Interview mit Erick Venant, RBA Initiative Tansania
Erick Venant hat Pharmazie studiert und eine Nichtregierungsorganisation gegründet. Die RBA-Initiative hat sich dem Kampf gegen antimikrobielle Resistenzen verschrieben und findet inzwischen auch internationale Anerkennung. Für sein Engagement hat Erick Venant schon zahlreiche Auszeichnungen bekommen. Dabei ist er gerade einmal 25 Jahre alt.
Erick Venant ist Gründer und Geschäftsführer der Roll Back Antimicrobial Resistance Initivate.
Wo liegen die größten Probleme?
Meiner Meinung nach ist die größte Herausforderung das fehlende Bewusstsein. Sowohl auf Seiten des Gesundheitspersonals als auch bei der Allgemeinbevölkerung führt das zu einem Miss- und Übergebrauch von Antibiotika. Das sehe ich als oberste Priorität. Wir müssen ein Bewusstsein für die Probleme wecken, damit die Bevölkerung sich entsprechend verhalten kann, um die Ausbreitung der Resistenzen zu verhindern. Gleiches gilt für uns als Gesundheitspersonal. Aber auch in anderen Bereichen gibt es Nachholbedarf. Dazu zählen Infektionsprävention und -kontrolle, Abfallentsorgung und Hygiene sowie die Verstärkung von Regulierungen, die den Antibiotikagebrauch betreffen.
Was muss getan werden?
Länder wie Tansania müssen die Umsetzung ihrer nationalen Aktionspläne beschleunigen. Meiner Meinung nach müssen wir den One-Health-Ansatz stärker berücksichtigen und alle Stakeholder miteinbeziehen.
Antibiotikaresistenzen bekommen mittlerweile globale Aufmerksamkeit. Ich bin froh zu sehen, dass die UN, andere internationale Organisationen und Expertinnen und Experten zusammen arbeiten, um die wachsende Bedrohung durch Resistenzen zu minimieren.
Was hat dich motiviert, die RBA zu gründen?
Ich hatte schon immer ein brennendes Verlangen, mich an der Lösung unterschiedlichster Probleme im Bereich Public Health zu beteiligen. Deshalb fing ich an, verschiedene Events an der Universität zu organisieren, um das Bewusstsein für mehr Hygiene und einen rationalen Medikamenteneinsatz zu fördern. 2017 wurde ich Präsident der Vereinigung von Pharmaziestudierenden in Tansania (TAPSA). Ich wollte zeigen, welchen Beitrag junge Leute leisten können, um die öffentliche Gesundheit zu verbessern.
Damals erkannte ich, dass Antibiotika-Resistenzen eine große Bedrohung sind und dadurch jedes Jahr weltweit 700.000 Menschen sterben. Wenn wir dagegen nicht mehr unternehmen, könnte die Zahl bis 2050 auf zehn Millionen Todesfällen jährlich ansteigen. Ich sah, wie sehr das Problem in Tansania unterschätzt wurde und wie wenig Aufmerksamkeit es hier bekam. Ich dachte mir, dass es ein einfacher, aber sehr wichtiger Schritt im Kampf gegen Resistenzen sei, das Bewusstsein zu dem Thema zu erhöhen und die Menschen zu bilden. Ich beschloss, in den Semesterferien eine landesweite Kampagne an weiterführenden Schulen durchzuführen. Es gelang uns, über 100 Schulen zu erreichen. Viele der Schülerinnen und Schüler wussten noch nicht einmal, was Antibiotika-Resistenz bedeutet. Aber sie waren froh etwas darüber zu lernen, die Auswirkungen zu verstehen und zu erfahren, was sie selbst tun können.
Wie lautet dein Rat für junge Leute, die etwas verändern wollen?
Junge Leute haben die Macht, positive Veränderungen in ihrer Gesellschaft anzustoßen. Sie sollten mit kleinen Dingen beginnen und die vorhandenen Ressourcen nutzen. Durch Engagement, Eigenmotivation und Esprit können sie größere Ziele erreichen. Gerade im Gesundheitsbereich gibt es viele Herausforderungen. Junge Leute können Teil der Lösung sein.
Was tut die RBA-Initiative?
Die RBA Initiative ist eine eingetragene Nichtregierungsorganisation mit dem Ziel, Antibiotikaresistenzen in Tansania zu bekämpfen. Der Hauptsitz ist in Dodoma, im Zentrum des Landes. Wir werben für einen rationalen Antibiotika-Einsatz, verbreiten Wissen zu Resistenzen, plädieren für Verhaltensänderung und wirksame Hygiene. Durch unsere Arbeit fördern wir außerdem die Erkenntnis, dass es notwendig ist, in unserem Land schnellstmöglich gegen Antibiotika-Resistenzen vorzugehen.
Im letzten Jahr haben wir einige Aktivitäten zur Bewusstseinsbildung durchgeführt und dabei verschiedene Zielgruppen adressiert. Wir haben u.a. Workshops für Menschen aus dem Gesundheitsbereich organisiert. Außerdem haben wir weiterführende Schulen aufgesucht und Informationsveranstaltungen angeboten. Zusätzlich wollten wir die breite Masse der Bevölkerung ansprechen. Also haben wir lokale Radiostationen genutzt. Dadurch konnten wir im letzten Jahr drei Millionen Menschen mit unseren Botschaften erreichen.
Dieses Jahr legen wir einen besonderen Fokus auf Schülerinnen und Schüler. Wir werden Schulclubs zu Antibiotikaresistenzen in Dodoma und Umgebung gründen und die junge Generation zum Thema informieren. Denn wir glauben, dass sie gute Botschafter für den Rest ihrer Gemeinschaft sein können.
Aufklärungsarbeit bei jungen Menschen kann viel bewirken! Die RBA-Initiative setzt auch auf Bildungsangebote im Klassenzimmer.
Das Interview führte Claudia Jenkes
Artikel aus Pharma-Brief 10/2020, S. 6
Bild Erick Venant © privat
Bild Klassenzimmer © Seemannaufland