zum Weltantibiotika-Tag initiiert. Rund zwei Dutzend Organisationen aus Humanmedizin, Tiermedizin, Landwirtschaft und Umweltschutz forderten die EU-Kommission dazu auf, wichtige Reserveantibiotika aus der industriellen Tierhaltung zu verbannen.

Worum es aktuell geht:

Am 28. Januar 2022 tritt in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union eine neue Tierarzneimittelverordnung in Kraft. Sie soll auch dazu beitragen, den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung strikter zu regeln. Insbesondere die Anwendung wichtiger Reserveantibiotika (Critically Important Antimicrobials Highest Priority, CIA HP) bei Tieren soll eingeschränkt werden, um Resistenzen zu vermeiden.
Derzeit arbeitet die EU-Kommission an einer Liste von Antibiotika, die künftig der Humanmedizin vorbehalten bleiben sollen. In einem delegierten Rechtsakt wurden bereits Kriterien festgelegt, um solche wichtigen Wirkstoffe bestimmen zu können. Doch die Sache ist heikel: Etliche Reserveantibiotika, die in der Humanmedizin eine entscheidende Rolle spielen, gelten auch in der Tiermedizin als unersetzlich. Das könnte ein Ausschlusskriterium sein, sie auf die Liste zu setzen. Unser Appell fordert daher eine spezielle Regelung für den Bereich der industriellen Tierhaltung. Denn gerade hier werden CIA HP europaweit massenhaft eingesetzt und fördern die Entstehung und Ausbreitung von Resistenzen.

Der untenstehende Appell wurde u.a. mitgezeichnet von der Deutschen Umwelthilfe, Greenpeace, dem Pestizid Aktions Netz-Netzwerk, den Tierärzten für verantwortbare Landwirtschaft, Misereor, dem Bundesverband der Verbraucherzentralen, dem Deutschen Institut für ärztliche Mission (DIFÄM), dem Missionsärztlichen Institut, dem Verein demokratischer ApothekerInnen und Apotheker (VDÄÄ), dem Verein demokratischer ÄrztInnen und Ärzte, der Ärzt*inneninitiative MEZIS, AnTiB Bielefeld, dem Ärztenetz Bielefeld. Prominente Unterstützung gab es u.a. von Eckhard von Hirschhausen sowie dem Tierarzt und Buchautor Rupert Ebner (Pillen vor die Säue), die eine Grußbotschaft und persönliche Statements schickten.
Weitere Infos zum Appell auf der Kampagnenseite: www.germanwatch.org/antibiotika-appell


Wichtigste Antibiotika bewahren – stärkere Regulierung (in) der Tierhaltung!

Ein human- und veterinärmedizinischer Appell

Die moderne Medizin ist ohne Antibiotika undenkbar. Ihre Verfügbarkeit zur Behandlung bakterieller Infektionskrankheiten rettet täglich weltweit unzählige Leben. Durch die zunehmende Entstehung und Verbreitung antimikrobieller Resistenzen (AMR) laufen wir aktuell jedoch Gefahr, wirksame Antibiotika zu verlieren – nichts weniger als die globale Gesundheit steht auf dem Spiel. Der hohe und regelmäßige, Resistenzen begünstigende Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung ist deshalb nicht mehr hinnehmbar.


Eine Bedrohung von pandemischen Ausmaßen

Schon heute erkranken allein in der EU jährlich 670.000 Menschen an Infektionen durch antibiotikaresistente Erreger, 33.000 Menschen sterben daran. Laut Europäischem Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) ist die Belastung durch Infektionen mit antibiotikaresistenten Bakterien in der europäischen Bevölkerung vergleichbar mit der von Influenza, Tuberkulose und HIV/AIDS zusammen. Für das Jahr 2050 werden jährlich 390.000 durch AMR ausgelöste Todesfälle in Europa und 10 Millionen Todesfälle global prognostiziert. Das ist mehr als die prognostizierte Zahl der durch Krebs und Diabetes verursachten Todesfälle zusammen. Sowohl in der Human- als auch in der Tiermedizin gilt es also, die Bedrohung durch AMR im Sinne des One-Health-Ansatzes, der die Gesundheit von Mensch, Tier und auch Umwelt eng zusammen denkt, viel entschiedener zu bekämpfen.


Aktuelle Chancen nutzen, um Antibiotika in der Tierhaltung stärker zu regeln

Wir appellieren an die Europäische Kommission sowie an die zuständigen Ministerien in den Mitgliedstaaten, weitgehende präventive Maßnahmen zu ergreifen und sich dafür bietende Chancen – wie aktuell v. a. im tiermedizinischen Bereich – zwingend wahrzunehmen:

  • Schließen Sie wichtigste, von der WHO als „critically important antimicrobials highest priority“ (CIA HP) eingestufte Antibiotika vom Einsatz in der industriellen Tierhaltung aus! Dies ist über die aktuelle Ausgestaltung eines neuen Antibiotika-Rechtsakts (Art. 37 (5) der VO (EU) 2019/6) möglich. Schaffen Sie dabei zugleich die Möglichkeit der Einzeltierbehandlung für u. a. Haustiere (z. B. über zwei separate Listen).
  • Schließen Sie CIA HP auch über die nationalen Antibiotika-Resistenzstrategiepläne konsequent für den Einsatz in der industriellen Tierhaltung aus!
  • Fokussieren Sie sich im Zuge der aktuellen Revision der EU-Tierschutzgesetzgebung sowie auch nationaler Prozesse zum Umbau der Tierhaltung insbesondere auf den Aspekt der Tiergesundheit über Zucht, Haltung und Fütterung! Dazu gehören auch Ansätze zur innerbetrieblichen sowie allgemeinen Bestandsreduktion.

Dieser human- und veterinärmedizinische Appell wird auch von einem breiten Bündnis an Organisationen aus Bereichen wie dem Umwelt- und Tierschutz getragen.

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