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Publikation zeigt deutscher Politik Handlungsoptionen auf

Krebs in ärmeren Ländern ist ein drängendes Thema für die Globale Gesundheit. Nur wenige Menschen haben bislang Zugang zu einer angemessenen Versorgung, was sich in einer dramatisch hohen Mortalität niederschlägt. So tragen Frauen in Ostafrika das weltweit höchste Risiko, an einer Krebserkrankung zu versterben. Globalisierungseffekte, demographische Veränderungen und Urbanisierung werden die Fallzahlen weiter schnell steigen lassen. Für die Erreichung des Nachhaltigen Entwicklungsziels der Vereinten Nationen „Universal Health Coverage“ (UHC), ist das eine massive Herausforderung. Umso wichtiger, dass sich die deutsche Politik dem Problem stärker annimmt als bisher. Eine Hilfestellung bietet der neu erschienene Leitfaden „Sie müssen jetzt sehr stark sein…“. Er baut auf den Ergebnissen der interdisziplinären Fachtagung vom Mai 2022 auf, die von der Pharma-Kampagne im Zuge des Projekts „Unbezahlbar krank?“ in Bielefeld ausgerichtet wurde.

Die achtseitige Publikation skizziert zu Beginn die neue Tragweite des Krebsproblems in Ländern niedrigen (LICs) und mittleren Einkommens (MICs) und verdeutlicht den Unterschied zu reicheren Regionen (HICs). Denn während in über 90% der HICs die Verfügbarkeit von Krebsbehandlungen gemeldet wird, sind es für die LICs weniger als 15%. Die gute Nachricht: Positive Veränderungen sind bereits mit vergleichsweise geringem Aufwand möglich und die deutsche Politik kann dabei einen maßgeblichen Beitrag leisten. Die 2020 auf den Weg gebrachte Globale Gesundheitsstrategie Deutschlands möchte für die Zukunft „beim Kampf gegen Krebs international ein deutliches Zeichen setzen“. Damit dies gelingen kann, muss die hiesige Politik allerdings einige globale Handlungsfelder umsichtiger und engagierter adressieren.

Im Zentrum aller Verbesserungen muss zunächst die Stärkung staatlicher Versorgungsstrukturen stehen. Nicht zuletzt die verheerenden Auswirkungen der Covid-19-Pandemie haben uns wieder darauf gestoßen, wie wichtig robuste und allgemein zugängliche Gesundheitssysteme sind. Um effiziente und nachhaltige Maßnahmen gegen Krebs zu integrieren, muss auch der engen Verschränkung vieler Krebsarten mit Infektionskrankheiten Rechnung getragen werden. Die tatsächliche Leistungsfähigkeit einer Basisgesundheitsversorgung hängt wiederum maßgeblich davon ab, ob essenzielle Diagnostika, Therapeutika, Schmerzmittel, aber auch Präventivinstrumente wie Impfungen wirklich verfügbar sind. Hohe Behandlungskosten für Patient*innen und/oder staatliche Einrichtungen gefährden unmittelbar Leben und der onkologische Bereich sticht dabei weltweit negativ hervor. Es bedarf daher u.a. eines stärkeren Fokus auf rationale Therapie und bezahlbare Medikamente sowie größere regionale Produktionskapazitäten.

Gerechtere Forschung stellt einen weiteren Schwerpunkt der Handreichung dar. Denn das Forschungsfeld Krebs ist seit Jahren sehr dynamisch, jedoch orientiert sich ein Großteil der Aktivitäten vor allem an Daten aus reicheren Ländern und den dortigen Versorgungsrealitäten. Gebraucht werden also bessere Forschungskooperationen und Datenerhebungen, aber begleitend ebenso dringend eine bessere Absicherung, dass medizinische Fortschritte, die durch öffentlich finanzierte Forschung erzielt wurden, am Ende der globalen Gemeinschaft zugutekommen. Weitere Abschnitte widmen sich schließlich der herausragenden Bedeutung von Prävention, etwa im Bereich Umweltgifte und Tabakkontrolle, sowie der notwendigen Unterstützung kritischer zivilgesellschaftlicher Arbeit zum Thema und dem Empowerment von Schlüsselgruppen.

Inhaltlich ergänzt der Leitfaden den Pharma-Brief Spezial 1/2021 „Unbezahlbar krank – Krebstherapie im globalen Süden“, der durch ausgewählte Themenschwerpunkte und Länderbeispiele die Problematiken detailliert vermittelt, um gezielte Handlungsempfehlungen für die deutsche Politik und Zivilgesellschaft.

Foto: A surgeon stands in the hallway of Banadir hospital in Mogadishu, Somalia. Creative Commons: Tobin Jones