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Globale Herausforderungen erkennen, lokale Handlungsperspektiven fördern
Das drohende Zukunftsszenario eines post-antibiotischen Zeitalters bezeichnete die Weltgesundheitsorganisation schon 2015 als "globale Gesundheitskrise". In armen Ländern sind die Menschen davon besonders betroffen. Denn aufgrund schlechter Lebensbedingungen leiden sie einerseits wesentlich häufiger unter Infektionen. Andererseits sind Therapien gegen resistente Erreger oft nicht verfügbar oder unbezahlbar. Zudem greifen PatientInnen, die für eine ärztliche Beratung selbst aufkommen oder dafür beschwerliche Wege auf sich nehmen müssen, häufig ohne Diagnose zu Antibiotika. Das gilt besonders, wenn diese Mittel rezeptfrei und billig zu haben sind.
Problematisch: Steigender Verbrauch
Weltweit steigt der Verbrauch von Antibiotika: Zwischen 2000 und 2015 hat der Verkauf um 65% zugenommen. In Ländern geringen und mittleren Einkommens gab es sogar einen Anstieg um 114%. Indien stach dabei besonders hervor. Aber auch in Deutschland zeigen Analysen der Krankenkassen, dass Antibiotika häufig falsch und unnötig verordnet werden. Hier ist ein Umdenken gefragt. Denn der übermäßige und unsachgemäße Einsatz von Antibiotika beschleunigt die Resistenz-Entwicklung erheblich.
Massentierhaltung fördert Resistenzen
Eine zentrale Rolle bei der Entwicklung resistenter Keime spielt die Landwirtschaft. Der massive Einsatz von Antibiotika bei der Tiermast bringt längst auch Reservepräparate an den Rand ihrer Wirksamkeit. Weil die Nachfrage nach billigem Fleisch kontinuierlich steigt, nimmt die Massentierhaltung in armen Ländern rasant zu. Hochgezüchtete Rassen sind jedoch selten an die klimatischen Bedingungen in Südländern angepasst. Die Tiere erkranken häufiger und werden häufiger mit Antibiotika behandelt. Auch als Masthilfe bzw. Wachstumsbeschleuniger werden Antibiotika eingesetzt. Die dadurch entstehenden Resistenzen werden durch die Import- und Export-Beziehungen im Fleischhandel globalisiert.
Resistente Keime in Flüssen und Seen
Nicht zuletzt die Herstellung von Antibiotika birgt gravierende Risiken: Ende 2017 stieß ein Team deutscher Journalisten bei Wasserproben in Hyderabad/Indien, woher auch fast alle großen deutschen Pharmahersteller Antibiotika beziehen, auf extrem hohe Konzentrationen antibiotischer Wirkstoffe in Gewässern sowie im Grund- und Trinkwasser.
Aber auch in deutschen Gewässern und Badeseen werden immer wieder resistente Erreger gefunden. Antibiotische Wirkstoffe aus der Tierhaltung sind dafür maßgeblich verantwortlich. Sie gelangen u.a. über die ausgebrachte Gülle in Boden und Gewässer. Abwässer aus Krankenhäusern und Pflegeheimen weisen ebenfalls hohe Konzentrationen antibiotischer Rückstände auf. Die Kläranlagen sind derzeit technisch nicht dafür ausgerüstet, solche Rückstände von Medikamenten aus dem Wasser herauszufiltern.
Was tut die Pharma-Kampagne?
Die BUKO Pharma-Kampagne nimmt die globale Resistenz-Problematik gemeinsam mit Partnerorganisationen in Indien, Südafrika und Tansania unter die Lupe. Ab Mai 2020 präsentieren wir die Ergebnisse in einer Wanderausstellung. Großformatige Bildtafeln, interessante Texte und multimediale Elemente sollen die Resistenzprobleme in verschiedensten Teilen der Welt abbilden, Ursachen aufzeigen und lokale Lösungsstrategien und Handlungsansätze vorstellen. Die Ausstellung wird sich an kritische VerbraucherInnen sowie Beschäftigte in der Landwirtschaft und im Gesundheitswesen richten. Das von der Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen geförderte Projekt startete im Juni 2019, Aktivitäten sind bis 2021 geplant.
- Resistente Erreger / Pharma-Brief Spezial 1/2020
- Unklare Resistenzlage weltweit / Pharma-Brief 4-5 2019 (S. 14-15)
- Resistente Keime in NRW-Gewässern / Pharma-Brief 3 -2019 (S. 6-7)
- Interview mit Amit Khurana
- Erklärvideo zu Antibiotika-Resistenzen
- ARD-Film: Tödliche Supererreger aus Pharmafabriken
- Panorama-Dokumentation „Das Ende der Antibiotika?“
- Key Facts der WHO zu Antibiotika-Resistenzen
- »Armut: Nährboden für resistente Erreger – Soziale Determinanten in den Blick nehmen!« in der Zeitschrift Gesundheit braucht Politik, S. 24-27