Patente und Profite
Patente garantieren der Pharmaindustrie weltweit hohe Preise – oft ohne dass dem ein relevanter Nutzen gegenüber stünde. Mit Gründung der Welthandelsorganisation (WTO) wurden Arzneimittelpatente globalisiert. Ausnahmeklauseln, die z.B. Zwangslizenzen zur Kostensenkung ermöglichen, werden von den betroffenen Firmen und Regierungen der Industrieländer massiv bekämpft. Deshalb trauen sich nur wenige Staaten, diese Instrumente zu nutzen. Dabei wären sie nach den Regeln der WTO zulässig, um die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung sicherzustellen.
Wir machen nicht nur publik, welche Auswirkungen Patente auf den weltweiten Zugang zu Arzneimitteln haben. Wir engagieren uns auch für Alternativen zum herkömmlichen Patentsystem.
Indien und Südafrika fordern von WTO, Patente wegen Covid-19 auszusetzen
Am 15. und 16. Oktober tagte das das für Patente zuständige TRIPS Council[1] der Welthandelsorganisation (WTO). Bereits am 2. Oktober hatten Indien und Südafrika einen vielbeachteten Vorschlag eingebracht, zeitweilig für alle Produkte, die zur Vorbeugung, Eindämmung und Behandlung von Covid-19 notwendig sind, den Patentschutz auszusetzen. In der Sprache der WTO heißt so eine Ausnahmeregelung „Waiver“.
Patente töten: Zivilgesellschaftliche Organisationen aus aller Welt fordern die Aufhebung des Patentschutzes für unentbehrliche Arzneimittel
Pressemitteilung BUKO Pharma-Kampagne und medico international, 22.09.2020
In einem internationalen Aufruf fordern über 100 zivilgesellschaftliche Organisationen aus 20 Ländern gemeinsam mit Ärzt*innen, Wissenschaftler*innen, Gesundheitsexpert*innen und Kreativen anlässlich der Covid-19-Pandemie die Aufhebung des Patentschutzes auf alle unentbehrlichen Medikamente. Um aktuelle und künftige Pandemien erfolgreich einzudämmen, müssten Regierungen die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass Forschung transparent erfolgt, medizinisches Wissen und seine Endprodukte als Gemeingut der Menschheit behandelt werden und die Macht von Pharmaunternehmen im öffentlichen Interesse begrenzt wird.
Pharma-Brief 6/2020: Antibiotika-Ablasshandel
Der Pharma-Brief 6/2020 widmet sich folgenden Themen:
Antibiotika-Ablasshandel
Industriespende für Forschung löst die Probleme nicht
Anfang Juli 2020 versprach der internationale Verband von Big Pharma (IFPMA) knapp eine Milliarde US$ für die Erforschung neuer Antibiotika. Damit reagiert die Industrie auf die Kritik an ihrem weitgehenden Ausstieg aus der Entwicklung von Medikamenten gegen resistente bakterielle Krankheitserreger. Weiterlesen
Antibiotika: Wo Deutschland noch dazulernen muss
Interview mit Gerhard Schwarzkopf-Steinhauser
Können bakterielle Erkrankungen in Deutschland in naher Zukunft nicht mehr erfolgreich behandelt werden? Weiterlesen
Advocacy-Arbeit im Aufwind
Initiativen fordern eine bessere globale Gesundheitsversorgung
Die COVID-19 Pandemie lässt lange existierende Probleme in der globalen Gesundheitsversorgung wie in einem Brennglas erscheinen und gibt kritischen Positionen Aufwind. Zugleich werden für Forschung und Versorgung gewaltige Summen locker gemacht. Das ruft die Zivilgesellschaft auf den Plan und sorgt für intensive Advocacy-Arbeit. Gemeinsam mit ihren Bündnis-Partnern brachte die BUKO Pharma-Kampagne zahlreiche Initiativen auf den Weg. Weiterlesen
Entwicklungshilfe (einmal mehr) kritisch hinterfragt
Thomas Schwarz von Medicus Mundi International erzählt wie es zu der „Kampala-Erklärung“ zur internationalen Hilfe kam und warum eine kritische Auseinandersetzung mit dem Hilfe-Paradigma auch heute so wichtig ist. Weiterlesen
Aus aller Welt
- Universitäten: Rassismus schadet der Gesundheit
- EU: Zwangslizenzen für Covid-19 Produkte
- Allgemeinheit zahlt – Firmen machen Kasse
- Transparenz: Italien macht Ernst
Download: Pharma-Brief 06/2020 [PDF/425kB]
Eine Milliarde für neue Antibiotika – aber wer kann sich die Produkte leisten?
Big Pharma reagiert auf die Kritik an fehlender Antibiotikaforschung und will angeblich knapp eine Milliarde für die Erforschung neuer Antibiotika zur Verfügung stellen.[i] Die Initiative wird von den Pharmaverbänden unter Teilnahme von MinisterInnen und der WHO heute (9.7.2020) vorgestellt. Die Pharma-Kampagne kritisiert, dass der Zugang zu den neuen Antibiotika, die durch diese Forschungsgelder ermöglicht werden soll, keineswegs gesichert ist. Die Rechte an den neuen Medikamenten müssten an den Patentpool der WHO gehen, nur so kann eine preiswerte Produktion gesichert werden. Wenn der Cheflobbyist des internationalen Pharmaverbands Thomas Cueni gleichzeitig fordert, dass Anreize geschaffen werden müssten, um die Forschung wieder lukrativ für die Pharmaindustrie zu machen,[i] lässt das das Schlimmste befürchten. Statt weiterer Public Private Partnerships brauchen wir gezielte staatlich finanzierte Antibiotikaforschung mit klaren Regelungen zum Preis und Vertrieb. Damit können auch Fehlanreize verhindert werden, durch Werbung mehr Verschreibungen und damit höhere Umsätze zu erzielen. Dazu äußerte sich Jörg Schaaber von der Pharma-Kampagne auch in der Tagesschau.
[i]www.tagesschau.de/investigativ/ndr/antibiotika-initiative-101.html