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Neuer Tuberkulose-Report zeigt Lücken

Seit 1997 wirft der Global TB Report der WHO jährlich einen Blick auf die weltweiten Dynamiken bei Tuberkulose (TB). Für das zurück liegende Jahr sieht er einige positive Tendenzen. Doch den globalen Bemühungen fehlt es weiterhin an Nachdruck.

Mitte Oktober veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ihren jüngsten Bericht zum Stand der weltweiten Tuberkulosebekämpfung. Vieles in den präsentierten Zahlen liest sich positiv: 7 Millionen Menschen und damit so viele wie nie zuvor erhielten 2018 eine Behandlung gegen TB. Die Anzahl an gemeldeten Todesfällen ging zurück, ebenso die Rate neu gefundener Erkrankungen.[1]

Die Kehrseite ist allerdings: Arme PatientInnen werden durch Eigenleistungen oft ruiniert, resistente TB-Stränge sind weiter ein drängendes Problem und nur ein Drittel dieser neu gemeldeten Infektionen werden behandelt.

Finanzierung dringend gesucht

Eine Damoklesschwert stellen die ebenso chronischen wie massiven Finanzierungslücken im Kampf gegen TB dar. Obwohl eine der tödlichsten Infektionskrankheiten weltweit, bleiben die für TB zur Verfügung gestellten Ressourcen deutlich hinter dem Bedarf zurück. Und neues Ungemach droht: Ein Bericht von Ärzte ohne Grenzen warnte jüngst abermals davor, dass gerade bei Maßnahmen gegen HIV/Aids und TB durch Umstrukturierungen der Förderlandschaft eine verstärkte finanzielle Belastung vieler betroffener Länder erfolgen wird, die diese nicht werden stemmen können.[2]

Selbst das im Oktober erzielte Rekordergebnis der Wiederauffüllungskonferenz des Globalen Fonds gegen Aids, Tuberkulose und Malaria (über 14 Mrd. US-Dollar für die kommenden drei Jahre) kann da berechtigte Sorgen nicht zerstreuen. Der Fonds ist mit Abstand der wichtigste Finanzierer von Programmen zur TB-Diagnostik und Behandlung. Allerdings mahnen kritische Stimmen an, dass das 2014 geänderte Vergabeverfahren des Fonds trotz Nachbesserungen für einige Länder erhebliche Einbußen bedeutet, besonders in Osteuropa.[3] Auch der Verteilungsschlüssel für die drei Krankheiten im Fonds ist umstritten und wird wohl ein kritisches Thema für den nächsten Finanzierungszyklus werden.[4]

Nicht gut, aber besser

Ein wenig besser sieht es mittlerweile in der Pipeline bei Forschung und Entwicklung aus. Es werden mehr Ressourcen investiert und die Pipeline ist heute umfangreicher bestückt als noch vor wenigen Jahren.[5]

Doch die einzigen drei wirklich neuen Präparate der letzten Dekaden stehen wegen hoher Preise und Zu­las­sungslücken immer noch nur einem Bruchteil der PatientInnen zur Ver­fügung. Bedaquilin und Delamanid haben in der EU nur eine Zulassung unter Auflagen,[6],[7] weil die Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit unzureichend sind, Pretomanid ist in Europa noch gar nicht zugelassen. Die Hersteller von Bedaquilin (Johnson & Johnson) und Delamanid (Otsuka) sehen sich daher schon lange massiver Kritik ausgesetzt. Preislich steht das mit öffentlichen Mitteln erforschte Pretomanid (TB Alliance) besser da, doch auch hier sind die Behandlungskosten für ärmere Länder eine signifikante Bürde.[8]

Hoffnung wird mittlerweile wieder in einen Impfstoff gesetzt. Jüngst wurden die endgültigen Daten zu einem Impfstoffkandidaten veröffentlicht. Die vom PDP AREAS und GSK geförderte Studie zeigte immerhin eine Halbierung des Auftretens neuer TB-Fälle. Das ist generell für einen Impfstoff keine gute Quote, aber besser als alles, was bisherige TB-Impfstoffkandidaten an Wirkung erzielten. Weitere Untersuchungen sind nötig, um die Ergebnisse zu bestätigen.[9] Doch selbst bei positivem weiteren Verlauf, würde eine Marktreife erst in einigen Jahren realistisch sein.

Zehrende Zeiten

In den Nachhaltigen Entwicklungszielen der UN (SDGs) findet sich die Selbstverpflichtung, bis 2030 das Ende von TB zu erreichen. Im Zuge ihres neuen Berichtes hebt die WHO dabei die Bedeutung von Universal Health Coverage (UHC) hervor. So einleuchtend der Zusammenhang ist, wird das UHC-Konzept allein keinen Durchbruch bringen können. Denn, so zeigt es auch der Global TB Report 2019, unverändert bilden soziale Determinanten den wohl wichtigsten Faktor in der Bekämpfung. Als die acht Staaten mit der höchsten TB-Bürde weist die WHO für 2018 Bangladesch, China, Indien, Indonesien, Nigeria, Pakistan, die Philippinen und Südafrika aus. Weiterhin sind global vor allem Länder niedrigen Einkommens sowie marginalisierte Bevölkerungsgruppen betroffen. Der Bekämpfung der Armut kommt also eine hohe Priorität zu.

Das erste WHO High-Level Meeting zu Tuberkulose weckte 2018 große Erwartungen. Doch trotz umfangreicher Bemühungen der Zivilgesellschaft fanden nur wenige Staatsoberhäupter überhaupt den Weg nach New York, auch die finale Deklaration ließ viele AktivistInnen ernüchtert zurück.[10] Ein Jahr später bleibt der Eindruck, dass die globalen Bemühungen gegen TB weiter auf einen Art Befreiungsschlag warten.  (MK)

 

Artikel aus dem Pharma-Brief 7-8/2019, S.1

[1] WHO (2019) Global TB Report 2019. https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/329368/9789241565714-eng.pdf?ua=1 [Zugriff 04.11.2019]

[2] MSF (2019) Burden sharing or burden shifting? How the HIV/TB response is being derailed. www.msf.org/burden-sharing-or-burden-shifting [Zugriff 04.11.2019]

[3] OSF (2017) Lost in Transition: Three Case Studies of Global Fund Withdrawal in South Eastern Europe. www.opensocietyfoundations.org/publications/lost-transition [Zugriff 04.11.2019]

[4] DEVEX (2019) New tools, old problems: TB funding gap persists. https://www.devex.com/news/new-tools-old-problems-tb-funding-gap-persists-95854 [Zugriff 07.11.2019]

[5] Policy Cures Research (2018) G-Finder 2018. www.policycuresresearch.org/wp-content/uploads/Y11_G-FINDER_Full_report_Reaching_new_heights.pdf

[6] www.ema.europa.eu/en/medicines/human/EPAR/sirturo

[7] www.ema.europa.eu/en/medicines/human/EPAR/deltyba

[8] Reuters (2019) New tuberculosis treatment for developing countries to cost $1,040. www.reuters.com/article/tb-alliance-tuberculosis/corrected-new-tuberculosis-treatment-for-developing-countries-to-cost-1040-idUSL3N27A3R1  [Zugriff 04.11.2019]

[9] Tait DR et al. (2019) Final Analysis of a Trial of M72/AS01E Vaccine to Prevent Tuberculosis. NEJM. http://dx.doi.org/10.1056/NEJMoa1909953

[10] Cousins S (2019) UN High-Level Meeting to end tuberculosis disappointing. Lancet; 392, p 1183 http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(18)32458-9