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Um den öffentlichen Gesundheitsdienst in Deutschland zu stärken, einigte sich die Regierung in ihrem Koalitionsvertrag 2021 auf die Schaffung eines Bundes­instituts für öffentliche Gesundheit.[1] Nun wurden Pläne bekanntgegeben, doch es gibt massive Kritik.

Das neue „Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin“ (BIPAM) soll laut Bundesgesundheitsminister Lauterbach die bislang vernachlässigte Vorbeugung von Krankheiten wie Krebs, Demenz und Herz-Kreislauf-Erkrankungen stärken.[2] In dem neuen Institut sollen die bisherige Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und der Bereich der nicht-übertragbaren Erkrankungen des Robert Koch-Instituts (RKI) aufgehen. Es besteht die Gefahr der Zerschlagung des RKIs, das bereits jetzt wichtige Public Health Aufgaben wahrnimmt, und die Rückstufung zu einem als antiquiert erachteten Instituts für Infektionskrankheiten.[3] Ein umfassendes Verständnis von Public Health und eine ressortübergreifende Arbeit entsprechend der WHO-Strategie von Health in all Policies[4] sind nicht zu erkennen. Dies liegt womöglich nicht zuletzt am weitgehenden Ausschluss von Public Health-Verbänden und Fachgesellschaften von der Planung des Instituts.

Schon die Namensgebung des Instituts lässt eine Fokussierung auf das individuelle Gesundheitsverhalten sowie die medizinische Versorgung befürchten. Aufklärung ist wichtig, kann jedoch nur ein Bestandteil von Prävention sein. Die Ursachen von Gesundheit und Krankheit liegen oft in den Lebensbedingungen und nicht in der Medizin. Um die Gesundheitsverhältnisse in verschiedenen Lebensbereichen zu verbessern und für aktuelle und zukünftige Krisen gewappnet zu sein, bedarf es in Deutschland eines gestärkten und vernetzten Public Health-Systems.[5] Die Deutsche Gesellschaft für Public Health und die Deutsche Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention sehen dringenden Nachbesserungsbedarf beim Entwurf des neuen Instituts hinsichtlich eines umfassenden Verständnisses von Gesundheit sowie eines ressortübergreifenden Ansatzes.[6]

Artikel aus dem Pharma-Brief 8/2023, S. 4
Bild © Jörg Schaaber

 

[1] SPD, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN, FDP (2021) Mehr Fortschritt wagen. Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.

[2] Bundesministerium für Gesundheit (2023) Präventions-Institut im Aufbau. www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/praeventions-institut-im-aufbau-pm-04-10-23 [Zugriff: 24.10.2023]

[3] Kuhn (2023) Ende einer Geheimoperation: Das neue Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit. https://scienceblogs.de/gesundheits-check/2023/10/04/ende-einer-geheimoperation-das-neue-bundesinstitut-fuer-oeffentliche-gesundheit/ [Zugriff: 24.10.2023]

[4] WHO (2014) Helsinki Statement. Framework for Country Action. WHO, Genf

[5] DGSMP (2023) Stellungnahme zum geplanten „Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit“ aus der Perspektive von Public Health. www.dgsmp.de/news/stellungnahme-zum-bundesinstitut-fuer-oeffentliche-gesundheit/ [Zugriff: 16.10.2023]

[6] DGPH & DGSMP (2023) Das geplante Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM): Fachwelt plädiert für dringende Korrekturen. www.dgph.info/fileadmin/user_upload/PDF/Paper/PM_10.10.23.fin.pdf [Zugriff: 16.10.2023]