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Welchen Einfluss haben die Lebensumstände?

Weltweit sind etwa 253 Millionen Menschen in ihrer Sehkraft eingeschränkt.[1] Das macht Sehbehinderungen zu einer der am meisten verbreiteten körperlichen Einschränkungen weltweit.  Prekäre soziale und ökonomische Lebensumstände haben einen großen Einfluss auf die Entstehung dieser Erkrankungen. Menschen in armen Ländern sind besonders häufig betroffen.

Sehstörungen treten weltweit auf, doch einige Länder und Bevölkerungsgruppen sind stärker betroffen als andere. Laut WHO leben 90% der von Blindheit und Sehschwächen betroffenen Menschen in einkommensschwachen Ländern, insbesondere im südlichen Afrika und im Südosten Asiens.[2] Dabei könnten geschätzte 80% der weltweit auftretenden Sehbehinderungen vermieden oder geheilt werden.[3] Zwar wurden in den vergangenen zwei Jahrzehnten durchaus Fortschritte bei der Prävention erzielt. Von 1990 bis 2015 ist die Zahl der Betroffenen um fast 18% zurückgegangen. Doch Wachstum und Alterung der Weltbevölkerung lassen die Zahl der Betroffenen in Zukunft wieder ansteigen wie eine Analyse der Fachzeitschrift Lancet nahelegt.[1]

Um dieser Entwicklung vorzubeugen, ist es essenziell, die Risikofaktoren zu kennen, die zu vermeidbarem Sehverlust oder zu Blindheit führen können. Insbesondere der sozioökonomische Status spielt dabei eine wichtige Rolle. Das belegt eine Studie von Wei Wang und anderen.[4] Die WissenschaftlerInnen sammelten und analysierten Daten aus 190 Ländern. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass es einen engen Zusammenhang zwischen der Wirtschaftskraft eines Landes und dem Auftreten von Sehstörungen und Blindheit gibt. Faktoren wie Wohlstand, Gesundheitsausgaben und Bildungsstand der Bevölkerung haben Einfluss auf die Krankheitslast. In Ländern mit einem hohen Entwicklungsstand oder einer starken Wirtschaft gibt es wesentlich weniger Betroffene als in sogenannten Entwicklungsländern.

Insbesondere die Bildung spielt eine entscheidende Rolle bei der Entstehung vermeidbarer Augenerkrankungen. Bildungsschwache Bevölkerungsgruppen sind bis zu zwei Mal so häufig betroffen, wie Gruppen mit hohem Bildungsabschluss. Auch die nationalen Gesundheitsausgaben wurden als Einflussfaktor festgestellt. Je geringer die Ausgaben eines Landes für Gesundheit und damit auch für die Augengesundheit, desto häufiger kommt es zu Sehschwäche und Blindheit. Denn in einkommensschwachen Ländern ist eine augenmedizinische Versorgung häufig nicht bezahlbar oder nicht zugänglich. Es mangelt an Fachpersonal und es kommt häufiger zu Diagnose- oder Behandlungsfehlern.

Indien, Pakistan, Nigeria, Indonesien und China sind von Blindheit und von Sehstörungen, am schwersten betroffenen. Die WissenschaftlerInnen empfehlen, Gesundheitsstrategien und Präventions- sowie Bildungsprogramme zu entwickeln, die den Ressourcen der Länder angepasst sind. Sie raten außerdem zu weiteren Studien, um die Einflussfaktoren bei Sehstörungen oder Erblindung genauer zu erforschen. (AW)

Artikel aus dem Pharma-Brief 10/2017, S. 5
Eine blinde Frau spinnt Wolle in Taquile, Peru © Thomas Quine

[1] Bourne RRA et al (2017) Magnitude, temporal trends, and projectionsof the global prevalence of blindness and distance and near vision impairment: a systematic review and meta-analysis. Lancet Global Health; 5, p e888 www.thelancet.com/pdfs/journals/langlo/PIIS2214-109X(17)30293-0.pdf

[2] WHO (2017) Blindness Vision 2020. Fact Sheet N°213. www.who.int/mediacentre/factsheets/fs213/en [Zugriff 27.11.2017]

[3] WHO (2017) Vision Impairment and Blindness. Fact Sheet. www.who.int/mediacentre/factsheets/fs282/en [Zugriff 27.11.2017]

[4] Wang W et al. (2017) Association of Socioeconomics With prevalence of Visual Impairment and Blindness. JAMA ophthalmology. Online first doi:10.1001/jamaophthalmol.2017.3449