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Krebsmedikamente werden zu astronomischen Preisen verkauft. Das lädt zum Betrug ein, und so mancher hält dabei die Hand auf. Zwei Journalisten haben drei Jahre recherchiert. Sie entdeckten dabei nicht nur menschliche Abgründe und hemmungslose Bereicherung, sondern zeigen auch Wege, wie unser Gesundheitssystem dem Betrug den Boden entziehen könnte.

Oliver Schröm und Niklas Schenk sind Investigativjournalisten. Zu ihrem Job gehört es, Betrug aufzudecken. Die Versorgung Deutschlands mit Krebsmitteln bietet dazu reichlich Stoff. In Deutschland gibt es jährlich etwa 1,5 Millionen KrebspatientInnen, 3,2 Milliarden Euro Umsatz werden mit Medikamenten erzielt. Die Behandlung kostet nicht selten über 100.000 Euro. Und Statistiken zeigen, dass PrivatpatientInnen in den letzten Lebens­monaten doppelt so häufig eine Chemotherapie bekommen wie gesetzlich Versicherte. Die Gewinnspannen sind groß, und viele wollen ein Stück vom Kuchen abhaben.

Infusionen für die Chemotherapie werden für die Betroffenen individuell zubereitet. Etwa 250 Apotheken sind mit einem dazu notwendigen Sterillabor ausgestattet. Als Patient oder Patientin hat man keine freie Wahl, in welcher Apotheke man seine Infusion kaufen will – der Auftrag geht direkt von der Arztpraxis an die Apotheke. Und los geht der Betrug: Apotheker zahlen Schmiergelder an onkologische Arztpraxen, um die Rezepte zu bekommen. Die Apotheken wiederum erhalten ihre Ware von Großhändlern. Die kaufen günstig im Ausland ein, etikettieren die nicht zugelassene Ware um und verkaufen sie zu den deutlich höheren Listenpreisen weiter. So mancher Apotheker bekommt dabei seinen Anteil ab. Ärzte wiederum lassen sich von Apothekern die Praxismiete bezahlen und werden an den Apothekengewinnen beteiligt. Selbst Krankenkassen scheinen immer wieder eine unrühmliche Rolle zu spielen. Das Buch beschreibt, wie in Hamburg eine Krankenkasse wegen des günstigen Angebots Aufträge an einen Apotheker gab, der zuvor schon wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz verurteilt worden war.

Bottrop – ein Einzelfall?

Der bekannteste Betrugsfall ist wohl die Alte Apotheke in Bottrop. Der Apotheker soll über viele Jahre Infu­sionen unterdosiert haben. Der Fall kam ins Rollen, als der Buchhalter feststellte, dass die Apotheke viel mehr Wirkstoff mit den Kassen abrechnete als sie eingekauft hatte. Der Apotheker steht derzeit vor Gericht.

Was die Autoren schildern, sind nicht nur Einzelfälle, sondern regelrechte Netzwerke. Die Information darüber erhielten sie immer wieder von Whistleblowern. Und so mancher Insider erwies sich als sehr gesprächig.

Betrüger betrügen sich auch gegenseitig, und wenn es Ärger gibt, verpfeift man eben auch den früheren Geschäfts­partner. Das Buch ist spannend zu lesen, denn man erlebt die Re­cherchen hautnah mit. Als Leser starrt man selbst auf den Bildschirm der versteckten Kamera, wenn im Neben­raum ein Händler dem Arzt großzügige Angebote unterbreitet. Und man sitzt mit Betrügern (oder waren es Betrogene?) im Speisewagen des ICE und lässt sich erklären, wie das Geschäft funktioniert.

Aber die Lektüre kann Angst machen. Denn was bleibt als Fazit, wenn man vielleicht selbst mal eine Chemotherapie braucht? Wem kann man trauen? Die Autoren widmen das letzte Kapitel deshalb der Frage, wie man solchen Betrügereien am besten den Boden entziehen könnte. Die Antwort liegt eigentlich auf der Hand: indem man die Medikamente günstiger macht. Dadurch wird der Betrug uninteressanter. Die Autoren nehmen einen dazu mit nach Genf, wo bei der Weltgesundheitsversammlung über neue Anreizsysteme für Arzneimittelforschung diskutiert wird. De-Linkage heißt das Konzept, für das sich auch die Pharma-Kampagne schon länger einsetzt. Wenn im Buch steht, „die Schlüsselkonzepte für eine Welt mit bezahlbarem Zugang zu Medikamenten stammen alle aus dem Werkzeugkoffer von Knowledge Ecology International“, ist das nicht ganz korrekt. diese dramaturgische Zuspitzung auf einen Akteur soll nicht weiter stören. Denn das Buch kann sicher viele LeserInnen aufrütteln, die sich vorher nie damit beschäftigt haben, wo ihre Medikamente eigentlich herkommen. (CW)

Artikel aus dem Pharma-Brief 10/2017, S. 7
Oliver Schröm, Niklas Schenk (2017) Die Krebsmafia. Köln: Lübbe. 280 Seiten, 20,- €


Bessere Gesundheitsversorgung allein reicht nicht

Soziale Faktoren haben enorme Auswirkungen auf die Gesundheit. Wer arm ist, wird häufiger krank und stirbt früher. Ein besserer Zugang zu Gesundheitsversorgung kann zwar etliche Todesfälle verhindern, ändert aber am Grundproblem wenig, wie eine aktuelle Untersuchung aus England zeigt. Viel mehr Menschenleben retten könnten Maßnahmen, die die Kluft zwischen arm und reich verringern.

Seit 2010 wurden in England die öffentlichen Ausgaben für Gesundheitsversorgung und soziale Betreuung empfindlich begrenzt. Obwohl Kosten und Bedarf kontinuierlich wachsen, stiegen die öffentlichen Gesundheitsausgaben von 2010 bis 2014 nur noch um jährlich 1,3% – zuvor waren es 4% pro Jahr. Die Ausgaben für die soziale Betreuung von Erwachsenen nahmen im selben Zeitraum sogar jährlich um 1,2% ab. Jonathan Watkins u.a. wollten wissen, ob und wie sich diese Einschränkung der öffentlichen Gesundheitsinvestitionen auf die Mortalitätsrate auswirkt. Sie verglichen dazu die Sterberaten im Zeitraum von 2001-2010 mit denen von 2011-2014 und untersuchten auch den Einfluss anderer Faktoren wie Alter, Wohnort und wirtschaftliche Bedingungen.[1]

Das Ergebnis ihrer Studie: Während sich die Anzahl der Todesfälle zwischen 2001 und 2010 kontinuierlich um knapp 1% jährlich verringerte, wuchs sie ab 2011 jährlich um etwa 1% an. Das knappe Budget für Investitionen in den Bereichen Gesundheit und Sozialfürsorge führte in drei Jahren (2012-2014) zu insgesamt rund 45.000 zusätzlichen Todesfällen. Die große Mehrheit der Betroffenen war über 60 Jahre alt und lebte vorher in Pflegeeinrichtungen oder zu Hause. Die Zahl des Personals in Altenheimen und in der häuslichen Pflege hatte im selben Zeitraum deutlich abgenommen. Gleichzeitig wurden immer mehr PatientInnen, bei denen die therapeutischen Möglichkeiten ausgeschöpft waren, in Pflegeeinrichtungen verlegt. Dazu passt, dass trotz knapperer Ressourcen die Sterblichkeit in Krankenhäusern nicht zunahm.

Die AutorInnen der Studie verweisen zusätzlich auf die unterschiedlichen Strukturen: Während die Krankenversorgung staatlich organisiert sei und ein Rechtsanspruch auf Behandlung bestehe, sei die Pflege meist privat organisiert und Kürzungen schlügen schnell auf Zugang und Qualität durch.

Was wirkt nachhaltig?

Der Epidemiologe Michael Marmot plädiert schon lange für evidenzbasierte Politikkonzepte, die soziale Gerechtigkeit und damit auch die Gesundheit fördern. „Nimm die Ursachen von sozialer Ungleichheit in Angriff und die Gesundheit aller verbessert sich“, so sein Credo. Marmot – ehemals Vorsitzender der WHO Kommission zu sozialen Determinanten und Gesundheit – erforscht seit Jahrzehnten die gesundheitlichen Auswirkungen sozialer Ungleichheit in Großbritannien und anderen europäischen Ländern. Sein Fazit: „Soziale Ungerechtigkeit tötet im großen Maßstab.“ Wenn jeder in England die gleiche Lebenserwartung hätte wie die besonders Begünstigten, würden jährlich 202.000 Menschen weniger sterben.

Männer, die in den sozialen Brennpunkten Londons leben, sterben aktuell 18 Jahre früher als solche, die in reichen Stadtvierteln leben. Über die Jahrzehnte hinweg hätte sich zwar der Gesundheitszustand und die Lebenserwartung der Bevölkerung insgesamt verbessert, doch die Differenz zwischen dem Gesundheitsstatus armer und reicher Menschen sei kaum geschrumpft.[2] Dieser Unterschied resultiere aus einer tödlichen Mischung von schlechten Sozialprogrammen, unfairen ökonomischen Bedingungen und fehlender staatlicher Regulierung.

Entscheidend für schlechte Gesundheitschancen sei weniger die absolute Armut, so Marmot. Denn eine arme Familie mit einem Haushaltseinkommen von 17.000 Dollar habe in Baltimore/USA z.B. eine deutlich niedrigere Lebenserwartung als eine Familie in Costa Rica, wo das durchschnittliche Einkommen pro Kopf bei rund 14.000 US$ liegt. Die Armen in Baltimore werden nur durchschnittlich 62 Jahre alt, die Menschen in Costa Rica durchschnittlich 77. Relative Armut ist also die bei Weitem wichtigere Größe, wenn es um Gesundheit geht.

Das gilt auch für Deutschland: Männer, die zum ärmsten Fünftel der Bevölkerung gehören, sterben im Schnitt 10,8 Jahre früher als die, die zum reichsten Fünftel gehören. Bei Frauen beträgt der Unterschied 8,4 Jahre. Die Zusammenhänge zwischen sozialer Ungerechtigkeit und schlechten Gesundheitschancen sind wohlbekannt. Einfluss auf politische Entscheidungen haben solche Erkenntnisse aber selten. Denn Arme haben keine Lobby.[3]  (CJ)

Artikel aus dem Pharma-Brief 10/2017, S. 6

[1] Watkins J et al. (2017) Effects of health and social care spending constraints on mortality in England: a time trend analysis. BMJ Open; 7, p e017722. doi: 10.1136/bmjopen-2017-017722

[2] Marmot M (2017) Social justice, epidemiology and health inequalities. Eur J Epidemiol doi: 10.1007/s10654-017-0286-3

[3] RKI (2015) Gesundheit in Deutschland


Welchen Einfluss haben die Lebensumstände?

Weltweit sind etwa 253 Millionen Menschen in ihrer Sehkraft eingeschränkt.[1] Das macht Sehbehinderungen zu einer der am meisten verbreiteten körperlichen Einschränkungen weltweit.  Prekäre soziale und ökonomische Lebensumstände haben einen großen Einfluss auf die Entstehung dieser Erkrankungen. Menschen in armen Ländern sind besonders häufig betroffen.

Sehstörungen treten weltweit auf, doch einige Länder und Bevölkerungsgruppen sind stärker betroffen als andere. Laut WHO leben 90% der von Blindheit und Sehschwächen betroffenen Menschen in einkommensschwachen Ländern, insbesondere im südlichen Afrika und im Südosten Asiens.[2] Dabei könnten geschätzte 80% der weltweit auftretenden Sehbehinderungen vermieden oder geheilt werden.[3] Zwar wurden in den vergangenen zwei Jahrzehnten durchaus Fortschritte bei der Prävention erzielt. Von 1990 bis 2015 ist die Zahl der Betroffenen um fast 18% zurückgegangen. Doch Wachstum und Alterung der Weltbevölkerung lassen die Zahl der Betroffenen in Zukunft wieder ansteigen wie eine Analyse der Fachzeitschrift Lancet nahelegt.[1]

Um dieser Entwicklung vorzubeugen, ist es essenziell, die Risikofaktoren zu kennen, die zu vermeidbarem Sehverlust oder zu Blindheit führen können. Insbesondere der sozioökonomische Status spielt dabei eine wichtige Rolle. Das belegt eine Studie von Wei Wang und anderen.[4] Die WissenschaftlerInnen sammelten und analysierten Daten aus 190 Ländern. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass es einen engen Zusammenhang zwischen der Wirtschaftskraft eines Landes und dem Auftreten von Sehstörungen und Blindheit gibt. Faktoren wie Wohlstand, Gesundheitsausgaben und Bildungsstand der Bevölkerung haben Einfluss auf die Krankheitslast. In Ländern mit einem hohen Entwicklungsstand oder einer starken Wirtschaft gibt es wesentlich weniger Betroffene als in sogenannten Entwicklungsländern.

Insbesondere die Bildung spielt eine entscheidende Rolle bei der Entstehung vermeidbarer Augenerkrankungen. Bildungsschwache Bevölkerungsgruppen sind bis zu zwei Mal so häufig betroffen, wie Gruppen mit hohem Bildungsabschluss. Auch die nationalen Gesundheitsausgaben wurden als Einflussfaktor festgestellt. Je geringer die Ausgaben eines Landes für Gesundheit und damit auch für die Augengesundheit, desto häufiger kommt es zu Sehschwäche und Blindheit. Denn in einkommensschwachen Ländern ist eine augenmedizinische Versorgung häufig nicht bezahlbar oder nicht zugänglich. Es mangelt an Fachpersonal und es kommt häufiger zu Diagnose- oder Behandlungsfehlern.

Indien, Pakistan, Nigeria, Indonesien und China sind von Blindheit und von Sehstörungen, am schwersten betroffenen. Die WissenschaftlerInnen empfehlen, Gesundheitsstrategien und Präventions- sowie Bildungsprogramme zu entwickeln, die den Ressourcen der Länder angepasst sind. Sie raten außerdem zu weiteren Studien, um die Einflussfaktoren bei Sehstörungen oder Erblindung genauer zu erforschen. (AW)

Artikel aus dem Pharma-Brief 10/2017, S. 5
Eine blinde Frau spinnt Wolle in Taquile, Peru © Thomas Quine

[1] Bourne RRA et al (2017) Magnitude, temporal trends, and projectionsof the global prevalence of blindness and distance and near vision impairment: a systematic review and meta-analysis. Lancet Global Health; 5, p e888 www.thelancet.com/pdfs/journals/langlo/PIIS2214-109X(17)30293-0.pdf

[2] WHO (2017) Blindness Vision 2020. Fact Sheet N°213. www.who.int/mediacentre/factsheets/fs213/en [Zugriff 27.11.2017]

[3] WHO (2017) Vision Impairment and Blindness. Fact Sheet. www.who.int/mediacentre/factsheets/fs282/en [Zugriff 27.11.2017]

[4] Wang W et al. (2017) Association of Socioeconomics With prevalence of Visual Impairment and Blindness. JAMA ophthalmology. Online first doi:10.1001/jamaophthalmol.2017.3449


Jahresrückblick auf die Kampagnenarbeit 2022

Das zentrale und transformative Postulat “Leave no one behind” der Weltentwicklungsziele hat mit der Pandemie an Bedeutung gewonnen und ist angesichts der multiplen globalen Krisen drängender denn je. Wir haben uns diesen Slogan im letzten Jahr ganz besonders auf die Fahnen geschrieben und uns immer wieder für notwendige Veränderungen stark gemacht.

Welche Wege führen aus der globalen Gesundheitskrise? Was muss passieren, um weltweit existierende Versorgungslücken zu schließen und dabei niemanden zurückzulassen? Wie sieht ein gerechter Zugang zu Gesundheitsdiensten und Arzneimitteln aus und welche Strukturen und Politiken gefährden eine nachhaltige und gesundheitsfördernde Entwicklung? Wir blieben dran an diesen langjährigen Arbeitsthemen der BUKO Pharma-Kampagne und diskutierten sie vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen:

Mit unserem Projekt „Unbezahlbar krank?“ setzten wir uns etwa für eine bessere Versorgung von KrebspatientInnen im Globalen Süden ein. Wir organisierten vier öffentliche Veranstaltungen, führten im Mai eine Fachkonferenz in Bielefeld durch und verschickten einen dezidierten Handlungsleitfaden an politische EntscheidungsträgerInnen. Die achtseitige Publikation erschien auch als Pharma-Brief Spezial 2/2022.

Weiterhin nahmen wir die Folgen der Covid-19 Pandemie für die globale Gesundheitsversorgung in den Blick: Gemeinsam mit Partnerorganisationen in Südafrika, Ghana und Peru veröffentlichten wir eine umfangreiche Länderstudie (Pharma-Brief Spezial 1/2022) sowie mehrere Filme und Podcasts, in denen sich Akteure aus dem Globalen Süden zu Wort melden.

Außerdem machten wir mit unseren Bildungsmaterialien Schule: Wir konzipierten eine Unterrichtsbroschüre, besuchten fünf Schulen in Nordrhein-Westfalen und diskutierten mit den Jugendlichen das Ziel einer global gerechten Gesundheitsversorgung. Nicht zuletzt erreichte unsere zehntägige Theatertournee bei 28 Auftritten auf öffentlichen Plätzen und in Schulen über 1.300 Menschen. Mit einem humorvollen Theaterstück führte Schluck & weg diesmal die Corona-bedingten Einschnitte bei der weltweiten HIV-, TB- und Malaria-Kontrolle, aber auch bei der Versorgung von Frauen und Kindern vor Augen. Die Auftritte endeten jeweils mit einem schmissigen Song zur Melodie von Y.M.C.A. (Village People) und dem umgetexteten Refrain „Leave no one behind“. 

Unsere 5-teilige Fortbildungsreihe zu den Hürden bei der weltweiten Arzneimittelversorgung fand im vergangenen Jahr zweimal statt und stieß auf sehr reges Interesse. Zahlreiche externe ReferentInnen waren in die Online-Kurse einbezogen, vermittelten wissenschaftliche Erkenntnisse oder schilderten Erfahrungen aus der medizinischen Nothilfe und humanitären Arbeit weltweit. Die meisten Vorträge und auch andere Kursmaterialien zur „Großbaustelle Arzneimittelversorgung“ sind in einem praktischen Werkzeugkasten auf unserer Projekt-Webseite zu finden (siehe hier). So können die spannenden Inhalte auch von anderen Akteuren der Entwicklungszusammenarbeit weiterhin genutzt und bei der Fortbildung ihrer Mitarbeitenden eingesetzt werden.

Ganz besonders freuen wir uns, dass unsere Ausstellung zu Antibiotikaresistenzen ein neues Zuhause gefunden hat: Sie steht seit Ende letzten Jahres beim Robert Koch-Institut in Berlin und kann auch bei einem virtuellen Rundgang erkundet werden. Schauen Sie gern vorbei https://bukopharma.de/RKI_360Tour  – neuerdings auch auf Englisch.

Doch auch abseits unserer öffentlich geförderten Projekte haben wir uns vehement politisch eingemischt: Sei es für eine gerechtere Impfstoffverteilung und die Freigabe geistiger Eigentumsrechte, für mehr Transparenz bei klinischen Studien oder eine gerechte medizinische Versorgung von Geflüchteten. Wir kommentierten die globale Gesundheitsstrategie der EU oder nahmen die deutschen Sonderregeln bei der Nutzenbewertung von Waisenmedikamenten unter die Lupe. Aktuelle Berichte und Einschätzungen zur deutschen und internationalen Gesundheitspolitik lieferte außerdem unser Pharma-Brief wie gewohnt auf 64 Seiten.

Und auch die online-Berichterstattung kam keineswegs zu kurz: Insgesamt 470 Tweets und Posts haben wir bei Facebook und Twitter veröffentlicht und nebenbei mit Instagram und Mastodon gleich zwei neue Social-Media-Kanäle eingerichtet und etabliert.

Zu unseren Projekten und Arbeitsthemen erschienen 55 Beiträge in Zeitungen, Zeitschriften, im Rundfunk oder in Online-Medien. Wir standen 35 JournalistInnen Rede und Antwort, haben 20 Vorträge gehalten, an 33 Veranstaltungen aktiv teil­genommen und 22 eigene Veranstaltungen durchgeführt – insbesondere im Rahmen unseres Projektes zu den Folgen der Pandemie und auch zur Thematik „Großbaustelle Arzneimittelversorgung“.

Ohne die vielen Organisationen, Gruppen und Einzelpersonen im In- und Ausland, die die BUKO Pharma-Kampagne tragen, stärken und fördern, wäre all das nicht möglich gewesen. Sie sorgen dafür, dass wir kein Blatt vor den Mund nehmen müssen! Dafür sagen wir danke schön und hoffen, dass Sie uns weiterhin den Rücken stärken.  (CJ)

Artikel aus dem Pharma-Brief 2/2023, S. 6
Bild Straßentheater © Astrid Pfeifer

Screenshot RKI Ausstellung


Der häufigste Krebs bei Kindern ist die akute lymphatische Leukämie (ALL). Ein wichtiger Baustein der Therapie, die das Leben der meisten Kinder retten kann, ist Asparaginase. Aber Berichte über defekte Produkte im Globalen Süden häufen sich.

Zuerst fiel es in Brasilien 2017 auf: Kinder, die mit dem Markenprodukt Leuginase behandelt wurden, wurden nicht wieder gesund. Laboruntersuchungen ergaben, dass das Produkt zu wenig Wirkstoff enthielt und zudem bakteriell verseucht war. 2018 verbot das Gesundheitsministerium die Verwendung von Leuginase.

Der Kinderonkologin Prof. Silva Brandalise waren die Mängel zuerst aufgefallen. Kurz nach dem Verbot in Brasilien schickte ihr eine Kollegin aus Haiti eine Probe der dort verwendeten Asparaginase, weil plötzlich fast alle Kinder trotz Behandlung starben. Eine Laboranalyse in Brasilien ergab, dass das Medikament stark verunreinigt war. Es stammte vom selben chinesischen Hersteller wie das Produkt, das in Brasilien aufgefallen war.

Eine Recherche des Bureau of Investigative Journalism zeigt, dass in den vergangenen fünf Jahren Asparaginase mit Qualitätsmängeln in fast 100 Länder verschifft wurde.[1] Die Zahl der Hersteller von unveränderter (nativer) Asparaginase hat sich stark verringert, weil sich die teurere modifizierte Variante durchgesetzt hat. Zwei Hersteller des nativen Produkts, von denen keine Qualitätsmängel bekannt wurden, haben 2012 bzw. 2020 aufgegeben.  Die modifizierte Asparaginase ist etwas besser verträglich, aber der Preis hat sich inzwischen verzehnfacht und sie ist deshalb für ärmere Länder keine Option. Bessere Qualitätskontrollen bei der Herstellung ein Muss.  (JS)

Artikel aus dem Pharma-Brief 2/2023, S.3

[1] Bureau of Investigative Journalism (2023) The drug was meant to save children’s lives. Instead, they’re dying. www.thebureauinvestigates.com/stories/2023-01-25/the-drug-was-meant-to-save-childrens-lives-instead-theyre-dying [Zugriff 14.3.2023]


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