Kleine Pillen, große Wirkung: Arzneimittel als Umweltproblem
14. November 2025
Konferenz der BUKO Pharma-Kampagne
Arzneimittel sind wichtig, doch haben sie auch ihre Schattenseiten. Von der Entwicklung, Produktion, Verabreichung bis hin zur Ausscheidung können Medikamente negative Auswirkungen für Mensch und Umwelt haben.
Im Rahmen unserer Projektabschlusskonferenz tagten und diskutierten wir Anfang Oktober in Bielefeld. Eine digitale, motivierende Grußbotschaft von der Bundestagsabgeordneten Dr. Franziska Kersten (SPD) eröffnete am 9. Oktober unsere Konferenz. Die Tierärztin betonte dabei besonders den Arbeitsbereich antimikrobielle Resistenzen. Durch die folgende Videobotschaft von Dr. Gopal Dabade (Drug Action Forum – Karnataka) aus Indien wurde zusätzlich deutlich:
Arzneimittelrückstände in der Umwelt sind ein globales Problem.
Trotz nationaler Regularien zur besseren Entsorgung, verklappen Firmen ihre Abfälle und Abwässer weiterhin oft auf direktem Wege in die umliegende Umwelt. Einflussreiche Beziehungen in die Politik machen es möglich.
Dass Medikamente jedoch nicht nur im Menschen, sondern auch in der Umwelt umfangreich wirken, untermalten daraufhin unsere Mitwirkenden vor Ort in Impulsvorträgen.
„Die Apotheke der Fische“
So können Hormone die Balzrufe von Krallenfröschen beeinflussen, sodass die Tiere nicht mehr zueinander finden. Antibiotika in Seen und Flüssen können zudem dazu führen, dass Fische keine Giftstoffe mehr abbauen können.
Dr. Gerd Maack vom Umweltbundesamtes stellte mit diesen und weiteren Beispielen anschaulich heraus, wie komplex sich pharmazeutische Rückstände auf die Tierwelt auswirken. Des Weiteren ordnete er die Aufklärungsarbeit des Umweltbundesamtes zum Thema ein und beendete seinen Vortrag mit einem vielsagenden Zitat: „Umweltschutz ist eigentlich Artenschutz für den Menschen.“1
Arzneimittelindex Umwelt
Doch wie genau könnte in der Praxis der Umweltschutz verbessert werden? Rodrigo Vidaurre vom Ecologic Institut teilte die Ergebnisse der Arbeit zum „Arzneimittelindex Umwelt“. Jenes Informations- und Klassifikationssystem könnte v.a. Gesundheitspersonal in Deutschland dabei helfen,
Arzneimittel nicht nur nach medizinischen oder finanziellen Kriterien, sondern auch nach Umweltaspekten zu beurteilen.2 Über eine konkrete Umsetzung in Deutschland muss noch entschieden werden, es zeigen sich jedoch viele Vorteile. Vidaurre blickte in seinem Vortrag dafür auf die Erfahrungen anderer Länder, etwa Schottland und Schweden.



Dr. Gerd Maack, Rodrigo Vidaurre und Robin Gundert.
Was ist Nachhaltige Pharmazie?
Dass hinter Nachhaltiger Pharmazie mehr steckt als nur grüne, also umweltfreundliche Arzneimittel, erklärte Robin Gundert von der Universität Freiburg. Der Pharmazeut zeigte auf, dass Nachhaltige Pharmazie einen Idealzustand anstrebt, in dem sich alles Lebendige innerhalb der Planetaren Grenzen dauerhaft entfalten kann. Dafür darf nicht nur „grün“, sondern muss beispielsweise auch ethisch und sozial gedacht werden.
Das von der Stiftung Umwelt und Entwicklung geförderte Projekt läuft Ende November aus. Neben zwei Fachpublikationen, einem Flyer und einem Poster3, haben wir Fachpersonal auch anhand zweier Online-Schulungen erreicht.
Ein besonderes Highlight des Projektes: Unsere Wanderausstellung, die dieses Jahr an acht Orten Halt machen konnte, hat zahlreiche Verbraucher*innen über die Problematik informiert. (CK)
- Das Zitat stammt wiederum von Klaus Töpfer, ehemals Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (1987-1994) und Direktor der UN Environment Programme (1997-2006). ↩︎
- Mehr Infos zum Projekt „Arzneimittelindex Umwelt – Machbarkeitsstudie zur Etablierung eines pharmazeutischen Umweltinformations- und -klassifikationssystems in Deutschland“ (Laufzeit Nov 2023 – Jan 2025): www.ecologic.eu/de/19485 [Zugriff 28.10.2025] ↩︎
- Zum gesamten Material auf unserer Themenseite Arzneimittel und Umwelt. [Zugriff 28.10.2025] ↩︎