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Mehr Ergebnisse klinischer Studien veröffentlicht

Nur wenn alle Medikamentenstudien ans Licht gelangen, können gute therapeutische Entscheidungen getroffen werden. Doch bei der Veröffentlichung der Ergebnisse gibt es große Lücken – trotz eindeutiger Regeln. Das hatte 2019 eine Studie bloßgelegt.[1] Immerhin sorgen einige Staaten inzwischen für mehr Transparenz, das zeigen neue Untersuchungen von TranspariMED.

Eigentlich ist die Veröffentlichung klinischer Studien seit 2014 in der EU vorgeschrieben: Die Ergebnisse müssen innerhalb eines Jahres nach Abschluss des Forschungsprojektes in das europäische Studienregister [2] eingetragen werden. Doch diese Regel wurde anfangs schlecht kommuniziert und häufig missachtet. Seit kurzem müssen Studien-Sponsoren bei Versäumnissen mit empfindlichen Bußgeldern rechnen. Allerdings gilt das erst für Studien, die nach Januar 2022 begonnen wurden.

Besonders nachlässig beim Thema Transparenz waren in der Vergangenheit die Universitäten. Das zeigte eine Untersuchung von TranspariMED und der BUKO Pharma-Kampagne, die 2019 viel Aufsehen erregte.[1]

Für die Kontrolle der Veröffentlichungspflicht sind die jeweiligen nationalen Zulassungsbehörden zuständig, sie blieben aber u.a. in Deutschland weitgehend untätig. Damals hatten die drei deutschen Universitäten, die die meiste klinische Forschung betreiben, nur von 2,5% ihrer Studien die Ergebnisse fristgerecht gemeldet. Dagegen hatten im Vereinigten Königreich die fünf Universitäten mit den größten Forschungszentren im gleichen Jahr bei 69% der Studien die Ergebnisse rechtzeitig bekannt gemacht. Dieses vergleichsweise gute Ergebnis war einer 2018 begonnenen öffentlichen Debatte im Land über Transparenz bei klinischen Studien zu verdanken, die Parlament und Forschungsförderer mit einschloss.

Ein umfassenderes Bild

Eine aktuelle Untersuchung aller registrierten Studien im europäischen Wirtschaftsraum[3] von TranspariMED[4] zeigt, dass die Kritik gewirkt hat. Innerhalb von 20 Monaten[5] hat Deutschland seine Berichtsquote bei allen gemeldeten Studien von 44% auf 66% erhöht. Nur das Vereinigte Königreich macht es mit 74% noch besser – ist aber nach dem Brexit nicht mehr Teil der EU.

Am anderen Ende der Skala befinden sich vier Staaten, die die größte Zahl an Studien mit fehlenden Ergebnissen aufzuweisen haben. Spitzenreiter in Sachen Intransparenz ist Italien mit 1.299 beendeten, aber nicht berichteten Studien, gefolgt von den Niederlanden (849), Spanien (837) und Frankreich (736).

Kontrolle zahlt sich aus

Eine weitere Untersuchung von TranspariMED zeigt, wie wichtig gute Kontrollstrukturen für eine transparente klinische Forschung sind.[6] Dabei wurden die Regulierungsbehörden in den zehn Ländern befragt, in denen die meisten Studien durchgeführt werden. Die zuständigen Stellen aus sieben Staaten[7] antworteten ausführlich. Frankreich, Italien und Spanien reagierten nicht – ausgerechnet die Länder, in denen die Ergebnisse sehr vieler Studien nicht rechtzeitig gemeldet werden und die Berichtsqualität der gemeldeten Studien häufig zu wünschen übrig lässt.

Aus den Antworten der Behörden, wird die unterschiedliche Praxis bei der Kontrolle deutlich. Das fängt bei der Höhe der Bußgeldern für säumige Berichterstatter an. Die Skala reicht von 25.000 € in Deutschland bis zu 250.000 € in Belgien. Drei Länder haben die Höhe noch nicht festgelegt. In Dänemark muss jede Strafe von einem Gericht verhängt werden, was eine erhebliche Hürde darstellt.

Eine wichtige Aufgabe ist es, das von der Studienleitung (Sponsor) angegebene Enddatum einer Studie zu überprüfen. Das ist entscheidend für die Berechnung der Meldefrist, bis zu der die Ergebnisse in das Register eingetragen werden müssen. Denn Studien können länger dauern als geplant oder vorzeitig abgeschlossen werden. Hier sind einige Behörden aktiver als andere.

Entscheidend ist aber, was passiert, wenn Ergebnisse überfällig sind und nicht an die nationalen Zulassungsbehörden gemeldet werden. Zwar werden laufende oder fällige Studien inzwischen besser auf Einhaltung der Berichtspflichten überwacht, doch bei älteren Studien gibt es zum Teil noch große Meldelücken. Während Deutschland, Österreich, Dänemark und Belgien viel dafür getan haben, die Lücken zu schließen, wächst in Italien und Frankreich die Zahl der nicht gemeldeten Studienergebnisse. Auch Schweden unternimmt zu wenig.  (JS)

Artikel aus dem Pharma-Brief 9/2022, S.1

[1] Pharma-Brief (2019) Klinische Studien: Universitäten lassen Transparenz vermissen. Nr. 4-5, S. 5

[2] European Union Drug Regulating Authorities Clinical Trials Database (EudraCT), seit 31.1.2022 Clinical Trials Information System (CTIS). Während einer Übergangszeit werden die Systeme parallel betrieben. Ab dem 31.1.2025 müssen alle noch laufenden Studien in das neue System CTIS übertragen sein.

[3] Europäische Union plus Island, Liechtenstein und Norwegen. Die EU-Zulassungsbehörde ist für alle diese Staaten zuständig.

[4] TranspariMED et al. (2022) Missing clinical trial data in Europe. Die Pharma-Kampagne hat die Studie mitpubliziert. https://bukopharma.de/images/aktuelles/TranspariMED_2022_Missing_clinical_trial_data.pdf

[5] Dez. 2020 bis Juli 2022. Aus methodischen Gründen hier auf Basis aller Studien. Nicht alle sind abgeschlossen, deshalb ist die Meldequote von 74% kaum zu übertreffen.

[6] TranspariMED et al. (2022) Clinical trial regulation in Europe. Die Pharma-Kampagne hat die Studie mitpubliziert. https://bukopharma.de/images/aktuelles/Transparimed_2022_Clinical_trial_regulation.pdf

[7] Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Niederlande, Österreich und Schweden