Am 15. und 16. Oktober tagte das das für Patente zuständige TRIPS Council[1] der Welthandelsorganisation (WTO). Bereits am 2. Oktober hatten Indien und Südafrika einen vielbeachteten Vorschlag eingebracht, zeitweilig für alle Produkte, die zur Vorbeugung, Eindämmung und Behandlung von Covid-19 notwendig sind, den Patentschutz auszusetzen. In der Sprache der WTO heißt so eine Ausnahmeregelung „Waiver“.
Hauptargument der initiierenden Länder war, dass Patente die Fähigkeit von Staaten verringern, die Versorgung mit Impfstoffen aber auch Medizinprodukten sicherzustellen, die zur Bekämpfung von COVID-19 notwendig sind. Der Waiver soll den WTO-Mitgliedern ermöglichen, den Schutz geistigen Eigentums in derlei Fällen zeitlich befristet auszusetzen. Er soll gelten, bis weltweite Impfkampagnen gegen das Virus durchgeführt und weitreichende Immunität erzielt wurde.
Als erstes Land hatte Chile die Unterstützung der indisch/südafrikanischen Initiative zugesagt,[2] Kenia und Eswatini (Swasiland) traten schließlich als Co-Sponsoren der Initiative auf. Darüber hinaus setzten sich wichtige UN-Akteure offen dafür ein. UNAIDS-Direktorin Winnie Byanyima ließ etwa verlauten, man dürfe nicht das Erlebte der frühen Jahre im Kampf gegen Aids wiederholen. Damals hätte man in reichen Ländern gesunden können, während in ärmeren Ländern Millionen Menschen keine Behandlung erhielten.[3]
Im Vorfeld der Verhandlungen gab es eine breite zivilgesellschaftliche Unterstützung für den Waiver. So forderten 379 NGOs aus aller Welt, darunter auch die BUKO Pharma-Kampagne, in einem offenen Brief alle WTO-Mitglieder auf, dem von Indien und Südafrika eingebrachten Text zuzustimmen.
Nach dreistündiger Debatte zeichnete sich jedoch nicht die notwendige Zweidrittel-Mehrheit ab. Für den eingebrachten Vorschlag stimmten die Gruppe der afrikanischen Länder und die Gruppe der am wenigsten entwickelten Länder (LDC), aber auch Bangladesch, Pakistan, Indonesien, Argentinien, Ägypten und weitere Nationen. Dagegen sprachen sich sowohl die EU, als auch die USA aus, zudem u.a. noch Großbritannien, Kanada und Brasilien. Eine größere Gruppe von Staaten wiederum signalisierte Unterstützung, aber bat um Zeit für einen Austausch über Details. Hierzu zählten etwa China, Ecuador, die Philippinen und Nigeria.[4]
Nach WTO-Reglement kann das TRIPS Council nun bis 31. Dezember über seinen Report zu der Initiative entscheiden – der nächste Schritt könnte dann eine Abstimmung zum Thema in der übergeordneten Ministerialkonferenz sein.[5]
[1] TRIPS:Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights
[2] https://timesofindia.indiatimes.com/india/chile-un-agencies-global-health-groups-back-india-on-ip-waiver-of-covid-19-therapies/articleshowprint/78687301.cms
[3] www.unaids.org/en/resources/presscentre/pressreleaseandstatementarchive/2020/october/20201015_waiver-obligations-trips-agreement-covid19
[4] www.businesstoday.in/current/economy-politics/no-consensus-on-india-south-africas-wto-proposal-to-waive-off-patent-rights-for-covid-19-innovation/story/419292.html
[5] www.thehindubusinessline.com/economy/wto-members-divided-over-india-south-proposal-for-trips-waiver-during-covid-19/article32878713.ece