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Verantwortung der Pharmaindustrie

Mit den herkömmlichen drei Reinigungsstufen lassen sich Arzneimittelrückstände in Kläranlagen nicht vollständig entfernen. Das ändert die neue Kommunale Abwasserrichtlinie der EU (KARL) künftig. Sie gilt seit Januar 2025 und fordert die Kommunen auf, ab einer bestimmten Einwohnerzahl die sogenannte vierte Reinigungsstufe einzuführen. Bis 2045 bleibt Zeit für die Planung und Umsetzung. Deutschland muss die Richtlinie bis spätestens 2027 in nationales Recht umsetzen.

Das Verursacherprinzip in der Richtlinie sorgt für Widerstand in der Pharmabranche. Demnach sollen Pharma- und Kosmetikunternehmen 80% der Kosten für die Aufrüstung der Kläranlagen übernehmen. Die Pharmaindustrie fordert daher die Aussetzung der Richtlinie und droht sogar, Medikamente vom Markt zu nehmen.

Pharmaunternehmen fordern Aussetzung

Ein deutscher Pharmaverband wandte sich in einem offenen Brief an den Bundesumweltminister und forderte die Aussetzung der KARL. Die Begründung: „Nur eine Kommunalabwasserrichtlinie auf seriöser wissenschaftlicher Grundlage kann Umweltschutz und Arzneimittelversorgung miteinander vereinbaren.“1 Ist damit etwa gemeint, dass belastbare Daten, die das Problem und die geplanten Maßnahmen rechtfertigen, fehlen würden?

Der Verband kritisiert zudem, dass die Richtlinie davon ausgeht, 66% der Mikro-schadstoffe im Abwasser stammen von Humanarzneimitteln. Ihrer Ansicht nach sei nämlich unklar, wie sich die tatsächlichen Daten zusammensetzen.1

Datenlage alles andere als unklar

Unsere Recherchen zeigen jedoch ein anderes Bild: Forschende haben allein in Deutschland über 400 Wirkstoffe und ihre Abbauprodukte in Böden und Gewässern nachgewiesen. Teilweise übersteigen die gemessenen Konzentrationen die Richtwerte für schädliche Belastungen um das Zehnfache. Die Produkte gelangen nachweislich in die Umwelt, können Ökosysteme schädigen und langfristig die öffentliche Gesundheit beeinträchtigen. Zudem zeigen zahlreiche Studien2, dass Arzneimittel und kosmetische Produkte einen wesentlichen Anteil an der Mikroschadstoffbelastung in kommunalen Abwässern haben. Die vorhandenen Daten gelten in der Forschung als ausreichend, um den Handlungsbedarf aufzuzeigen und Hersteller stärker in die Verantwortung zu nehmen. (EF)


  1. Pharma Deutschland News (2025) Pharma Deutschland fordert Aussetzung der Kommunalabwasserrichtlinie – Arzneimittelversorgung nicht aufs Spiel setzen
    (Zugriff 14.10.2025) ↩︎
  2. Pharma-Brief (2024) Arzneimittel in der Umwelt. Die unsichtbare Gefahr. Spezial Nr. 2 ↩︎

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