Die Universität Nottingham sorgt für Transparenz bei Studien
Die Universität Nottingham ist ein europäischer Vorreiter in Sachen Transparenz bei klinischen Studien. Von über 95% der fälligen Studien wurde mittlerweile eine Zusammenfassung der Ergebnisse im europäischen Studienregister EudraCT eingetragen – ein steiler Anstieg verglichen mit 2018, damals waren nur 8% veröffentlicht. Till Bruckner von TranspariMED fragte die Universität, wie sie mit ihren ungemeldeten Studien umgegangen ist und was andere europäische Universitäten davon lernen können.
Wann habt ihr angefangen, systematisch die fehlenden Studienergebnisse in EudraCT hochzuladen?
Die Universität Nottingham hat ihre Studienregistrierungen in EudraCT im Dezember 2018 geprüft und unmittelbar angefangen fehlende Ergebnisse hochzuladen oder zu aktualisieren. Dieser Prozess war im März 2019 abgeschlossen.
Zur gleichen Zeit hat die Universität ihre Richtlinien, Systeme und Prozesse überprüft und überarbeitet, um sicherzugehen, dass die zusammengefassten Ergebnisse von den verantwortlichen WissenschaftlerInnen künftig rechtzeitig den entsprechenden Registern gemeldet werden. Ein neuer Leitfaden zur Studienregistrierung wurde am 17. Dezember 2018 veröffentlicht.
Dieser Leitfaden wurde regelmäßig dem wissenschaftlichem, forschendem Personal kommuniziert. Gleichzeitig gab es Unterstützung von unserem Research Governance Team, um bei der angemessenen Studienregistrierung und Ergebnismeldung zu helfen.
Wie viele Ergebnisse haben gefehlt, als ihr angefangen habt und wie viele habt ihr seitdem hochgeladen?
46 Studienergebnisse wurden während der Überprüfung als potenziell fehlend ermittelt. Bei einer stellte sich heraus, dass es sich um keine klinische Studie handelte, eine weitere Studie wurde zwar registriert, aber gar nicht durchgeführt. Diese Angaben wurden korrigiert und alle anderen Studienergebnisse wurden hochgeladen.
Wie ist der Prozess organisiert? Wer macht was?
Die Leiterin der Research Governance hat detailliert jeden Registereintrag geprüft und eine ausführliche Analyse zu den nicht gemeldeten Ergebnissen durchgeführt und den verantwortlichen Studienleiter identifiziert. Alle wurden von der Leiterin der Research Governance und dem Vize-Kanzler der Fakultät mit der Bitte kontaktiert, die Ergebnisse zu veröffentlichen. Gleichzeitig wurde Unterstützung und Beratung angeboten.
Um den Rückstand schnellstmöglich aufzuholen hat die Leiterin der Research Governance in einer beachtlichen Zahl von Fällen die Ergebnisse von Studienleiter direkt erhalten. Anschließend hat sie bei der europäischen Zulassungsbehörde EMA um den Transfer der Studieneinträge zu ihrem Benutzerkonto gebeten. Anschließend hat sie das Register aktualisiert und dann die britische Zulassungsbehörde MHRA[1] kontaktiert, damit dieses den Status der Studien in EudraCT zu „abgeschlossen“ ändert.
Wie seid ihr mit alten Studien umgegangen, die fälschlicherweise als „laufend“ im EudraCT gelistet waren?
Wenn Studien fehlerhaft registriert oder fälschlich als „laufend“ gelistet waren, hat die Leiterin der Research Governance sich in Verbindung mit der EMA und dem MRHA gesetzt, um den Eintrag zu korrigieren.
Welche Ressourcen wurden benötigt? Musste zusätzliches Personal angestellt werden? Wie lange dauerte es pro Studie?
Bis heute wurde die Überprüfung und die nachfolgenden Prozesse überwiegend durch die Leiterin der Research Governance überwacht und durchgeführt.Zurzeit bekommt das Research Governance Team zwei zusätzliche Stellen, um die Qualität im Datenmanagement sowie bei der Überprüfung der Studien im Forschungsportfolio der Universität weiter zu fördern. Außerdem sollen sie die Forschenden unterstützen, ihrer Verantwortung bei der Studienregistrierung und Ergebnismeldung nachzukommen.
Die benötigte Zeit um jeden EudraCT Eintrag zu aktualisieren hing sehr von der Verfügbarkeit und dem Format der Daten ab, sowie von den Herausforderungen beim Hochladen im Register und der nachfolgenden Zusammenarbeit mit der EMA und dem MHRA. Im Durchschnitt brauchte es für jeden Eintrag mehrere Stunden.
Was waren die Haupthindernisse, auf die ihr gestoßen seid und wie habt ihr sie bewältigt?
Häufig mussten die wissenschaftlichen Daten und Tabellen neu formatiert werden, um mit EudraCT übereinzustimmen. Die WissenschaftlerInnen oder die Leiterin der Research Governance mussten die Daten per Hand in das geeignete Format umwandeln, das war sehr zeitraubend.
Da viele WissenschaftlerInnen und Studierende an den klinischen Studien beteiligt waren und persönlich für die Studienregistrierung und Ergebnisübermittlung verantwortlich waren, war die Überwachung und Aktualisierung der zentralen Einträge durch Research Governance Team nicht einfach. Um diese Schwierigkeit zu umgehen, hat die Leiterin ein Standardvorgehen eingeführt. Sie erhält von den Forschenden die EudraCT Nummer und die Registrierung für CTIMPs,[2] damit alle künftigen Studien unter ihrem Account registriert werden. Dadurch wird verhindert, dass ungewollt bei einem Account Details verloren gehen. Gleichzeitig wird die zentrale Überwachung unterstützt und es wird sichergestellt, dass die WissenschaftlerInnen, die die klinischen Studien durchführen, daran erinnert werden, Ergebnisse zu melden und zu aktualisieren.
Das Research Governance Team pflegt eine Datenbank mit allen Studien, die gemäß den gesetzlichen Vorgaben und Vorschriften des Gesundheitsministeriums als klinische Studien gemeldet werden müssen. Allerdings führt die Universität auch viele andere Forschungsvorhaben durch, für die diese Kriterien nicht gelten. Das Governance Team hat keinen Überblick über solche Studien. Momentan überprüfen wir, wie wir auch diese Studien zukünftig verfolgen können.
Was sind die drei wichtigsten Dinge, die andere Verantwortliche tun können, um die Studienmeldung für Universitäten zu vereinfachen?
EudraCT, wie auch die meisten anderen Register, bietet keine Möglichkeit, den größeren Kontext darzustellen, in dem eine Studie stattfindet, Ergebnisse zu diskutieren sowie nächste Schritte zu besprechen. Die Einführung eines gemeinsamen Formats innerhalb oder besser noch registerübergreifend würde die oben genannten Formatierungsprobleme lösen. Weitere Funktionen, um Inhalte sowie nächste Schritte festzuhalten, könnten den Nutzen für und die Forschungsgemeinschaft erhöhen und die Compliance verbessern.
Es gibt keine eindeutige Definition, was genau zu klinischer Forschung zählt – trotz des Versuchs der WHO eine Definition zu finden.[3] Um den Anforderungen des International Committee of Medical Journal Editors zu genügen,[4] werden Register auch für nicht-klinische (aber medizinische) und physiologische Studien benutzt.
Das ist die Voraussetzung dafür, dass die Ergebnisse in den Fachzeitschriften auch veröffentlicht werden können, unabhängig davon, ob die Studie tatsächlich als klinische Forschung definiert wurde oder nicht. Es gibt Unklarheiten, was tatsächlich in einem öffentlichen Register eingetragen werden muss und was nicht.
Viele dieser Studien sind Studierendenprojekte, die oftmals keine neuartige Forschung beinhalten und wenig zu der medizinischen Wissensbasis beitragen. Deshalb würden die Register gut daran tun, einen Mechanismus zu haben, mit dem die Forschenden und Sponsoren angeben können, um welchen Studientyp es sich handelt und ob beabsichtigt ist, die Ergebnisse zu veröffentlichen oder die Wissensbasis zur klinischen Anwendung zu erweitern.
Bisher haben Register außerdem keinen Mechanismus, der Einträge löscht oder den Studienstatus verändert, wenn eine Studie nie begonnen oder so frühzeitig gestoppt wurde, dass es keine Ergebnisse zu melden gibt.
Basierend auf eurer Erfahrung, was würdet ihr anders machen, wenn ihr den gesamten Prozess heute noch einmal starten würdet?
Wir würden die Maßnahmen ergreifen, die wir erst im Laufe des Prozesses erarbeitet haben, insbesondere die erweiterte zentrale Prüfung, Analyse- und Überwachungsprozeduren.
Außerdem würden wir die Forschungsgemeinschaft besser in die Bedeutung der Pflege der Registereinträge einbeziehen. Die Leiterin der Research Governance wird nun regelmäßige Überprüfungen durchführen, auf Fakultätrats- und Komiteeebene aktuelle Informationen liefern, wie Forschende positive Fortschritte machen. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, wo Verbesserungen notwendig sind, um Compliance zu gewährleisten.
Was ist euer Rat für andere nicht-kommerzielle Studiensponsoren, die das Meldeverhalten ihrer klinischen Studien verbessern möchten?
Seid vorbereitet und gewillt, intensive Aktivitäten durchzuführen, um die Einträge zu aktualisieren. Eventuell mithilfe eines engagierten Task Teams, das die Aufgaben sanft und verständnisvoll angeht. Später, das ist sehr entscheidend, sollten klare Rahmenbedingungen gesetzt werden, Erwartungen abgefragt und Anleitungen für die Pflege der Register erarbeitet werden. All dies sollte den Forschenden eindeutig kommuniziert werden, damit Verantwortlichkeiten klar sind und der erzielte Fortschritt stabil bleibt und zur Routine werden kann.
TranspariMED dankt der Universität Nottingham, dass sie ihre Erfahrungen mit der breiteren medizinischen Forschungsgemeinschaft teilt. Diese Fallstudie ist auch einzeln als PDF Download verfügbar in der Sammlung von Transparenzinstrumenten, die TranspariMED für Universitäten zusammengestellt hat: www.transparimed.org/resources
Der vorliegende Text wurde ursprünglich von Till Bruckner verfasst, von Hannah Eger übersetzt und von Jörg Schaaber überarbeitet. Er unterliegt wie das Original [5] einer Creative Commons BY 3.0 Lizenz.
Artikel aus dem Pharma-Brief 4-5/2019, S.10
Bild Universität Nottingham © dietrichherlan/istock
[1] Medicines and Healthcare products Regulatory Agency
[2] Clinical trials of investigative medicinal products
[3] www.who.int/topics/clinical_trials/en
[4] DeAngelis et al. (2004) Clinical trial registration: a statement from the International Committee of Medical Journal Editors. Lancet; 364, p 911
[5] www.bukopharma.de/images/pressemitteilungen/2019/Clinical_Trial_Transparency_EU_Universities_2019.pdf