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Neue Arzneimittelliste wird diskutiert

Alle zwei Jahre wird momentan die sogenannte  Liste unentbehrlicher Arzneimittel (Essential Medicines List/EML) von der Weltgesundheitsorganisation neu überarbeitet. Seit 1977 führt sie die Präparate, die weltweit in Gesundheitssystemen jederzeit in adäquater Menge, guter Qualität und zu einem erschwinglichen Preis verfügbar sein sollten. Da die letzte Veröffentlichung der EML im Jahr 2019 erfolgte, fiel kürzlich der Startschuss für die finale Arbeitsphase an der 2021er Liste.

Mit einem öffentlichen Meeting begann am 21.06. in Genf das 23. Treffen des WHO Expert Committee on the Selection and Use of Essential Medicines. Dabei kam auch eine Vielzahl zivilgesellschaftlicher Akteure zu Wort.[1] Es wurde deutlich: Besonders im Bereich Krebs wird großer Handlungsbedarf gesehen, der zugleich als symptomatisch für grundlegende Zugangsprobleme in Süd und Nord steht. Chemotherapy vials Bill Branson

Krebs bei Kindern als Schwerpunkt

Bereits bei der letzten Überarbeitung hatte die WHO zehn neue Krebspräparate in die EML aufgenommen. Seitdem fanden sich 56 Krebsmedikamente (plus drei alternative Wirkstoffe) darauf. Für die kommende EML-Version liegen Vorschläge für 40 neu zu inkludierende Medikamente sowie für 16 neue Indikationen vor.[2] Natürlich betreffen diese nicht nur Krebs, sondern auch andere Arbeitsfelder, etwa sexuelle und reproduktive Gesundheit.[3] Der angemessenen Anwendung von Antibiotika soll zudem eine zentrale Rolle zukommen. Allerdings entfallen ganze 16 Vorschläge für Medikamente und sechs für Indikationen in den Bereich Krebs. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Krebs bei Kindern.

Im eröffnenden Meeting wurde von ExpertInnen mit Nachdruck unterstrichen, wie stark die Zunahme der globalen Krebslast, vor allem auch im globalen Süden, mit den wachsenden Finanzierungsschwierigkeiten für neuere Therapien kollidiert – auch in reicheren Ländern.

Der Faktor Preis

Die EML-Überarbeitung spiegelt letztlich eine Konfliktlinie wider, die bereits in der Vergangenheit regelmäßig sichtbar wurde. Zwar waren zuletzt mehrere, auch für reichere Länder finanziell schwer zu stemmende Präparate auf die Liste geholt worden, etwa gegen Hepatitis C[4], zivilgesellschaftliche Akteure kritisieren allerdings weiterhin, dass diese Ansätze nicht genug seien. Die Forderung nach einer Liste, die spezifisch „medizinisch unentbehrliche aber schwer finanzbare Arzneimittel“ festhält, wurde entsprechend im jüngsten Meeting abermals laut. Ein Beitrag von Knowledge Ecology International (KEI) argumentierte zum Beispiel: „Die EML spielt heute oftmals eine negative Rolle in Debatten um Zugang zu Medikamenten. Die geringe Anzahl patentierter Medikamente auf der EML wird regelmäßig herangezogen als Beleg dafür, dass Patente keine Barrieren beim globalen Zugang zu unentbehrlichen Medikamenten seien."[5]

In den kommenden Wochen wird die WHO über die eingebrachten Vorschläge diskutieren. Die Veröffentlichung der EML 2021 könnte dann im August erfolgen. (MK)

Chemotherapie-Bild © Bill Branson (Photographer)

[1] WHO (2021) https://cdn.who.int/media/docs/default-source/essential-medicines/2021-eml-expert-committee/agenda/final_agenda_open_session_en_v01.pdf? [Zugriff 22.06.2021]

[2] WHO (2021) WHO Expert Committee on the Selection and Use of Essential Medicines. www.who.int/groups/expert-committee-on-selection-and-use-of-essential-medicines/23rd-expert-committee [Zugriff 22.06.2021]

[3] MSF (2021) F.8 Ethinylestradiol 0.12 mg + Etonogestrel 0.015 mg vaginal ring. https://cdn.who.int/media/docs/default-source/essential-medicines/2021-eml-expert-committee/public-comments/f8_ethinylestradiol-etonogestrel_msf.pdf?sfvrsn=1cfde19f_5 [Zugriff 22.06.2021]

[4] BUKO Pharma-Kampagne (2017) Weniger Medikamente - bessere Behandlung. 40 Jahre Liste unentbehrlicher Arzneimittel der WHO.

[5] Fletcher ER (2021) Forty new medicines & 16 new indications under consideration for WHO Esssential Medicines List. https://healthpolicy-watch.news/who-considering-40-new-medicines-16-new-indications-for-global-essential-medicineslist/#print [Zugriff 23.06.2021]