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Vortragsreise und Konferenz zu Pandemiefolgen mit Projekt-Partner*innen

Vom 20.-27. April reisten Mitarbeiter*innen der Pharma-Kampagne gemeinsam mit Gesundheitsexpert*innen aus Ghana, Südafrika und Peru durch Nordrhein-Westfalen. Bei acht Veranstaltungen und sieben Austauschgesprächen wurden die durch Covid-19 verursachten Verwerfungen im Gesundheitssektor beleuchtet. Lösungsansätze wurden vorgestellt, um öffentliche Gesundheitssysteme zu stärken und besser gegen Krisen gewappnet zu sein. Krönender Abschluss war eine Fachkonferenz in Bielefeld.

Die Reise ging quer durch NRW – von Bad Oeynhausen, Bielefeld und Münster bis nach Hamm, Düsseldorf, Aachen und Bonn. So unterschiedlich wie die Zielgruppen bei den einzelnen Veranstaltungen waren auch die Veranstaltungsformate: Sie reichten von Gesprächen bei Misereor oder der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) über Unterrichtsdiskussionen an Schulen, Vorträge vor Studierenden und öffentliche Podiumsdiskussionen bis hin zu einem Gemeindegottesdienst zum Recht auf Gesundheit.

Unsere internationalen Gäste gaben ihr Bestes und vermittelten ihre Informationen und Botschaften sehr gekonnt einem höchst heterogenen Publikum. Dr. Kingsley Kwadwo Asare Pereko, Professor für Gesundheitswissenschaften an der Universität von West Coast und Landeskoordinator des People’s Health Movement schilderte die existierenden Versorgungsengpässe in Ghana und mahnte, das Ziel einer universellen Versorgung (Universal Health Coverage) nicht aus dem Blick zu verlieren. Der Zugang zu einer guten medizinischen Basisversorgung sei dabei ebenso entscheidend wie der Ausbau finanzieller und personeller Ressourcen oder der internationale Wissenstransfer.

Die Wissenschaftsjournalistin Fabiola Torres, Gründerin der Organisation Salud con Lupa, schilderte die desolate Lage im peruanischen Gesundheitswesen und hob hervor, wie wichtig unabhängige und verlässliche Gesundheitsinformationen sind – gerade in Zeiten einer globalen Gesundheitskrise, die mit starker Verunsicherung einhergehe.

Bibi Aisha Wadvalla, Investigativ-Journalistin und Geschäftsführerin des südafrikanischen News-Portals Health-e legte einen Fokus auf soziale Determinanten von Gesundheit und ungerechte Versorgungsstrukturen. Die Pandemie habe Armut und Ungerechtigkeit weiter verschärft und es sei auch Rolle der Medien, diese Tatsache ins öffentliche Bewusstsein zu zerren. Notwendig seien robuste soziale Sicherungssysteme, aber auch der Aufbau einer lokalen Arzneimittelproduktion, um den afrikanischen Kontinent künftig unabhängiger von globalen Lieferketten zu machen.

Internationale Debatte legt strukturelle Probleme offen

Bei einer öffentlichen Podiumsdiskussion im Heinrich-Heine Institut in Düsseldorf am 25. April saß neben unseren internationalen Partner*innen auch Achim Teusch auf dem Podium – Arzt und Mitglied der Initiative Krankenhaus statt Fabrik – sowie der SPD-Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Gesundheitsausschusses Josef Neumann. Die lebhafte internationale Debatte kreiste um strukturelle Probleme der Gesundheitsversorgung, die sich hier wie dort ähneln: Es ging um den Fachkräftemangel und die Abwerbung von Pflegefachkräften aus dem Ausland, um Privatisierungen im Gesundheitssektor und Großkonzerne, die im globalen Norden wie Süden den Markt beherrschen, um Krankenhausschließungen in NRW und um die Notwendigkeit einer wohnortnahen medizinischen Versorgung.

Die Vortragsreise fand – ebenso wie die sich daran anschließende Konferenz – in Kooperation mit dem Ghana Forum, dem Südafrika Forum und dem Eine Welt Netz NRW statt. Die drei Akteure unterstützten maßgeblich die Öffentlichkeitsarbeit und waren bei etlichen Veranstaltungen präsent. Finanziell unterstützt wurde das gesamte Projekt von der Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen.

Fachkonferenz in Bielefeld

Bei der abschließenden Fachkonferenz „Pathways to better and fair health care” in Bielefeld vom 28.-29. April diskutierten Vertreter*innen entwicklungs- und gesundheitspolitischer Organisationen aus NRW die Perspektiven und Lösungsansätze für eine bessere globale Gesundheit. Das Konferenz-Programm startete am Freitag mit Kurzvorträgen von Fabiola Torres (Peru), Bibi Ayesha Wadvalla (Südafrika), Dr. Kingsley Kwadwo Asare Pereko (Ghana) und Dr. Christiane Fischer vom People´s Health Movement Deutschland. Anschließend thematisierte eine Podiumsdiskussion, was geschehen müsse, damit in Deutschland und weltweit niemand bei der Gesundheitsversorgung zurückgelassen wird.

Am Samstag gab es vier Workshops zur Vertiefung. Hier ging es um die Schwerpunktthemen „Infektionsprävention“, „patientenzentrierte Versorgung und PatientInnenrechte“, „gesunde und ausreichende Ernährung“ sowie „sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte“. Jeder Workshop war mit Redner*innen bzw. Aktivist*innen aus NRW und aus dem globalen Süden besetzt und verschiedenste Akteur*innen stellten ihre Projekte, Erfahrungen und Handlungsansätze vor. Die Kurzvorträge mündeten in eine internationale Debatte über wirksame Strategien für eine bessere und gerechtere Gesundheitsversorgung weltweit. Zur Sprache kamen dabei so unterschiedliche Themen wie die nachhaltige Verbesserung sanitärer Infrastruktur, ein Ende kolonialen Denkens in der Entwicklungshilfe und Nothilfe, Geschlechtergleichheit, eine stärkere Berücksichtigung der mentalen Gesundheit oder auch sogenannte Pocket-Gardening-Projekte – sogenannte Minigärten, die es Menschen ermöglichen, in ihrem direkten Lebensumfeld gesunde Lebensmittel zu erzeugen und ihre Ernährung zu verbessern.

Die äußerst produktiven Gespräche und Diskussionen haben einmal mehr gezeigt, wie wichtig das persönliche Miteinander ist, um gegenseitiges Verständnis zu wecken, echte Partnerschaften auf Augenhöhe zu begründen und miteinander zukunftsfähige Perspektiven zu entwickeln.  (CJ)

Artikel aus dem Pharma-Brief 4-5/2023, S. 6
Bilder © Jörg Schaaber