Dass Tabak die Gesundheit schädigt, ist lange bekannt. Aber dass der Einfluss auf die Umwelt ebenso bedenklich ist, wird oft übersehen. Mit dem neuen Bericht Tobacco: Poisoning our planet macht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die zahlreichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt deutlich.[1] Tabak produziert vom Anbau der Pflanze bis zur gerauchten Zigarette einen jährlichen CO2-Fußabdruck von 84 Millionen Tonnen. Das entspricht dem CO2-Ausstoß eines Fünftels aller Flüge weltweit.
Für den Tabakanbau werden jährlich 200.000 Hektar Wald gerodet. Es wird achtmal soviel Wasser verbraucht wie für Tomaten oder Kartoffeln. Bis zu 25% der FarmerInnen sind von der grünen Tabakkrankheit betroffen. Beim Pflücken und Verarbeiten der Blätter wird Nikotin von der Haut aufgenommen, die Menge kann der von 50 Zigaretten am Tag entsprechen. Dazu kommen häufige Pestizidvergiftungen. Denn die Pflanzen brauchen viele Agrargifte und Dünger. Tabakanbau verringert nicht nur die Bodenfruchtbarkeit, die Anbaufläche geht auch für Nahrungsmittel verloren. Da der meiste Tabak in Ländern mit niedrigem und mittleren Einkommen mit oft prekärer Ernährungslage angebaut wird, ist das problematisch.
Zigarettenrauch enthält über 7.000 toxische Substanzen, von denen 70 nachgewiesenermaßen krebserregend sind. Die Tabakindustrie kostet jährlich acht Millionen Menschen das Leben. 2012 wurden für die Behandlung von raucherbedingten Krankheiten 422 Milliarden US$ ausgegeben.
Ungefähr 4,5 Billionen Zigarettenkippen fallen jedes Jahr an, viele davon landen auf dem Boden oder in Flüssen. Mit den Kippen gelangt jede Menge Gift und Mikroplastik in die Umwelt. Und das, obwohl es keine Beweise gibt, dass die Filter Zigaretten weniger schädlich machen. Die WHO schlägt deshalb vor, Filter als Einweg-Plastikprodukt zu klassifizieren und möglichst zu verbieten. Dazu kommen zwei Millionen Tonnen Verpackungsabfall. Bei E-Zigaretten fällt Plastikmüll und Elektronikschrott an. Die Kosten für die Beseitigung des durch Rauchen verursachten Abfalls wird für China auf 2,6 Milliarden US$ geschätzt, für Indien auf 766 Millionen US$, in Brasilien und Deutschland sind es jeweils über 200 Millionen US$. Länder wie Frankreich und Spanien haben begonnen, nach dem Verursacherprinzip die Hersteller für die Kosten der Müllbeseitigung verantwortlich zu machen. Diese Maßnahme empfiehlt die WHO auch anderen Ländern.
FarmerInnen sind oft durch Verträge an Tabakkonzerne gebunden und geraten durch den Einkauf von Saatgut, Dünger und Pestiziden leicht in einen Verschuldungskreislauf. Deshalb sollten ihnen Ausstiegsprogramme angeboten werden. Die Nahrungsmittelproduktion ist dabei mittelfristig oft lukrativer als der Tabakanbau.
Daneben bleiben natürlich die etablierten Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsums wichtig wie Werbeverbote, die Einschränkung des Rauchens im öffentlichen Raum und die Verteuerung der Produkte. (JS)
Artikel aus dem Pharma-Brief 4/2022,S. 6
Bild © WHO
[1] WHO (2022) Tobacco: Poisoning our planet www.who.int/campaigns/world-no-tobacco-day/2022 [Zugriff 31.5.2022]