Zum Inhalt springen
Abstimmung_WHO_Pandemievertrag_78_Weltgesundheitsversammlung_2025-05-19__©Christopher_Black_WHO_WH15577
© Christopher lack/WHO

WHO Pandemievertrag – ein Schritt weiter

Zugang zu Medikamenten und Impfstoffen aber noch ungeklärt

Am 20. Mai 2025 verabschiedete die Weltgesundheitsversammlung (WHA) in Genf den Pandemic Treaty. Doch bevor die Ratifizierung beginnen kann, wird mindestens ein weiteres Jahr vergehen.

Eigentlich sollte der Pandemievertrag schon vor einem Jahr verabschiedet werden, aber die Verhandlungen zogen sich hin und standen mehr als einmal kurz vor dem Scheitern. Insofern ist es positiv, dass jetzt der Vertragstext1 im Konsens angenommen wurde. Das gibt Hoffnung, dass die internationale Koordinierung bei der nächsten Pandemie besser läuft. Doch bevor der Vertrag von den Mitgliedstaaten ratifiziert werden kann, muss noch Einigkeit über den Anhang erzielt werden. Das soll möglichst bis zur nächsten WHA im Mai 2026 geschehen. Es stehen also weitere schwierige Verhandlungen an, deren Ausgang ungewiss ist.

An wichtigen Details könnte es noch scheitern

Im Anhang zum Pandemievertrag sollen rechtssichere Regeln zum Teilen von Informationen über die auslösenden Erreger und zum Zugang zu den mit diesem Wissen entwickelten Produkten zur Bekämpfung einer Pandemie ausformuliert werden. Dabei handelt es sich um das “Pathogen Access and Benefit-Sharing System” (PABS), das im Kern bereits im verabschiedeten Vertragstext beschrieben ist: Firmen, die Diagnostika, Medikamente oder Impfstoffe entwickeln wollen, erhalten freien Zugang zu den Erregersequenzen und versprechen im Gegenzug, 10% der Produktion an die WHO zu spenden und weitere 10% zum Herstellungspreis abzugeben, um die Versorgung ärmerer Länder zu verbessern. Dies soll verhindern, dass z.B. Impfstoffe dort erst ankommen, wenn eine Pandemie weitgehend vorbei ist. So geschah es bekanntermaßen bei Covid-19. Der genaue Mechanismus für PABS muss jetzt ausgearbeitet werden.

Das Third World Network mahnte auf der WHA an, dass die Verhandlungen, „darüber entscheiden werden, ob dieses Abkommen zu einem sinnvollen Instrument für mehr Gerechtigkeit wird oder ob es lediglich symbolisch bleibt“.2 Die Verhandlungen über den Text sollen bald beginnen. Es sei wichtig, dass sie transparent geführt werden, betonte das Netzwerk Health Action International, in dem die Pharma-Kampagne mitarbeitet.

Streitpunkt Technologietransfer

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Wissens- und Technologietransfer, um eine möglichst breite Produktion zu ermöglichen. Auch hier sind noch wichtige Details strittig. Wo die Konfliktlinien verlaufen, machte die Intervention des Interessenverbands von Big Pharma deutlich. Dr. David Reddy, Generaldirektor IFPMA, forderte auf der WHA: „[…] es muss sichergestellt werden, dass die Unternehmen so schnell wie möglich Zugang zu den Erregern und Sequenzinformationen erhalten, um wissenschaftliche Forschung betreiben zu können, und unnötige Regeln vermieden werden, die den Unternehmen diese Arbeit erschweren“. Dabei dürfe „der Schutz des geistigen Eigentums, der für Pharmaunternehmen für Investitionen in risikoreiche Forschung und Entwicklung unerlässlich ist, nicht ausgehöhlt werden. Stattdessen müssen Partnerschaften auf freiwilliger Basis und zu einvernehmlich festgelegten Bedingungen ermöglicht werden, und zwar in einer Weise, die das Fachwissen und die Netzwerke der einzelnen Unternehmen nutzt.“2

Genau diese Engführung auf ausschließlich freiwilligen Wissens- und Technologietransfer gibt der beschlossene Text des Pandemieabkommens aber nicht her. Nach einer kontroversen Diskussion3 wurde der im Abkommen mehrfach verwendete Terminus „im gegenseitigen Einvernehmen“ um eine Definition ergänzt, die klarstellt, dass damit Rechte und Verpflichtungen aus anderen internationalen Verträgen nicht beschnitten werden.4 Also sind zum Beispiel Zwangslizenzen für Medikamente gemäß dem TRIPS-Abkommen möglich. (JS)


  1. Der auf der 78. WHA zur Abstimmung vorgelegte Text des Pandemic Treaty findet sich hier https://apps.who.int/gb/ebwha/pdf_files/WHA78/A78_10-en.pdf [Zugriff 22.5.2025] ↩︎
  2. Cullinan K (2025) Presidents and Prime Ministers Celebrate the Passing of the Pandemic Agreement. Health Policy Watch, 20 May https://healthpolicy-watch.news/presidents-and-prime-ministers-celebrate-the-passing-of-the-pandemic-agreement/ [Zugriff 22.5.2025] ↩︎
  3. Ferrari Faviero G und ´t Hoen E (2025) Wird Europa das Pandemieabkommen wegen eines Wortes blockieren? https://bukopharma.de/scheitert-pandemic-treaty-an-einem-wort ↩︎
  4. Pandemic Treaty footnote 8: “For the purposes of the WHO Pandemic Agreement, “as mutually agreed” means willingly undertaken and on mutually agreed terms, without prejudice to the rights and obligations of the Parties under other international agreements.” ↩︎

Wenn Sie sich regelmäßig über die Pharma-Problematik informieren wollen, sollten Sie den Pharma-Brief abonnieren.

Jetzt abonnieren

BUKO Pharma-Kampagne
Datenschutz-Übersicht

Diese Website verwendet Google Analytics über den Google Tag Manager. Lesen Sie unsere Datenschutzerklärung.