Bild Covid 19 von Flick


Covid-19 Entwicklungen - Teil 1

Ende 2022 hat sich in Deutschland die öffentliche Debatte zur Covid-19-Pandemie nahezu vollständig von der globalen Ebene des Problems abgewendet. So bleibt in der Zeit der Jahresrückblicke weitgehend eine kritische Retrospektive dazu aus, wo die verschiedenen internationalen Projekte zur Eindämmung heute stehen. Dabei hält gerade dieser Dezember einige interessante Ausblicke auf wichtige Entwicklungen in 2023 bereit. In einer zweiteiligen Analyse werfen wir zunächst einen Blick auf den Status-quo bei COVAX (Covid-19 Vaccines Global Access) und C-TAP (Covid-19 Technology Access Pool). Im zweiten Teil wenden wir uns der WTO (Welthandelsorganisation) zu, sowie dem mRNA-Hub und der Debatte um einen Pandemievertrag. 

COVAX: Im Umbruch

Auf der Impfstoff-Verteilungsplattform COVAX ruhten seit dem Start im April 2020 die Hoffnungen sowohl der letzten Großen Koalition, als auch der jetzigen Ampelkoalition. Sie erfüllten sich nicht, denn zunächst blieb COVAX meilenweit hinter den eigenen Zielen zurück, um zuletzt zu einem Vehikel für überzählige Impfdosen aus dem globalen Norden zu werden, die viele Länder im Süden aus verschiedenen Gründen nicht mehr abnehmen wollen oder können. In einem eingehenden Report der New York Times bezeichnete jüngst eine fachkundige Quelle diese Struktur als „Zombie-Mechanismus“.[1] Von den schätzungsweise drei Milliarden Covid-19-Impfstoffdosen, die bislang weltweit verabreicht wurden, fand der Löwenanteil in reichen Ländern Verwendung und insgesamt lediglich 12% wurden durch COVAX verteilt.[2]

Impfdose

In Zukunft wird die Plattform eine andere Rolle einnehmen, so das Ergebnis einer Sitzung am 8. Dezember vom COVAX-Hauptakteur GAVI. Demnach sollen Covid-19-Impfungen in GAVI-Routineprogramme integriert und COVAX schrittweise zurückgefahren werden. [3] Für 37 Länder soll die Unterstützung beendet werden und stattdessen laut GAVI eine Einmalzahlung als „Katalysator“ den Aufbau nationaler Covid-Impfprogramme fördern.[4] 54 andere Länder, die bereits vor der Pandemie im GAVI-Portfolio waren, sollen weiterhin Covid-Impfstoffe empfangen können, sollten sie entsprechende Impfprogramme durchführen wollen.[4] Wie dies praktisch umgesetzt wird, was konkret mit bereits zugesagten Geldern bzw. Impfdosen für COVAX passiert und wie GAVI sein Bekenntnis zu mehr lokaler Förderung mit Leben füllen will, werden die kommenden Monate zeigen.

C-TAP: Kritische Analyse

Im langen Schatten von COVAX stand seit seiner Gründung im Mai 2020 der Technologiepool C-TAP. Eineinhalb Jahre später fällt die Bewertung der Initiative von zivilgesellschaftlicher Seite gemischt aus, wie ein Webinar der NGO Wemos am 2. Dezember verdeutlichte. Prinzipiell wurde das vor allem von Costa-Rica vorangetriebene Projekt weiterhin wohlwollend betrachtet, als ein kooperativer Ansatz mit positivem Symbolcharakter, der zudem erste konkrete Lizenzvereinbarungen vorweisen kann (wenn auch nicht bei Impfstoffen).[5] Zugleich hat 2022 deutlich aufgezeigt, dass strukturelle Hürden seine Arbeit deutlich erschweren.

Ein aktueller Bericht von Wemos, der den Rahmen für das Webinar lieferte und auf Interviews und Dokumentenanalyse basiert, stellt mehrere gravierende Probleme fest. Personelle Unterbesetzung, Unterfinanzierung und mangelnder politischer Rückhalt waren demnach besonders prägend für C-TAPs bislang noch eher geringen Erfolg.[6] Auch die vollständige Weigerung privater Pharma-Firmen, sich bei dem freiwilligen Mechanismus einzubringen, war ein wichtiger Hemmschuh. Zugleich sind einige Schwierigkeiten wiederum hausgemacht, wie der Report mit dem Titel „Make pooling work to end pandemics“ konstatiert. Darunter fiele etwa das starke Zögern beim Lizenzieren von Produkten ohne Marktzulassung. Hier zeige sich die Ambivalenz der engen Anbindung von C-TAP an die Weltgesundheitsorganisation (WHO), so Wemos. Hervorzuheben in der Analyse, gerade aus deutscher Sicht, dürfte das nachdrückliche Plädoyer für mehr und konkretere Zugangsauflagen bei Ergebnissen öffentlicher Forschung sein. Hier besteht national großer Handlungsbedarf, wie auch die Pharma-Kampagne in der Vergangenheit schon mehrfach betont hat.

Text: Max Klein 

Bild Impfdose  © commons.wikimedia Spencerbdavis

 

[1] www.nytimes.com/2022/12/06/health/covid-vaccines-covax-gavi.html [Zugriff 8.12.22]

[2] https://time.com/6235073/global-vaccine-inequity-covid-19/ [Zugriff 9.12.22]

[3] www.abc.net.au/news/2022-12-09/covax-to-be-phased-out/101755886 [Zugriff 9.12.22]

[4] www.nytimes.com/2022/12/08/health/covid-vaccines-covax-gavi.html [Zugriff 9.12.22]

[5] www.14dd5266c70789bdc806364df4586335-gdprlock/watch?v=b1IhuR62wFc [Zugriff 9.12.22]

[6] www.wemos.nl/wp-content/uploads/2022/11/Wemos_Make-pooling-work-to-end-pandemics_November-2022.pdf [Zugriff 8.12.22]