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BMG-Netzwerk bleibt riskantes Provisorium

Der Global Health Hub Germany (GHHG) ist auch nach seinem Start noch eine massive Baustelle. Zugleich bestätigen neue Einblicke, dass ganz grundlegende Fragen zum Projekt in den Hintergrund geschoben werden.

Zweieinhalb Monate nach der offiziellen Eröffnung des GHHG durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) bleibt das Projekt ein Stein des Anstoßes. Die Chance, der zivilgesellschaftlichen Kritik[1] durch klare Bekenntnisse zu begegnen, wurde auf politischer Seite mehrfach verpasst. So wurden in einer kleinen Anfrage der Bundestagsfraktion der LINKEN vom 18. März viele neuralgische Punkte des Hubs angesprochen. Und auch auf einer öffentlichen Ministeriumsveranstaltung am 12. April sollte der GHHG Thema sein. In beiden Fällen allerdings enttäuschten die Rückmeldungen.

Die Katze im Sack

Mit einem umfangreichen Fragenkatalog hatte Mitte März die LINKE im Bundestag mit einer kleinen Anfrage zum Hub nachgehakt.[2] Darin wird nach den Ideengebern für den GHHG gefragt.[3] Dazu heißt es in der Antwort des BMG: „Vertreter und Vertreterinnen verschiedener nichtstaatlicher Akteursgruppen sind mit dem Wunsch nach mehr Vernetzung und Austausch an das Bundeministerium für Gesundheit (BMG) herangetreten.“ Wer diese Gruppen sind, wird wohlweislich nicht mitgeteilt. Dass vor allem die Wirtschaft großes Interesse an dem konkreten Projekt hatte, ist jedoch bekannt.1 Wenig erhellend wirken in diesem Zusammenhang auch die Äußerungen der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die die Aufgabe hat, den Hub zu koordinieren. Auf die Kritik an der einseitigen Genese des GHHG reagierte die GIZ im Lancet ausweichend.[4] Fakt bleibt, dass die Ausrichtung des Hubs im Wesentlichen schon festgelegt war, ehe die Zivilgesellschaft in die Diskussion mit einbezogen wurde.

Laut dem BMG soll der Lenkungskreis, dem eine elementare Rolle im GHHG zukommt, aus rund 16 Mitgliedern bestehen – zwei aus jeder vom Ministerium berücksichtigten Akteursgruppe. Wie befürchtet, wird der erste Kreis jedoch nicht gewählt, sondern von Ministeriumsseite bestimmt. Nach welchem Prozedere dieses Gremium, das den Großteil der Richtungsentscheidungen treffen soll, dann arbeitet, ist nach wie vor völlig unbekannt. „Einzelheiten einer Verfahrensordnung werden gegenwärtig diskutiert“, heißt es dazu lapidar. Die für eine Mitgliedschaft Umworbenen bekommen momentan also die sprichwörtliche Katze im Sack angeboten.

Keine langfristige Finanzierung

Auf die Frage, wie unabhängig der Hub sei, ist die Antwort in dem Bundestagsdokument interessanter, als es auf den ersten Blick erscheinen mag: „Da der Hub in den ersten drei Jahren durch Mittel der Bundesregierung finanziert ist, ist er vom Einfluss privater Geber und der Gesundheitsindustrie unabhängig.“ Zum einen bezieht sich diese Aussage ausschließlich auf die Anschubphase, der Hub ist jedoch als Projekt ohne begrenzte Laufzeit angelegt. Ob die Politik auch nach den drei Jahren noch sämtliche Kosten trägt, bleibt offen. Würden Mitglieder anschließend bei der Finanzierung eingespannt werden, würde dies schnell zu Lasten ressourcenschwächerer Akteure gehen und das Standing von Industrie und Stiftungen weiter aufwerten. Laut der GIZ, die das Sekretariat des Hubs stellt, soll noch ein nachhaltiges Finanzierungskonzept für die Zukunft erarbeitet werden.4 Zum anderen stellt sich die Frage, welche Hub-Gruppierungen am ehesten die Möglichkeit besitzen, thematische Arbeitsgruppen (AGs) innerhalb des GHHG ins Leben zu rufen und langfristig zu bespielen. Die AGs sind abseits des Lenkungskreises tätig und sollen auch konkrete Projektideen behandeln. Hier sind finanzielle und personelle Ressourcen ebenfalls zentral und bei einigen Akteursgruppen (etwa Jugend und Zivilgesellschaft) deutlich limitiert.

Pfusch am Bau

Noch dürftiger fiel die Debatte des Themas in einer öffentlichen Veranstaltung zur globalen Gesundheitspolitik aus, zu dem das BMG im Berliner GIZ-Sitz nicht-staatliche Akteure geladen hatte. Das Update zum Hub fiel darin in den Schlussbeitrag, zu dem in der Agenda seltsamerweise keine Fragerunde eingeplant war. Echte Neuigkeiten gab es letztlich nur wenige. Laut BMG hat der Hub bislang fast 170 Mitglieder, Details wurden nicht bekannt. Als erste Aktivität soll ein so genannter Global Health Talk nun Mitte Juni stattfinden und den Startschuss für AGs markieren.

In Anbetracht der vielen ungeklärten Punkte ist dieses Vorgehen verwunderlich. Ein Aphorismus, dem Komponisten Anton Bruckner zugeschrieben, besagt: „Wer hohe Türme bauen will, muss lange am Fundament verweilen.“ Im Falle des GHHG, der auch international ein Zeichen für Deutschlands Engagement für globale Gesundheit setzen soll, hat das BMG diese Sorgfalt bislang definitiv nicht walten lassen. Augenblicklich spricht wenig dafür, dass sich dies noch ändert.  (MK)

 

Artikel aus dem Pharma-Brief 2/2019, S. 4

[1] Pharma-Brief (2018) Abgekartetes Spiel. Nr. 8-9, S. 1

[2] Deutscher Bundestag (2019) Drucksache 19/8479. Kleine Anfrage der Abgeordneten Eva-Maria Schreiber u.a. und der Fraktion DIE LINKE. http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/084/1908479.pdf  [Zugriff 08.04.2019]

[3] Deutscher Bundestag (2019) Drucksache 19/9164. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Eva-Maria Schreiber u.a. und der Fraktion DIE LINKE. http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/091/1909164.pdf  [Zugriff 15.04.2019]

[4] Green A (2019) Germany´s Global Health hub. Lancet; 393, p 862