EMA rudert bei Transparenz zurück
Die Ergebnisse von klinischen Studien müssen spätestens ein Jahr nach Studienende in das öffentliche EU-Register CTIS eingestellt werden. So schreibt es die EU-Verordnung für Studien vor. Geht es nach der EMA, soll das für die Studienprotokolle nicht gelten: Sie sollen zum „Schutz von Geschäftsinteressen“ bis zu fünf Jahre geheim bleiben. Das widerspricht dem Geist der Verordnung, die auf Transparenz setzt.
Die europäische Zulassungsbehörde EMA ist für den Betrieb des EU-Studienregisters CTIS zuständig. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit hat sie Ende April 2022 ein Konsultationsdokument erstellt.[1] Es beschreibt die geplanten Regeln für Schwärzungen zum Schutz von PatientInnen-Daten und Geschäftsgeheimnissen. In dem 56 Seiten umfassenden Dokument findet sich auch der Vorschlag, Studienprotokolle bis zu fünf Jahre pauschal als Geschäftsgeheimnis deklarieren.
In einem offenen Brief an den Verwaltungsrat der EMA protestiert ein Bündnis von elf Gesundheitsorganisationen – darunter die BUKO Pharma-Kampagne – und vier internationale ExpertInnen gegen diesen gesundheitsfeindlichen Vorhaben:[2] „Wenn sich die EMA mit diesem Ansatz durchsetzt, werden sich medizinische Forscher, VerfasserInnen von systematischen Reviews und öffentliche Gesundheitseinrichtungen weltweit in einer zutiefst absurden Situation befinden. Sie werden rasch auf eine Zusammenfassung der Ergebnisse europäischer Arzneimittelstudien zugreifen können, aber nicht genau herausfinden können, wie diese Ergebnisse erzielt wurden.“
ForscherInnen können die Ergebnisse einer Studie nur vollständig interpretieren, wenn sie über detaillierte Informationen über das Testdesign, einschließlich Maßnahmen zur Minimierung von Verzerrungen, statistischen Methoden und Dosierungsschemata verfügen.
Vor allem aber enthält die EU-Verordnung überhaupt keine Bestimmung, die die pauschale Geheimhaltung der Studienprotokolle rechtfertigen könnte. Im Gegenteil heißt es dort eindeutig, dass die „Informationen in der EU-Datenbank öffentlich sein sollten, es sei denn, dass spezifische Gründe erfordern, dass eine Information nicht veröffentlicht werden sollte.“ (JS)
Dieser Artikel erscheint im Pharma-Brief 9/2022
Bild: Verriegeltes Schloss © iStock
[1] EMA (2022) [DRAFT] Guidance document on how to approach the protection of personal data and commercially confidential information in documents uploaded and published in the Clinical Trial Information System (CTIS). https://www.ema.europa.eu/en/documents/other/draft-guidance-document-how-approach-protection-personal-data-commercially-confidential-information_en.pdf [Zugriff 12.10.2022]
[2] TranspariMED et al. (2022) Open letter to the EMA Management Board. 17 Oct. https://bukopharma.de/images/aktuelles/22_10_17_Open_letter_to_EMA_trial_protocols.pdf