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Malaria-Kontrolle unter Pandemiebedingungen

Gerade die ersten Monate der Pandemie stellten das Malaria-Kontrollprogramm Ghanas auf eine harte Probe. Etliche Präventionsmaßnahmen mussten auf Eis gelegt werden und kreative Lösungen waren gefragt. Dr. Boakye vom nationalen Malaria-Kontrollprogramm berichtet.

Was waren die größten Herausforderungen der Pandemie in Bezug auf ihre Arbeit, Herr Boakye?

Ich würde sagen, dass Covid generell einen großen Einfluss auf alles hatte, was wir in Bezug auf die Gesundheit der Ghanaer und unser nationales Malaria-Kontrollprogramm tun. Von Anfang an, als der erste Fall auftrat, mussten die meisten von uns alles auf Eis legen, was wir für die Malariakontrolle taten. Die meisten leitenden Beamten des öffentlichen Gesundheitswesens wurden dazu aufgerufen, im Kampf gegen Covid-19 zu helfen. So kam unsere Arbeit im Bereich der Malariabekämpfung für eine gewisse Zeit praktisch zum Stillstand. Einige meiner Kollegen und ich selbst waren Teil des Teams, das die Grundsatzdokumente, die wir im Kampf gegen Covid-19 verwendeten, entwickelte. Und einige meiner Kollegen gehörten auch zu dem Team, das aufgestellt wurde, um alle Kontaktpersonen in der Region Accra zu unterweisen. Wir mussten also täglich in die Bezirke fahren, um nach Fällen und Kontakten zu suchen und dafür zu sorgen, dass die Daten an die zuständige Behörde weitergeleitet werden. Und so waren wir etwa zwei Monate lang damit beschäftigt, Covid-19 Aktivitäten durchzuführen. Aber untergeordnete Behörden arbeiteten weiter an Maßnahmen zur Malariakontrolle. Die meisten von uns in höheren Positionen waren an Covid-19 und der Pandemiebekämpfung beteiligt.

Gab es weitere Faktoren, die die Malaria-Kontrolle beeinträchtigt haben?

Wir haben festgestellt, dass die Menschen Angst hatten, ins Krankenhaus zu gehen. Vor allem, weil sie Angst hatten, dass bei ihnen Covid 19 diagnostiziert werden könnte, wenn sie krank waren. Sie sind also nicht in eine Einrichtung gegangen, sondern in die Apotheke, um sich Medikamente zu besorgen. Die Zahl der Krankenhausbesuche ging zurück – auch bei Malaria. Doch wir wissen, dass die meisten Einweisungen in all unseren Einrichtungen im Land normalerweise durch Malaria bedingt sind. Aber im Jahr 2020 hatten wir den niedrigsten Anteil an Einweisungen, die auf Malaria zurückzuführen waren. Wenn man sich den Fünf-Jahres-Trend anschaut, war 2020 der niedrigste Wert zu verzeichnen. Daraus können wir schließen, dass die meisten Menschen Angst hatten, ins Krankenhaus zu gehen, weil sie befürchteten, mit Covid-19 diagnostiziert zu werden und niemand wollte wegen des Stigmas in diese Kategorie eingeordnet werden.

Covid führte zu Stigmatisierung?

Ja, sie war zu dieser Zeit mit Covid-19 verbunden. Und so haben die Leute sogar ihr Fieber versteckt. Ich meine Symptome, nur um in ihren Häusern sicher zu sein. Und dann behandelten sich selbst gegen alle möglichen Krankheiten.

Ist dadurch die Zahl der Todesfälle bei Malaria gestiegen?

Wir wissen nicht, wie hoch die Gesamtzahl der Todesfälle im ganzen Land wirklich ist, weil die Menschen in ihren Häusern gestorben sind, ohne im System erfasst zu werden. Wir können also nicht mit Sicherheit sagen, ob viele Menschen an Malaria oder an anderen Ursachen als Covid-19 gestorben sind, denn zu dieser Zeit konnte man fast jeden als Covid-Patienten einstufen, sobald er Fieber und Symptome einer Infektionskrankheit hatte.

Konnten Sie Ihre Arbeit zu Malaria inzwischen wieder aufnehmen?

Ich würde sagen, dass wir mit der Zeit, als die Beschränkungen der Bewegungsfreiheit allmählich gelockert wurden, zu unseren Hauptaktivitäten zurückkehrten. Irgendwann in der Mitte des Jahres setzten wir unsere Maßnahmen fort, doch da Covid noch immer existierte, mussten wir unsere Arbeitsweise anpassen.

Mit welchen Schwierigkeiten hatten Sie zu kämpfen?

Wir mussten Desinfektionsmittel kaufen, wir mussten Gesichtsmasken kaufen, wir mussten Geld für den Transport ausgeben, wir mussten viel Geld in die Hand nehmen und im Grunde genommen das Geld für die Ermittlung von Kontaktpersonen aufstocken und einen Teil der uns zur Verfügung stehenden Mittel für den Kampf gegen Covid verwenden. Ich kann Ihnen gar nicht genau sagen, wie viel der uns zur Verfügung stehenden Mittel in Covid geflossen sind. Aber ich weiß, dass es eine ganze Menge war. Ich erinnere mich an einige unserer Interventionen, für die uns am Ende des Jahres das Geld ausging. Und so mussten wir erneut globale Geberorganisationen wie den Global Fund um Unterstützung bitten.

Hat Covid die Malaria-Interventionen verteuert?

Bei den meisten Aktivitäten, die wir durchführen, arbeiten wir mit freiwilligen Helfern aus der Bevölkerung, und wir mussten sie mit genügend Gesichtsmasken, Desinfektionsmitteln für die Hände, Seife und anderen Dingen versorgen, damit sie vor Covid geschützt waren, und außerdem mussten wir wegen der notwendigen sozialen Distanz Anpassungen vornehmen. Wir mussten mehr Autos und Fahrer besorgen und manchmal musste man Busse mieten, um die Beamten und Mitarbeiter unserer Programme sicher befördern zu können. Das alles hat die Kosten für die Durchführung der meisten Maßnahmen erhöht.

Welche Regionen oder Bevölkerungs­gruppen waren von den notwendigen Anpassungen im Malaria-Programm besonders stark betroffen?

Wissen Sie, bei Malaria gibt es in der Regel zwei Hauptgruppen, die besonders gefährdet sind, an Malaria zu erkranken und daran zu sterben. Das sind schwangere Frauen und Kinder unter fünf Jahren. Da die meisten unserer Maßnahmen auf diese Gruppen abzielen, waren sie während der Pandemie am stärksten betroffen, weil wir einige dieser Aktivitäten auf Eis legen mussten, vor allem in der Region Accra. Wegen des Lockdowns haben wir leider einige Menschenleben verloren, vor allem Kinder unter fünf Jahren und schwangere Frauen. Sie sollten eigentlich in die Schwangerenambulanz gehen, um dort die so genannte IPTP-Behandlung zur Vorbeugung gegen Malaria während der Schwangerschaft zu erhalten. Aber die meisten von ihnen konnten wegen der Ausgangsbeschränkung nicht hingehen.

Es gibt auch eine Intervention an Schulen, um mit lang wirkenden Insektiziden behandelte Netze zu verteilen. Und auch das konnte natürlich nicht gemacht werden, weil die Schulen geschlossen waren. So hatten die meisten Schulkinder keinen Zugang zu diesen Bettnetzen. Vor Covid wurden sie jedes Jahr verteilt und auch Kinder unter fünf Jahren und schwangere Frauen bekommen die Netze. Aber wir mussten die meisten dieser Aktivitäten auf Eis legen, weil die Leute, sogar die schwangeren Frauen, gar nicht erst zu den Verteilaktionen kamen.

Sehen Sie noch weitere Auswirkungen auf die Malaria-Kontrolle?

Ich sehe, dass Kinder und schwangere Frauen am meisten unter Malaria leiden, aber auch die Allgemeinheit, weil die Leute falsch diagnostiziert werden, weil sie in die Apotheke gehen, anstatt in eine Gesundheitseinrichtung, um eine Diagnose zu bekommen. Ich bin mir also sicher, dass Menschen, die gegen Malaria behandelt wurden, nicht wissen, ob sie Malaria hatten, weil sie nicht getestet wurden. Jeder nahm z.B. Hydroxychloroquin ohne richtige Diagnose.

Ich habe mich einmal ein bisschen geärgert, als ich in einen der Apothekenläden gegangen bin und eine Zeit lang dagestanden habe und alles beobachtet habe. Und diese Dame verteilte an fast jeden, der hereinkam, weil er Fieber hatte, ein Malariamittel. Ich war ein wenig beunruhigt, denn das ist etwas, wogegen wir immer predigen. Testet die Leute, bevor ihr sie behandelt, wir haben das im Radio und im Fernsehen gesagt, wir haben sie aufgeklärt. Denn die Apotheken können kostenlose Testkits von den Behörden anfordern. Und sie machen trotzdem weiter, und während Covid war es noch schlimmer, weil viele Leute zu ihnen gingen, anstatt in die Gesundheitseinrichtungen.

Die Leute kauften sogar ACTs,[1] wenn jemand Fieber hatte, also Mittel, die wir zur Behandlung von Malaria verwenden, eine Kombinationstherapie auf Artemisinin-Basis. Sie verwendeten das als Prophylaxe gegen Covid. Wir haben davor gewarnt, denn das führt zu Resistenzen gegen diese Medikamente.

Wie haben Sie auf diese Herausforderungen reagiert?

Wir haben verstärkt Massenmedien genutzt, und wir haben festgestellt, dass das sehr effektiv ist. Und wir haben uns auch viel mehr auf ehrenamtliche Helfer verlassen, die jetzt mehr Aufklärungsarbeit leisten, denn sie gehen in die Häuser und klären die Mütter über einige der Dinge auf, die wir tun. Covid hat uns aber auch den Umgang mit IT beigebracht. Wir mussten eine WhatsApp-Plattform einrichten und es gab eine Menge effektiver Kommunikation. Fragen wurden auf der Plattform gestellt, die wir beantworteten und all das, und es war effektiv, ziemlich effektiv.

Artikel aus dem Pharma-Brief 7-8/2022, S.5
Bild © USAID Africa Bureau

[1] ACT: Artemisinin-based combination therapy


Die sechs wichtigsten Arzneimittelzulassungsbehörden der Welt[1] finanzieren sich zu großen Teilen direkt durch Pharmafirmen. Da sich viele Länder an ihren Entscheidungen orientieren, ist dieser kommerzielle Einfluss ein weltumspannendes Problem.

Die Investigativjournalistin Maryanne Demasi hat für die britische Medizinfachzeitschrift BMJ die Behörden unter die Lupe genommen.[2] Trauriger Spitzenreiter ist die australische TGA, deren Budget zu 96% aus Pharmageldern stammt, gefolgt von der EU-Behörde EMA mit 89%, Schlusslicht ist Health Canada mit 50,5%. Das Geld verschafft Einfluss, denn die Behörden fungieren zunehmend auch als Berater der Firmen für die Planung von Arzneimittelstudien. Auch die Stellen der KontrolleurInnen hängen letztlich vom Verhalten einer Behörde ab: Je strenger sie urteilt, umso weniger Zulassungsanträge werden eingereicht und umso geringer sind die Gebühreneinnahmen.

Der Industrieeinfluss war nicht immer so stark. 1995 machten bei der EMA Gebühreneinnahmen von der Industrie gerade einmal 20% der Einnahmen aus. Bis 1992 finanzierte sich die US-Behörde FDA vollständig aus Steuermitteln. Danach wurden per Gesetz Gebühren für die Industrie eingeführt, 2021 machten sie 65% der FDA-Einnahmen aus. Im Gegenzug wurden der Industrie schnellere und einfachere Zulassungen versprochen. Seither wurden die Standards in den USA mehrfach weiter abgesenkt:[3] So wurde 1997 die Verpflichtung aufgehoben, dass für jedes neue Medikament mindestens zwei klinische Studien durchgeführt werden müssen, die beide eine Wirksamkeit belegen. 2012 wurde die Nutzung von Surrogat-Endpunkten (statt direkt patientenrelevanter Ergebnisse) weiter erleichtert.

Es gibt einen wachsenden Anteil von beschleunigten Zulassungen, bei denen die Hürden erheblich geringer sind. Bei der FDA machen sie inzwischen 68% aller neuen Arzneimittel aus, die EMA folgt mit 50%, in Kanada sind es dagegen nur 16%. Mag es in Ausnahmefällen mangels Behandlungsalternativen akzeptabel sein, Medikamente mit dünner Evidenz frühzeitig zuzulassen, ist es dennoch bedenklich, dass solche Verfahren zur Regel werden. Sie setzen PatientInnen einem höheren Risiko bei ungesichertem Nutzen aus. Erschwerend kommt hinzu, dass mit der vorzeitigen Zulassung verbundene Auflagen für bestätigende Studien oft nicht eingehalten oder verspätet umgesetzt werden.

Maryanne Demasi verweist darauf, dass beschleunigt zugelassene Medikamente überdurchschnittlich häufig wieder vom Markt genommen werden müssen. Im Pharma-Brief haben wir wiederholt über fragwürdige Zulassungsentscheidungen und Rückzüge von Arzneimitteln wegen zu hohen Schadenspotenzials berichtet.

Mit welchen Daten?

Nur zwei der sechs Behörden (Japan, USA) verlangen von den Herstellern routinemäßig die individuellen PatientInnendaten, obwohl nur mit diesen eigene Auswertungen der Studienergebnisse möglich sind. Die US-FDA macht das auch regelmäßig. Allerdings hat die FDA mit 5,8 Mrd. € mit Abstand den größten Etat. Die europäische EMA muss dagegen mit 386 Mio. € auskommen.

Besonders schwer haben es die Firmen bei der Zulassung nicht. Die Rate der positiven Entscheide liegt zwischen 83% (Kanada) und 98,5% (Vereinigtes Königreich). Ausnahme sind die USA: bei Biologika beträgt die Erfolgsquote 29% und für alle anderen Medikamente 69%. Ob das mit einer strengeren Prüfung oder mit der Tatsache zusammenhängt, dass Hersteller oft zuerst in den USA einen Zulassungsantrag stellen (und es bei einem Misserfolg dann andernorts gar nicht mehr versuchen), bleibt unklar.

Interessenkonflikte

Nicht alle Behörden machen Interessenkonflikte transparent. Eine wichtige Rolle spielen in diesem Zusammenhang auch externe ExpertInnen, die bei schwierigen Entscheidungen oft das Zünglein an der Waage sind. Demasi hat das beispielhaft bei den zu Covid-19-Impfstoffen konsultierten Fachleuten analysiert. Hier schnitt Japan mit einer Rate von 75% der Beteiligten mit Konflikten besonders schlecht ab, es folgt Australien mit 50%. Dagegen waren es in Kanada 0%, bei der EMA 3%.

Drehtür

Auch der Rollenwechsel zwischen Kontrolle und Kontrollierten ist bedenklich. EMA-Direktor Thomas Lönngren gründete zum Ende seiner Amtszeit 2010 direkt eine Beratungsfirma und ließ die Industrie an seinem Insiderwissen teilhaben.[4],[5] Die gegenwärtige EMA-Direktorin Emer Cooke war 1992-1998 beim Europäischen Pharmaverband Efpia für Regulierung – also für die EMA – zuständig.[6]

Noch deutlicher ist der Drehtüreffekt bei der FDA: Zwischen 2006 und 2019 nahmen neun von zehn der ChefInnen nach Ende ihrer Amtszeit Jobs der Pharmaindustrie an. Aber auch ein Viertel der KontrolleurInnen der FDA, die Krebsmedikamente beurteilten und die Behörde verließen, berieten im Anschluss die Industrie oder wurden von Medikamentenfirmen eingestellt.

KritikerInnen fordern Maßnahmen, um das Vertrauen in die Kontrolle wieder herzustellen: Bei ExpertInnen-Komitees müssten alle Interessenkonflikte detailliert mit Angabe der gezahlten Summen offengelegt und vor allem begründet werden, warum niemand ohne Konflikte gefunden wurde. Das Verfahren der beschleunigten Zulassung müsste grundsätzlich überdacht werden: Welche Surrogat-Endpunkte sind hinreichend zuverlässig, um einen Nutzen für PatientInnen wahrscheinlich zu machen? Und sind bestätigende Studien bereits begonnen worden? Bei negativem Ausgang müssten die Mittel dann auch zügig wieder vom Markt verschwinden.  (JS)

Artikel aus dem Pharma-Brief 7-8/2022, S.4
Bild © Frank Vicentz

[1] TGA (Australien), EMA (EU), MHRA (Vereinigtes Königreich), PMDA (Japan), FDA (USA), Health Canada (Kanada)

[2] Demasi M (2022) From FDA to MHRA: are drug regulators for hire? BMJ; 377, p o1538

[3] Mitchell AP et al. (2022) The Prescription Drug User Fee Act. Med Care; 60, p 287

[4] Pharma-Brief (2011) Fliegender Seitenwechsel. Nr. 2-3, S. 5

[5] Pharma-Brief (2011) EMA reagiert. Nr. 4, S. 8

[6] EMA (2022) Executive director www.ema.europa.eu/en/about-us/who-we-are/executive-director  [Zugriff 6.9.2022]


Im Mai 2020 hatte Kanzlerin Merkel die (zu entwickelnde) Corona-Impfung noch als globales öffentliches Gut bezeichnet, das allen auf der Welt zur Verfügung stehen müsse. Doch diese Aussage blieb ein leeres Versprechen. Kaum waren die Impfstoffe auf dem Markt, war davon nicht mehr die Rede. Abgeordnetenwatch hat mittels des Informationsfreiheitsgesetzes Unterlagen aus Ministerien und Kanzlerinnenamt erstritten, die auf den Sinneswandel ein neues Licht werfen.[1] Sie zeigen: Spätestens seit dem Vorstoß von Indien und Südafrika für einen Patent-Waiver bei der WTO vom Oktober 2020 reagierte Big Pharma mit massiver Lobbyarbeit.

Im Februar 2021 schrieb Pfizer an den damaligen Wirtschaftsminister Altmaier, dass geistiges Eigentum „ein entscheidender Bestandteil für das Entstehen von Innovationen“ sei. Im Mai wandte sich der Verband forschender Arzneimittelhersteller (Vfa) an Kanzlerin Merkel und Justizministerin Christine Lambrecht. Die MinisterInnen positionierten sich anschließend öffentlich gegen den Waiver.

Am 6. Mai 2021 telefonierten Angela Merkel und Biontech-Gründer Uğur Şahin. Noch am selben Nachmittag erhielt die Kanzlerin eine E-Mail von dem Pharma-Chef aus Mainz. „Liebe Frau Merkel”, schreibt Şahin, „haben Sie herzlichen Dank für Ihre Unterstützung. Anbei der Text, den wir derzeit in unserer Kommunikation verwenden, mit den Argumenten, warum eine Freigabe von Patenten nicht sinnvoll ist.“ Am 24. Juni 2021 konstatierte Merkel im Bundestag: „Eine politisch erwirkte Freigabe der Patente halte ich für den falschen Weg.“ Stattdessen führt sie klassische Argumente der Pharmalobby an. Die künftige Entwicklung von Impfstoffen sei nur dann gewährleistet, „wenn der Schutz des geistigen Eigentums nicht außer Kraft gesetzt wird.“

Vor der im November 2021 geplanten Konferenz der WTO über eine Patentfreigabe (die dann wegen Corona in den Juni 2022 verschoben wurde), flutete die Industrie die Bundesregierung geradezu mit dringlichen Bitten, wie Abgeordnetenwatch herausfand.

Insofern hat die 180-Grad-Wende von Wirtschaftsminister Habeck, der in der Opposition noch im Juni 2021 einen Patent-Waiver befürwortete,[2] durchaus Vorläufer. Habeck hatte an seinem ersten Amtstag (8.12.2021) ein Gespräch mit „der obersten Leitungsebene“ von Biontech geführt. Über den Inhalt gäbe es keine Aufzeichnungen oder Notizen, ließ das Ministerium Abgeordnetenwatch wissen.  (JS)

Artikel aus dem Pharma-Brief 7-8/2022, S.3
Bild © David Benbennick

[1] Röttger T (2022) Impfpatente: Wie die Pharmalobby die Bundesregierung auf Linie brachte. Abgeordnetenwatch 2. Sept. www.abgeordnetenwatch.de/recherchen/lobbyismus/impfpatente-wie-die-pharmalobby-die-bundesregierung-auf-linie-brachte  [Zugriff 5.9.2022]

[2] Pharma-Brief (2022) Zähes Ringen um Impfstoff-Patente. Nr. 2, S. 4


The impact of Covid-19 on health care in Peru, Ghana, South Africa and North Rhine-Westphalia, Germany

The Corona pandemic ignited a global health crisis. It caused care systems to collapse or brought them to the brink of their breaking point. Worldwide, this had a massive negative impact on patient care and also on the goal of universal access to good health care. Even in affl uent countries, surgeries were postponed, consultations cancelled and counselling services reduced in order to avoid infection and treat the many Covid-19 patients. The situation was far more serious in many poor countries: According to the World Health Organisation, the majority of basic health care services were at least partially impaired. Routine vaccinations, diagnosis and treatment of non-communicable diseases or family planning and contraception were particularly badly affected. Also severely affected was the control of tuberculosis, HIV and malaria. Together with partner organisations in Peru, South Africa and Ghana, we investigated the situation in various countries, analysed existing data material and conducted more than 30 interviews as well as a survey in NRW. This Pharma-Brief Special presents the results. And it is also a plea to learn from this crisis, to strengthen public health systems in the South and North and to better equip them against future crises. 

Download Brochure [PDF/3,7MB]

 


Justizministerium hört Meinungen zum Patent-Waiver für Covid-19 Produkte

Im Herbst wird die Welthandelsorganisation (WTO) über eine Ausweitung von Ausnahmen für den Patentschutz auf Covid-19 Diagnostika und Medikamente diskutieren. Die Industrie ist strikt dagegen, stehen doch hohe Gewinne auf dem Spiel.


Hier finden Sie eine separate Auflistung des Pharma-Brief Spezial. Dies sind Sonderausgaben, die sich auf unterschiedliche Themenschwerpunkte konzentrieren.

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Unsere Fachzeitschrift Pharma-Brief erscheint acht Mal pro Jahr und bietet gut recherchierte Beiträge rund um das Thema globale Gesundheit. Sie informiert über Zugangsprobleme bei Medikamenten, Arzneimittelrisiken und Nutzenbewertung, mangelnde Transparenz des Arzneimittelmarktes, vernachlässigte Krankheiten, illegale Pharmageschäfte, internationale Gesundheitspolitik und auch über Projekte der BUKO Pharma-Kampagne. Zweimal jährlich erscheint außerdem eine Doppelausgabe mit dem Pharma-Brief Spezial als Beilage. Die Broschüren beleuchten jeweils ein Schwerpunktthema.
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