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Zugang zu Impfstoffen weltweit und in ausreichender Menge - Appell an zwei deutsche Impfstoffhersteller 

CC Flickr Pfizer BioNTech Spritze in ImpfdoseBielefeld, 11.02.2021

In einem offenen Brief haben sich über 20 zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter auch die BUKO Pharma-Kampagne, an zwei deutsche Impfstoffhersteller gewandt. Die Schreiben sind ein Appell an BioNTech (im Folgenden zu lesen) und CureVac, die von ihnen produzierten Impfstoffe allen Menschen weltweit in ausreichenden Mengen und zu bezahlbaren Preisen zugänglich zu machen:

Offener Brief: Weltweiter Zugang zu Covid-19 Impfstoffen zur effektiven Eindämmung der globalen Pandemie

Sehr geehrte Frau Dr. Türeci, sehr geehrter Herr Prof. Dr. Şahin,

als Nichtregierungsorganisationen, die im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, der globalen Gesundheit und der humanitären Hilfe, aktiv sind, appellieren wir an Sie, den von BioNTech produzierten Covid-19 Impfstoff (COMIRNATY) Menschen weltweit in ausreichend Mengen und zu bezahlbaren Preisen zugänglich zu machen.

Bereits im Dezember 2020 hat Sie eine breite Allianz aus über 100 internationalen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Einzelpersonen mit einem Brief dazu aufgefordert, die Pläne darzulegen, mit denen BioNTech den Zugang zu COMIRNATY gewährleisten will. Als deutsche zivilgesellschaftliche Allianz schließen wir uns dieser Aufforderung nachdrücklich an und hoffen auf eine Rückmeldung Ihrerseits.

Die Covid-19-Pandemie hat massive negative Auswirkungen auf Gesundheitssysteme weltweit, insbesondere in ärmeren Ländern. Darüber hinaus hat die Pandemie zu erheblichen ökonomischen Verwerfungen geführt, die Millionen Menschen in die Armut getrieben hat und sogar Sorgen vor langfristigen Hungersnöten verstärkt.

Um Menschen vor Leid und Tod zu schützen, die Pandemie global wirksam einzudämmen und ihre schädlichen Auswirkungen zu bekämpfen, spielt das Verhalten biomedizinischer Firmen eine wichtige Rolle. Gleichzeitig stellen wir fest, dass die enormen Summen öffentlicher Gelder für Grundlagenforschung, Entwicklung und Produktion, auch von der deutschen Bundesregierung, maßgeblich dazu beigetragen haben, dass Impfstoffe gegen Covid-19 überhaupt so schnell entwickelt werden konnten.

So wurde BioNTech schon in seiner Gründungsphase durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit jeweils 4 Millionen und 13 Millionen Euro gefördert,1 anschließend zudem durch das Sonderprogramm des BMBF zur Entwicklung von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 in Höhe von 375 Millionen Euro und durch eine Fremdkapitalfinanzierung der Europäischen Investitionsbank (EIB) von bis zu 100 Millionen Euro umfangreich unterstützt.

Wir sind der Überzeugung, dass diese massive öffentliche Unterstützung auch mit der Verpflichtung einhergeht, Menschen weltweit Zugang zu Covid-19-Impfstoff zu gewähren.

Wir bitten Sie daher darzulegen, welche konkreten Maßnahmen Sie hinsichtlich der wichtigen Aspekte Transparenz, Bezahlbarkeit, Lizenzierung, Technologietransfer und garantiertem gerechten Zugang ergreifen werden, um dieser Verpflichtung gerecht zu werden.

Kein Unternehmen ist allein in der Lage, effektive und sichere Impfstoffe in ausreichendem Ausmaß zu produzieren. Daher müssen jetzt sämtliche Anstrengungen unternommen werden, um die Produktionskapazitäten massiv hochzufahren, so dass alle Menschen weltweit und so zeitnah wie möglich zu bezahlbaren Preisen mit Covid-19-Impfstoffen versorgt werden können.

Dies setzt voraus, dass pharmazeutische Unternehmen, die Forschung und Entwicklung zu Covid-19-Impfstoffen betreiben, ihre Technologien, ihr Know-How, biologisches Material und geistige Eigentumsrechte schnellstmöglich mit anderen möglichen Impfstoffproduzenten teilen, bevorzugt im Rahmen des WHO Covid-19 Technology Access Pool (C-Tap).

Wir möchten Sie bitten klarzustellen, auch bezugnehmend auf den oben genannten Brief von Dezember 2020, ob Ihr Unternehmen

  1. vollumfängliche Transparenz bei klinischen Testdaten, Herstellungskosten, finanziellen Investitionen in die Forschung und Entwicklung des COVID-19-Impfstoffs und den Anteil öffentlicher Gelder daran, gewähren wird.
  2. sich verpflichten wird, sein geistiges Eigentum in der Pandemie nicht geltend zu machen, sondern geistiges Eigentum, Technologien und Materialien, einschließlich Patente, Testdaten, entsprechende Geschäftsgeheimnisse, Zelllinien und Designs, durch offene Lizenzierung mit qualifizierten Herstellern zu teilen.
  3. einen Teil seines produzierten Gesamtvolumens von Covid-19 Impfstoffen und seiner Produktionskapazitäten für Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen bereitstellen wird.

Wir appellieren an Sie, angesichts der fortdauernden globalen Pandemie dafür Sorge zu tragen, dass Menschen auch in ärmeren Ländern den Zugang zu Covid-19-Impfstoffen bekommen. Die oben aufgezeigten Maßnahmen können den Weg hin zu einer fairen und gerechten globalen Verteilung bereiten.

Wir würden uns über ein persönliches Gespräch für weiteren Austausch freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Die Organisationen, die diesen Appell an BioNTech unterzeichnet haben, sind in der Originalversion dieses offenen Briefes einzusehen: Offener Brief BioNTech [pdf/488kB]

 

Ein ähnlich lautender Brief ging zur gleichen Zeit an Dr. Franz Werner Haas, Vorstandschef von CureVac. Für die Firma flossen sogar noch umfangreichere Mittel aus öffentlichen Quellen. Auch stieg das Bundesministerium für Wirtschaft im vergangenen Jahr als Anteilseigner ein, wie das Schreiben hervorhebt: 
„Die CureVac AG selbst hat im Frühjahr 2020 beim Bund um ein Investment in die Firma angefragt. Neben der daraufhin erfolgten Beteiligung durch das Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi) über 300 Millionen Euro, flossen zudem durch das Sonderprogramm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zur Entwicklung von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 Förderungen in Höhe von 252 Millionen Euro, und eine Unterstützung durch CEPI von bis zu 8,3 Millionen US-Dollar, zusätzlich zu einer früheren Förderung von CEPI von 34 Millionen US-Dollar.“

Originalversion des offenen Briefes an CureVac: Offener Brief CureVac [pdf/426kB]

 

Mehr Informationen können Sie auf unserer Themenseite zu Covid-19 nachlesen. 

Bild Spritze Impfstoff © Flickr